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BOLLA, Albert |
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1.
BOLLA, Albert (Albert Georg)
Bollo; Bulla
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2.
BERUFSBEZEICHNUNG
Stuckateur
(Saur, Bd.12, S. 386) |
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3. BIOGRAPHIE
* 1720, Wien (?)
16. 09. 1774 ebd.
Alberto Bolla wurde vermutlich in Wien geboren. Das genaue Geburtsdatum
ist leider nicht bekannt.
Alberto ging vermutlich bei seinem Vater
Giovanni Michele (Johann Michael) in die Lehre, welcher in Wien
eine gutgehende Stuckateurwerkstatt führte. Am 02.01.1739
ließ sich Alberto - sein Vater war inzwischen zum Hofstuckateur
avanciert - in
die Kunstakademie einschreiben.
Anlässlich
des Ablebens eines seiner Kinder, wird Alberto am 31.12.1744
erstmals als Stuckateur erwähnt. Im Jahr 1748
war er Meister
und erwarb 1751 das Bürgerrecht von Wien. Im Jahr 1757 zählte
er zu den höchstbesteuerten Stuckateuren
der Stadt. Den Höhepunkt
seiner Karriere erreichte er in den Jahren 1760 bis 1769. 1770
zeigt sich bereits ein jäher Sturz
in der Steuerkurve. Nach
1772 verarmte sein Betrieb zunehmend und er hinterließ bei
seinem Tod ein armseliges Erbe. Ein Vermerk im Steuerbuch über
die Witwe lautet "arm" (Quellenangabe bei Sailer, S.
71). Seine beiden Söhne waren zum Zeitpunkt seines Todes Stuckateurgesellen
und seine Tochter war mit dem Stuckateurmeister Anton Nigeli verheiratet,
der
auch die Vormundschaft für den noch minderjährigen
Sohn Ignaz übernahm. Alberto war in verschiedenen kaiserlichen
Schlössern tätig.
Als sein Hauptwerk gelten die beiden
Stuckdecken der Kleinen und Großen Galerie in Schönbrunn.
Er ist der letzte
bedeutende Stuckateur des Rokoko in Wien. |
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4. FAMILIEN-,
FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS
Die Familie
Bolla war eine österreichische Stuckateurfamilie italienischer
Herkunft und kann bis 1802 in Wien nachgewiesen werden. Der erste
uns bekannte Vertreter dieser Familie ist Bernardo, der bis 1597
in Hartberg/Steiermark am Festungsbau
tätig war. Abundio
(Abondio, Abund) Bolla, ein ital. Steinmetz aus Judenburg/Steiermark,
arbeitete zwischen 1629 und 1643
für die Familie Batthyany in
Burgenland. Es ist anzunehmen, dass er ein Verwandter von
Giovanni Michele Bolla war (M.G. Agghazy). 1641 bis 1644 wird
Abundio in Hartberg nachgewiesen. 1644 wurde er zusammen mit seinem
Bruder Giacomo,
der um 1638 als Steinmetz in Judenburg gearbeitet
hatte, nach Mariazell/Steiermark berufen. 1646 bis 1667 scheint
der Name Bolla in den Rechnungsbüchern der Benediktinerabtei
von St. Lambrecht /Steiermark auf.
Der Name Bolla - in erster
Linie Giacomo Bolla - erscheint auch in Salzburg und Kärnten.
Der Steinmetz Jakob Bolla, der
1662 bis 1707 ebenso in St. Lambrecht
tätig war, dürfte laut Sauer Giacomos Sohn oder ein
Verwandter sein. Ein weiterer Jakob Bolla (Wolla) ist bereits
1596 im Grazer Maurerbuch genannt. Antonio Bolla, ein ital. Stuckateur
aus Laino in
Val d`Intelvi, kann in Petersburg und Moskau nachgewiesen
werden. Bei Thieme-Becker ist ein Marco della Bolla, Steinmetz
und Baumeister aus Como (?), angegeben. Er wird ab 1552 in Innsbruck
erwähnt.
Rein hypothetisch könnte hierin die Verbindung
zu den in der Steiermark erwähnten Bernardo hergestellt werden.
Die Maurer und Stuckatuere ital. Herkunft befanden sich in einem
oder anderem Maurertrupp und ließen sich oft auch dauernd
nieder. Angehörige einer Truppe brachten häufig Künstler
ihres Heimatortes/Region ins Ausland. Giovanni Michele Bolla,
1682 in
Laino in Val d`Intelvi geboren, könnte durch die
Vermittlung Angehöriger nach Wien gekommen sein: 1714 heiratete
er in Wien und erwarb 1717 das Meister- und Bürgerrecht der
Stadt. Ab 1739 wird Giovanni Michele Bolla in den Akten als Hofstuckateur
geführt. Am 27.01.1759 (lt. Sailer: 24.01; lt. Gugitz:
26.01) starb er in Wien und hinterließ fünf Kinder,
von denen Albert und Josef Ignaz Stuckateure waren. "Der
dritte Sohn Abundius war angeblich schwachsinnig" (Sailer,
S. 72). Die beiden Töchter Maria Anna und Elisabeth waren
verheiratet und seine verstorbenen Tochter Franziska, hatte drei
minderjährige Kinder hinterlassen.
Josef Ignaz war 1758 Meister
und im selben Jahr Bürger von Wien. In den Jahren 1761 bis
1769 zählte er nach seinem Bruder Alberto zu den höchstbesteuerten
Stuckateuren von Wien. Seine Aufträge gingen jedoch mehr
und mehr zurück und nach Albertos Tod, blieb Josef Ignaz
nahezu beschäftigungslos. 1783 wird er letztmalig erwähnt.
Hinsichtlich der Familie sowie der Auftraggeber erfahren wir
bei Alberto nur sehr wenig.
Seine beiden Söhne studierten
an der Akademie der bildenden Künste in Wien, jedoch gab
sein ältester Sohn Johann Baptist nach 1774 - dem Todesjahr
seine Vaters - den Stuckateurberuf auf und widmete sich der Altphilologie
und Lyrik. Er erhielt ab 1782 die Proffessur für griechische
Sprache an der Universität Wien. Albertos jüngerer Sohn
Ignaz wird letztmalig im Rahmen der Hinterlassenschaft erwähnt. |
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5.
WERKE
(WIEN)
5.1 Gardekirche,
ehem. Kaiserspitalkirche, Wien III., 1755 bis 1763
Bei Saur ist
die Zusammenarbeit mit seinem Vater Giovanni Michele in der Gardekirche
erwähnt. R. Oettinger verweist auf
die Ähnlichkeit der
Stuckdekoration mit den gegen 1760 entstandenen Decken der Großen
Galerie in Schönbrunn und im einstigen Palais Paar (Oettinger,
S. 127).
5.2 Schönbrunn, Stuckdekoration in der Kleinen und Großen
Galerie, Wien XIII., 1761
Die
Stuckdekoration dieser beiden Repräsentationssäle wurde
1761 abgeschlossen und gelten als Hauptwerk von Alberto
Bolla.
Die Stuckzierden der großen Galerie im Schloss Schönbrunn
tragen die Aufschrift "Albert.Bolla fecit. Anno 1761".
In die gleiche Zeit fällt der prächtige Rocaille-Dekor,
ähnlich der Großen Galerie, im Zeremoniensaal, der
ebenso Alberto zugeschrieben wird.
5.3 Zahlreiche
Stuckaturarbeiten für Schönbrunn und andere Schlösser,
um 1770
In den 70er
Jahren wurden in Schönbrunn und anderen kaiserlichen Schlössern
zahlreiche Reparaturen vorgenommen. Auskünfte darüber
geben die Protokolle der K.K. Hofkommission: Aus dem Sitzungsprotokoll
vom 29.02.1772 erfahren wir,
dass der Hofstuckateur Alberto
Bolla und der Stuckateur Martin Keller Vorschläge zu Abänderung
der Oratorien geliefert
hatten (ÖKT II, S.109).
1772 fertigte Alberto die prächtigen Gemälderahmen im
Vieux-Laque-Zimmer, das 1767 bis 1770 vermutlich nach einem
Entwurf
von I. Canevale neugestaltet worden war. Im selben Jahr wird Alberto
mit Ergänzungsarbeiten des nach einem
Entwurf von J. Pillement
gestalteten Porzellanzimmers beauftragt. Lamperien, Deckenstuck
und vermutlich auch die Portraitmedaillons sind von seiner Hand.
5.4 Alberto
wird auch als Autor des plastischen Schmucks im Festsaal der alten
Universität in Wien genannt (Saur). |
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6. ABBILDUNGEN
(WIEN)
6.2
Schönbrunn: Ausschnitt aus der Kleinen Galerie. Springende
Wandstücke im prächtigen Rokokodekor gliedern und unterteilen
den Raum.
6.2.a
Schönbrunn: Detail aus der Großen Galerie.
Tropaeum über korinthischer Pilasterordnung und Gesimsvon
einer Längswand. Die Stuckatur dieses Raumes
bezeichnet an anderer Stelle "Albert Bolla fecit anno 1761".
Bildnachweis: Windisch-Graetz, F., Gold, Stuck und edle Hölzer,
zur Dekoration der Innenräume in Schönbrunn, in: Alte
und Moderne Kunst (3) 1958, H. 5, S. 7 |
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7.
BIBLIOGRAPHIE
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Arte lombarda 10, 1965
DBI, Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 11, Rom 1969
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Wien 1982
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II. bis IX. und XX. Bezirk, Wien 1993
Hajos, Geza, Schönbrunn, Wien-Hamburg 1976
Haydecki, A., in: Quellen zur Geschichte der Stadt Wien, 1. Abt.,
VI., Reg. 13992
Oettinger, Ricarda, Gardekirche Kloster der Resurrektionisten
zu Ehren des gekreuzigten Heilands, Rennweg 5 a,
in: Hajos Geza
(Hg.): Die Kunstdenkmäler Wiens. Die Kirchen des III. Bezirks,
Wien 1974
ÖKT II, Österreichische Kunsttopographie, Wien 1908
Preimesberger, R., in: Art e artisti dei laghi lombardi, Como
II, 1964
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Riesenhuber, M., Die kirchliche Barockkunst in Österreich,
Linz 1924
Sailer, Leopold, Die Künstler Wiens, Die Stukkateure, Wien-München-Brünn
1943
Saur, Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 12, München-Leipzig
1996
Tietze, Hans, Wien, Leipzig 1918
Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler,
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Wagner-Rieger, Renato, Das Haus der Österr. Akad. Der Wiss.,
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Windisch-Graetz, F., Gold, Stuck und edle Hölzer, zur Dekoration
der Innenräume in Schönbrunn,
in : Alte und Moderne
Kunst (3) 1958, H. 5 |
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©Marianne
Faustmann, Mai 2002 |
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