3. BIOGRAPHIE
* 1636, in Rovio/Mendrisiotto
† 23.7.1713, ebd.
Heirat mit Maria Maddalena Polata aus Melano.
Die spärlichen urkundlichen Hinweise auf Person und Tätigkeit lassen ihn bis heute als Künstler nur schwer fassen. Vorgeschlagen wurde, ihn mit dem in Turin und Rovio dokumentierten Giovanni, Sohn von Tommaso Carlone und
Maddalena Mazzetti, zu identifizieren, dessen Lebensdaten unbekannt sind und der bis zum Ende des Jh. in der Diözese Passau tätig war (siehe Guldan).
Wahrscheinlich ist seine Ausbildung in der Werksatt des Genueser Malers Giovanni Battista Carlone, von dem sich Zitate in Giovannis frühen Kompositionen finden.
Gesichert ist ein Aufenthalt 1660 in Turin, wo er im Palazzo Reale Friese zu vier Kaminen und 1663 sechs Gemälde im Antichambre ausführte. Im April 1967 unterschreibt er zusammen mit seinen Brüdern den Auftrag zum letzten, unvollendet hinterlassenen Werk seines Vaters.
1667 wird er Sottopriore der Compagnia di San Luca. Er verlor jedoch nachfolgend an Ansehen, wie die Überarbeitung seiner Fresken in der Cappella della Marchesa di Pancalieri 1675 durch Giovanni Battista Recchi beweist.
1676 wird er im Testament seiner Mutter, Maddalena Mazzetti genannt, die ihre Söhne mit der Ausmalung des Chorgewölbes der ab 1648 erb. Chiesa della Madonna in Rovio beauftragte. Vermutlich können diese 1699 vollendeten Malereien mit mariologischen Szenen dem gleichen Giovanni C. zugeschrieben werden, der ab 1675 mehrmals in Rovio erwähnt ist.
1682 und 1685 ist er im Tessin beschäftigt mit Fresken in Morcoto (signiert „Joannes Carlonus“) und in Gandria.
Danach beginnen sich die dokumentierten Nachrichten zu Giovanni C. in Rovio mit denen zur Tätigkeit des Johann C. in Oberösterreich und im östl. Bayern zu verflechten. Dorthin gelangte C. wahrscheinlich durch Vermittlung der Carlone aus
Scaria, die damals dort die Kunstszene beherrschten.
Sein erstes bedeutendes Werk jenseits der Alpen befindet sich im Kloster Schlierbach/OÖ und markiert zugleich den Höhepunkt seines Schaffens. Pietro Francesco Carlone aus Scaria baute die Kirche, nach seinem Tod 1680 übernahm sein Sohn Carlo Antonio die Bauleitung und dessen Bruder Giovanni Battista schuf den Stuck. Wohl über die Vermittlung der
Carlone aus Scaria schloss Giovanni 1685 schloss er hier den Kontrakt über die Ausgestaltung des Hauptaltar und zu einem genau definierten mariologischen Programm mit 75 Fresken ab. Sicher ist auch seine Urheberschaft für die Fresken im Bernardisaaal und in der Bibliothek des Konventsgebäudes.
1687 malt er Fresken in der Leopoldskirche in Wien (1945 zerstört).
Von seiner Tätigkeit im Bistum Passau muss er nochmals nach Rovio zurückgekehrt sein, wo er im April 1688 erwähnt ist.
Mit 1693 datiert ist der Kontrakt (zus. mit Jacopo Antonio Mazza) zum Deckenfresko Glorifizierung der Jungfrau (1936 verfälschende Restaurierung) in der Wallfahrtskirche Vilshofen/Niederbayern.
1694 realisiert er in Passau die Fresken der ehem. fürstbischöflichen Residenz, bes. allegorische Szenen an den Wänden
und an der Decke der Bibliothek (1983 freigelegt); anschließend ebenfalls für Fürstbischof Philipp von Lamberg Fresken im Hauptsaal der Sommerresidenz in Hacklberg bei Passau.
Ab ca. 1695 ist er sowohl in der Heimat als auch im Ausland dokumentiert. In diese Periode gehören vermutlich Saaldekorationen im damaligen Wohnsitz der Carlone (später Tacchella) in Rovio und 1695/96 Fresken für den Chor des zerstörten Oratoriums von S. Marta in Lugano; zwei Zahlungen von 1696 und 1700 betreffen kleinere Arbeiten, u.a. eine Prozessionsfahne.
Am 24.11.1695 schließt er den Vertrag zur Ausmalung der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt in Pfarrkirchen/Mühlkreis (OÖ)
ab, die er vermutlich im Sommer 1697 vollendet (Schlusszahlung Nov. 1697).
1698/99 unterzeichnet er Notarsurkunden in Rovio.
Letztes Werk sind die 1697 ausgeführten Kuppelfresken (zerstört) im Regensburger Dom.
1698 kehrt er vermutlich endgültig in die Heimat zurück: in Rovio kauft er am 28.2.1698 vom Maler Luca Antonio Colomba Grundbesitz in San Pietro bei Stabio. Dort wird er noch 1710 genannt. Ein Dokument von 1717 bezeichnet ihn irrtümlich als künftigen Ausführenden von Fresken (nicht erhalten) der Saaldecke des Landhauses in Linz. |
5.
WERKE (OBERÖSTERREICH)
Giovanni, ein typischer Vertreter der sog. „artisti dei laghi“, ist auf Fresko-, bes. auf Quadraturmalerei spezialisiert. Mit seinen Figuren in einer müden, illustrativ-volkstümlichen Sprache erweist er sich hingegen als typischer Vertreter der piemonteser
und lombardischen Malerei des späten Seicento. Sein Werk zeichnet sich durch eine flächige Malweise aus sowie durch ein beschränktes Repertoire an Motiven, des öfteren nach gleichen Vorlagen. Lt. Lackmann (1991) orientiert er sich an Paolo Veronese und venezianischen Manieristen, wie Zerlotti, Giovanni Battista Ponchino und den Carracci sowie am röm. Barock,
z.T. sehr direkt (eines der ovalen Deckenfresken der Stiftskirche Schlierbach mit der Glorifizierung der Weisheit kopiert den Triumph von Venedig des Veronese im Palazzo Ducale, Venedig; das andere das Bacchanal von Annibale Carracci im
Palazzo Farnese, Rom).
5.1 Nussbach: Gemälde (BH Kirchdorf)
Im Pfarrhof befindet sich das 1686 für den ehemaligen Seitenaltar in Schlierbach gemalte gemalte Bild Ungläubiger Thomas
und Hl. Katharina, Öl auf Leinwand, signiert und datiert.
5.2 Pfarrkirchen im Mühlkreis: Fresken im Gewölbe ( BH Rohrbach)
Am 24. November 1695 unterzeichnetet Carlone den Vertrag über die Ausführung eines komplizierten Freskenprogramms
mit Christus und Maria in der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt.
5.3 Schlierbach: Fresken in Kirche und Konvent (BH Kirchdorf)
Mit einem 1685 unterzeichneten Vertrag verpflichtete er sich, den Hauptaltar der Stiftskirche Mariae Himmelfahrt sowie 75 Fresken im Konvent (Bernardisaal und Bibliothek) nach einem genauen ikonographischen Programm (Szenen aus dem Marienleben) zu malen: im Osttrakt des Stiftshofs befindet sich der größte und schönste Raum, der Bernardisaal mit reicher Stuckierung. Giovannis Fresken verherrlichen im Deckenspiegel in allegorischen Darstellungen die Kunst. An den Längs-
wänden malte er zwischen den Fenstern illusionistische Ausblicke sowie an große Gemälde mit Themen aus der aus der
Welt- und Kirchengeschichte, darüber kleine ovale Blumenstilleben. |
6.
BIBLIOGRAPHIE
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