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BOSCHO, Domenico

 

1. BOSCHO, Domenico (Domenicus, Johannes Domenicus)
Bosco, Poscho, Poschuo, Wotschkä (Saur 1996, 173)

2. BERUFSBEZEICHNUNG

Stuckateur

3. BIOGRAPHIE

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Domenico Boscho war italienischer Herkunft, keine Angaben zu Geburtsort und -daten. Verstorben am 13.09.1721 in Graz. Der in der Steiermark vielbeschäftigte Meister hat vermutlich immer seinen Wohnsitz in Graz gehabt.

Er war 1695 Geselle des Grazer Stuckateurs Anton Therugy und führte zusammen mit den Gesellen Anton Berloscho und Peter Zaar einen Prozess gegen seinen Meister wegen schuldigen Arbeitslohns, scheint aber schon selbständig gearbeitet zu haben, da die Stuckdecke im Nordost-Zimmer des Schlosses Hainfeld signiert und mit 16. Juli 1693 datiert ist (vgl. SAUR 1996, 173.).

 

4. FAMILIEN-, FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS

1699 Taufe der Tochter von Domenico Boscho - Eva Maria Spuria - in Graz.

Vermutungen über einen Zusammenhang Domenico Boscho’s mit der mailänd. Familie Boscogo bzw. mit der italienischen Stuckateur-Familie Bossi oder eine Identität mit dem 1670 in Osnabrück tätigen Domenico Bosso sind nicht beweisbar und unglaubhaft (vgl. SAUR 1996, 173.) (vgl. THIEME-BECKER 1910, 393, 404.).

Domenico Boscho’s Auftraggeber im Stift Neuberg an der Mürz war Abt Martin Prunmayr (vgl. FINK 1967, 13.), Supraporten-Stuckdekor im Dormitorium um 1705 (vgl. SAUR 1996, 173.).

Er führte unter Ignaz Maria Graf Attems (gestorben 1732) im Palais Attems ab 1706 Deckenstuckaturen aus. Seine Mitarbeiter waren Carlo Francesco Casagrande und Peter Zaar (vgl. Dehio Graz 1979, 96.).

Domenico Boscho arbeitet zusammen mit Carlo F. Carlone an den Chorwand-Stukkaturen in der Wallfahrtskirche Mariazell, in Graz, Admonterhof und Palais Attems, und im Minoritenkloster Mariahilf.

1721 arbeitete er zusammen mit Carlo Formentini die Stuckaturen für St. Peter-Freienstein bei Trofaiach (nicht erhalten) (vgl. SAUR 1996, 173.).

 

5. WERKE

(STEIERMARK)

5.1 Graz, Sporgasse 2/Hauptplatz 11, Luegghaus
Fassadenstuck vermutlich von Domenico Boscho um 1680/90 (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 181., vgl. CELEDIN-RESCH, Wien/Köln/Weimar 2003, 118.). Saur schreibt, dass diese Stuckarbeiten in der Art des Domenico Boscho (Werkstatt ?) ausgeführt wurden (vgl. SAUR 1996, 173.).

Dieses Haus zählt mit seinen Stuckdekorationen zu den bedeutendsten Bürgerhäusern der Altstadt. Derartige Stuckfassaden sind in Graz einzigartig (vgl. CELEDIN-RESCH, Wien/Köln/Weimar 2003, 118.). Diese Stuckdekoration mit naturalistischen, vegetabilen Formen weist auf oberitalienische Provenienz und ist als solitäres Beispiel dieser Art in der Steiermark erhalten. Obergeschoße ohne strukturelle Gliederung mit rein dekorativen Stuckverzierungen. Akanthusartiges Blattwerk, bereichert durch Muscheldekor und Blütengehänge, verdichtet sich vor allem um die zweiten Obergeschoßfenster, dazwischen bilden sich Kartuschenfelder. Die Wandfläche zwischen den Fensterachsen zeigt einen jeweils ähnlichen Aufbau; zwischen den ersten Obergeschoßfenstern Frucht-Gemüsegehänge, die darüberliegenden Kartuschenfelder tragen Vasenaufbauten, wobei in den breiteren Achsen (an der Platzseite sowie im rückspringenden Sporgassenteil) zu beiden Seiten Schlangen, die Bukettschleifen halten. Zwischen den dritten Obergeschoßfenstern langgestreckte Frucht-Blütengirlanden. In Sohlbankhöhe der zweiten Obergeschoßfenster erscheinen in den oberen Kartuschenrahmungen originell variierte Nasen mit Mündern, die mit der umrahmenden Stuckzier maskaronartige Formen erkennen lassen (Vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 181).

5.2 Graz, Herrengasse 23, Geschäftslokal
Zwischen dem Kirchenbau und der Hauptdurchfahrt die ehemals stichkappengewölbte Annakapelle, um 1600 errichtet, um 1690/93 mit breitlappigem Akanthusstuck am Gewölbe versehen, vermutlich von Domenico Boscho. Seit 1828 Geschäftslokal (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 249.).

5.3 Hainfeld bei Feldbach, Schloss
Reicher Akanthusstuck (vgl. Dehio Steiermark ohne Graz 1982, 159.) im Nordwest- und Nordostzimmer, bezeichnet (vgl. SAUR 1996, 173.), datiert 1693 (vgl. LIST 1967, 50.). Die Bezeichnung lautet „Domenico Bosco a fato 16. Julio 1693“ (vgl. Dehio Steiermark, 134.), „Domenico Bosco a fato A. D. 16. Luglio 1693“ (vgl. KRENN 1981, 151.).

5.4 Graz, Bürgergasse 2, Jesuitenkolleg
Die Akanthus-Deckenstuckaturen in einem kleinen Saalraum (ehemalige Hl. Geist-Kapelle, seit 1963 Vortragssaal), Ende 17. Jh., und der reiche Akanthus-Stuck in den Fensternischen des Refektoriums werden Domenico Boscho zugeschrieben (vgl. Dehio Graz 1979 62f.). Das zweite Obergeschoß besitzt im Südtrakt einen flachgedeckten Saal, den „Barocksaal“, mit Stuckdecke, die durch drei große Mittelspiegel gegliedert wird. Die umgebende Stuckatur mit großflächigem Akanthus, naturalistischen Fruchtgehängen und Muscheln lässt kleinere Rundspiegel frei. 1692/94, vermutlich auch von Domenico Boscho (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 73).

5.5 Vorau, Augustiner Chorherrenstift, Stiftskirche
Stuckaturen in der West-Kapelle und in der Kreuz-Kapelle im Südturm, bezeichnet Domenico Boscho, datiert 19.7.1700 (vgl. SAUR 1996, 173.). Diese Stuckaturen weisen die für diese ‚Grazer Italiener’ charakteristischen enggedrängten Puttenleiber und polychromierten Akanthusranken auf (vgl. LIST 1967, 50f.). Der Stuckdekor lässt kleinere Malfelder frei. Es sind dies die Fragmente einer begonnenen Stuckierung der Kirche, die vom kaiserlichen Kammerkünstler Matthias Steinl im Auftrag des Probstes Leisl (1691-1717) gestoppt und durch die moderne Freskierung ersetzt wurde (vgl. KRENN 1981, 61, 300.).

5.6 Mariazell, Wallfahrtskirche
Chorwand-Stuckaturen, 1703, zusammen mit Carlo Francesco Casagrande (vgl. SAUR 1996, 173.).

5.7 Graz, Kalvarienbergkirche
Deckenstuckaturen in Laub- und beginnenden Bandlwerkformen (vgl. Dehio Graz 1979, 153.), bezeichnet Bosco (vgl. Dehio Steiermark 1956, 80.), datiert 1704 (Signiert hinter der Orgel an unzugänglicher Stelle) (vgl. SAUR 1996, 173.). Diese Arbeit zählt zu den besten Leistungen dieses Kunstzweiges in der Steiermark. Es ist das früheste steirische Beispiel, bei dem das lineare Gespinst der Akanthusstile gegenüber den nur mehr in ihren Enden plastisch hervortretenden Blättern dominiert. Putten und Blätter wirken wie in die Wand versenkt – Ausgangspunkt für den nachfolgenden Bandlwerkstil (vgl. SCHMIDT 1974, 229.).

5.8 Neuberg an der Mürz, Stift, Dormitorium
Plastischer Supraporten-Stuckdekor im Dormitorium, 1705, urkundlich belegt (vgl. SAUR 1996, 173.), um 1706 (vgl. LIST 1967, 51.), Auftraggeber war Abt Martin Prunmayr (vgl. FINK 1967, 13.).

5.9 Graz, Sackstr. 17, Palais Attems
Reich gegliedertes Stiegenhaus mit Stuckierungen von Domenico Boscho und Deckenfresken von Carl Remp (vgl. CELEDIN-RESCH, Wien/Köln/Weimar 2003, 129.). Die Stuckierung des Treppenhausgewölbes stammt von Domenico Boscho unter Mitarbeit von Carlo Casagrande und Peter Zaar, sie erfolgte ab dem Jahre 1706. Das Gewölbe des Treppenhauses bis zur Kämpferzone der Gurtbögen mit zartem, kleinteiligem, stuckiertem Laubwerk, Imperatoren- und Puttiköpfen sowie Akanthusblättern versehen. Das helle Stuckdekor auf rosa Untergrund erfährt eine punkthafte Zergliederung, durch plastische Betonungen werden Akzente gesetzt, klar begrenzte Leerflächen verstärken den Eindruck der Weiträumigkeit (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 506.).

An der Südwand des Treppenhauses im Osttrakt, in der Höhe der beiden letzten Geschoße Stuckrelief (vgl. Dehio Graz 1976, 97.) „Mars und Minerva“ appliziert. Es ist mit „Domenico Boscho Stuckator fecit a di 22 Magio 1706“ bezeichnet. Darunter Stucktondi mit Imperatorenköpfen sowie Putti, die Fruchtgirlanden tragen (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 507.).

Die Repräsentationsräume der beiden Obergeschosse sind durchgehend mit Deckenstuckaturen im Übergang von Akanthus- und Laubwerk zum Bandlwerk ausgestattet. Der Entwurf stammt von Domenico Boscho, die Ausführung erfolgte ebenfalls von ihm ab 1706 unter Mitarbeit von Carlo Francesco Casagrande und Peter Zaar. Die vegetatiblen figürlichen und rein ornamentalischen Elemente des Stucks entsprechen der letzten Entwicklungsphase Boschos. Das Verhältnis der Dekoration zur Fläche hat sich prinzipiell nicht geändert, einige Motive haben allerdings eine Weiterentwicklung erfahren. Es kommen oft weich verfließende, flächige, kartuschenähnliche Umrahmungen mit wellenförmigen, schraffierenden Rillen und meist färbig betonten Einrollungen der Ränder vor. Häufige Elemente sind die quergerippte Muschel, formreduzierte Voluten und farbig betonte Bänder. Vom durchwegs getönten Hintergrund heben sich die weißen oder elfenbeinfarbigen Stuckaturen ab. Kräftige Akzente werden durch die farbige Behandlung bzw. durch die Kupfer-, Gold- oder Silberauflagen und einige plastische Details (Putten, Vögel, Rosetten) gesetzt (vgl. Österreichische Kunsttopografie 1997, 508.).

5.10 Graz, Badgasse 5, Admonterhof
Stuckaturen im Carlonetrakt, 1706, hierbei zusammengearbeitet mit Carlo Francesco Casagrande (vgl. SAUR 1996, 173.). Der bemerkenswerte Stuckplafond ist unterteilt in Laubwerkformen (vgl. Dehio Graz 1979, 58.) und übertüncht (vgl. Dehio Steiermark 1956, 89.). Das Gebäude wurde in ein Bürohaus umgebaut (vgl. CELEDIN-RESCH 2003, 130.).

5.11 Minoritenkloster Mariahilf
Mitarbeit an den Stuckaturen von Carlo Francesco Casagrande (vgl. SAUR 1996, 173.).

5.12 St. Peter-Freienstein, Wallfahrts-(Filial-)Kirche Maria Sieben Schmerzen
Decke mit Bandlwerkstuck, urkundlich datiert 1721 von Domenico Boscho und Carolus (Carl Friedrich) Formentini (vgl. Dehio Steiermark ohne Graz 1982, 483.), nicht mehr erhalten (vgl. SAUR 1996, 173.).

5.13 Stainz, ehemalige Stiftskirche
Die Stuckierung des Langhausgewölbes und des Chores der ehemaligen Stiftskirche wahrscheinlich von Domenico Boscho (vgl. SCHMIDT 1974, 229.)

Allgemeines zum Werk Domenico Boscho’s: In seinen qualitätvollen Arbeiten vollzieht sich (evtl. unter dem Einfluss Carlo F. Casagrande’s) der zeitentsprechende Stilwandel vom Hochbarock zum beginnenden Bandlwerk.

In der Art des Boscho Domenico (Werkstatt ?) wurden folgenden Stuckarbeiten ausgeführt:

Mariazell, Haus-Kapelle im „Geistlichen Haus“; Adriach, Filialkirche Hl. Georg, Aloysius-Kapelle; Graz: Dominikanergasse 1, Obergeschoss: Stuckplafond; Hans-Sachs-Gasse 14, ehemaliges Dominikanerkloster, jetzt Pfarrhof: St. Anna-Kapelle; Körblergasse 46/1. Stock: Stuckplafond, Ende 17. Jh.; Kalvarienberg, Dismas-Kapelle, Anfang 18. Jh. (vgl. SAUR 1996, 173.).

6. ABBILDUNGEN

(STEIERMARK)

6.1 Graz, Luegghaus, Sporgasse 2/Hauptplatz 11

6.1.1 Gesamtansicht
Bildnachweis: CELEDIN, Gertrude-RESCH Wiltraud, Kulturführer Graz, Kunst, Architektur, Wissenschaft und Literatur, Wien/Köln/Weimar 2003, Seite 27.

6.1.2 Detail Fassade
Bildnachweis: CELEDIN, Gertrude-RESCH Wiltraud, Kulturführer Graz, Kunst, Architektur, Wissenschaft und Literatur, Wien/Köln/Weimar 2003, Seite 24.

6.1.3 Detail Fassade
Bildnachweis: Österreichische Kunsttopografie, Band LIII, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des I. Bezirkes, Altstadt, Wien 1997, Seite 181.

6.2 Graz, Jesuitenkolleg, „Barocksaal“
Bildnachweis: Österreichische Kunsttopografie, Band LIII, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des I. Bezirkes, Altstadt, Wien 1997, Seite 73.

6.3 Vorau, Augustiner Chorherrenstift, Stiftskirche, Michaelaltar
Bildnachweis: Das Stift Vorau in Bildern.

6.4 Graz, Palais Attems

6.4.1 Treppenhaus, Südwand im zweiten Obergeschoß
Bildnachweis: Österreichische Kunsttopografie, Band LIII, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des I. Bezirkes, Altstadt, Wien 1997, Seite 507.

6.4.2 Hauptstiegenhaus
Bildnachweis: Österreichische Kunsttopografie, Band LIII, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des I. Bezirkes, Altstadt, Wien 1997, Seite 506.

7. BIBLIOGRAPHIE

BRUCHER, Günter, Die Barocke Deckenmalerei in der Steiermark, Versuch einer Entwicklungsgeschichte, Graz 1973, Seite 54.
CELEDIN, Gertrude-RESCH, Wiltraud, Kulturführer Graz, Kunst Architektur Wissenschaft Literatur, Wien/Köln/Weimar 2003, Seite 24, 27, 32, 118, 125, 129f.
D
as Stift Vorau in Bildern.
Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Österreich, Band I, Wien/Berlin 1938, Seite 239 und 356.
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Graz, Wien 1979, Seite 58, 62f, 96f, 153.
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Steiermark, Wien/München 1956, Seite 80, 89, 98, 134, 176, 301.
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Steiermark (ohne Graz), Wien 1979, Seite 159, 483, 537, 589.
FINK, Anton, Kurzer Führer durch Kirche und Stift Neuberg, Graz 1967, Seite 13.
HELD, Heinz, Kärnten und Steiermark, Vom Großglockner zum steirischen Weinland, Köln 1981, Seite 272ff und 348.
KRENN, Peter, Österreichische Kunstmonographie, Band XI, Die Oststeiermark, Salzburg 1981, Seite 59, 61, 151, 300.
LIST, Rudolf, Kunst und Künstler der Steiermark, Ein Nachschlagewerk, Ried im Innkreis 1967, Seite 50f.
RIESENHUBER, P. Martin, Die kirchliche Barockkunst in Österreich, Linz a. D. 1924, Seite 421.
SAUR, Allgemeines Künstler-Lexikon, Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, Band 13, Leipzig 1996, Seite 173.
SCHMIDT, Rudolf, Österreichisches Künstlerlexikon, Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Wien 1974, Seite 229.
Österreichische Kunsttopografie, Band LIII, Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des I. Bezirkes, Altstadt, Wien 1997, Seite 23, 25, 73, 181, 249, 506, 508.
THIEME-BECKER, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, Band IV, Leipzig 1910, Seite 393.

 
©Brigitte Ferdigg, November 2009

 

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