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Institut für Kunstgeschichte Innsbruck
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QUARENGHI, Giacomo

 

1. QUARENGHI, Giacomo (Cavaliere Giacomo, Dzakomo, Dzakomo Antonio Domeniko)
Querenghi, Kvarengi (WURZBACH, 1872 ; SAUR, 2000, 193; KLOPFER, 1911, 246)

 

2. BERUFSBEZEICHNUNG

Architekt, Zeichner, Designer (SAUR, 2000, 193)

 

3. BIOGRAPHIE

Giacomo Quarenghi wurde am 20. September 1744 in Valle Imagna bei Bergamo als Sohn eines Malers geboren.

Er beschäftigte sich bereits von Jugend an mit der Malerei, ging nach Rom und besuchte dort die Schule Raphael Mengs.
Nach dessen Abberufung nach Spanien, wo er für den Spanischen Hof tätig war, fand Quarenghi siebzehnjährig seinen neuen Lehrmeister in Stefano Pozzi (DREGER, 1918, 280). Er studierte Palladio und arbeitete bei Paolo Posi, Ant. Deriset und N. Giansimoni. Während einer Studienreise durch Italien fertigte er Skizzen und Aufnahmen antiker Bauten an ( 10 Reisetage-bücher befinden sich heute im Besitz der Nachkommen in Bergamo); (THIEME-BECKER, 1992, 499).

Über Vermittlung des Baron Grimm wurde Quarenghi von Kaiserin Katharina II. nach Petersburg berufen, deren bevorzugter Architekt er wurde. Als Hofarchitekt war er auch unter ihren Nachfolgern Paul I. und Alexander I. tätig. 1794 und 1810 besuchte er Bergamo (THIEME-BECKER, 1992, 500). Während seiner letzten Italienreise weilte er in Wien, wo er von Erzherzogin
Beatrix den Auftrag für die Entwürfe des Speisesaals und die Fassadengestaltung des damals im Bau befindlichen Palais Modenas in der Herrengasse erhielt (DREGER;1918; 287).

Er verstarb am 18.2.1817 in Petersburg (THIEME-BECKER, 1992, 499).

Zu seinen Hauptwerken in Russland zählen das Theater der Eremitage (1782/85) in St. Petersburg, der Palast des Fürsten Besbarodko in Moskau (1786/91), der Pavillon im englischen Garten im Petershof (1781/91), die Bank (1783/88) und die Handelsbörse in Petersburg (1784 begonnen), die Reitschule der kaiserlichen Garden zu Pferde (1800/04) und der Entwurf
der Erlöserkirche in Moskau.

In Schweden wurde der Palast von Scoonenberg und in München die königliche Reitschule nach seinen Entwürfen gebaut.

Giacomo Quarenghi selbst verfasste ein Verzeichnis mit eigenhändig in Kupfer gestochenen Abbildungen seiner Bauten, in
dem er die Werke in französischer Sprache beschrieb.

Ein weiteres Werk über die Bauten und Zeichnungen Quarenghis stammt von seinem Sohn, Cav. Giulio Quarenghi, 1821 bei P.A. Tosi in Mailand herausgegeben, mit dem Titel: Le fabriche e disegni del Cav. G. Quarenghi architetto di S.M.l'Imperatice
di tutte le Russie (NAGLER, 1909, 373).

 
4. FAMILIEN-, FREUNDES- UND AUFTRAGGEBERKREIS

Laut der Eintragung im Taufregister des Domes zu Trient vom 1.12.1642, wird Andrea als Sohn des „Jacobi Pozzi“ erwähnt (KERBER 1971, 4). Der Vater stammte aus Como und Andrea war der älteste Sohn aus erster Ehe. Über die familiäre
Situation Quarenghis sind die Informationen leider nur sehr spärlich. Er entstammte einer wenig bekannten Künstlerfamilie, sowohl der Vater, als auch der Großvater waren Maler (NAGLER, 1909, 372).

Sein Sohn Giulio Quarenghi war wissenschaftlich tätig und gab ein Verzeichnis der Werke seines Vater heraus.

Die Verbindung des Künstlers zu Wien ist nicht exakt geklärt. Nach den Aufzeichnungen seines Sohnes Giulio, engagierte Erzherzogin Beatrix Giacomo Quarenghi im Zuge seiner letzten Italienreise für den Entwurf des Speisesaales des Palais Modena. Neben dieser Originalzeichnung des Architekten gibt es noch weitere, die in der Familienkommisbibliothek zu Wien (Bez. 281) erhalten sind. Dreger vermutet aufgrund dieser Tatsache, dass Quarenghi bereits vor seinem Wienaufenthalt in Kontakt mit Erzherzogin Beatrix war und ihr vorab diese Entwürfe als Beweis seines Könnens geschickt hatte. Ebenso
schließt Dreger nicht aus, dass der italienische Architekt und vor allem seine Entwürfe für die weitere Ausgestaltung des
Palais entscheidend waren, obwohl Quarenghi nur sehr kurze Zeit in Wien weilte (DREGER, 1918, 287-289)
.

 
5. WERKE (WIEN)

Entwürfe für den Speisesaal und die Fassadengestaltung des Palais Modena in der Herrengasse (Wien) ab 1811.

5.1 Entwurf für den Speisesaal
Der ehemalige Speisesaal, heutiger Hauptsaal, des Palais Modena, ist in etwas abgeänderter Form gegenüber den Entwürfen noch erhalten (Die Originalzeichnung des Grundrisses und der Decke befinden sich in der Familienfideikommissbibliothek, K.281).

Während bei der Säulengestaltung des Saales leichte Veränderungen vorgenommen wurden (die Anordnung der Säulen an
den Schmalseiten stimmt mit dem Entwurf überein), die Fenster- und Türverteilung gleich blieb, musste die architektonische Gliederung der Decke einer grisailleartigen Deckenbemalung weichen. DREGER stellt die Vermutung auf, dass dieser Saal vielleicht nie exakt nach dem Entwurf Quarenghis ausgestattet wurde, die Beschriftung der Originalzeichnung lautet schließlich nur: Projet de la Salle à manger..., also nur Projekt! In den Jahren 1893 und 1894 kam es zu einer neuerlichen Umgestaltung des Saales, jedoch wurde damals nur die Deckenbemalung erneuert und der Marmorstuck aufgefrischt (DREGER; 1918,
276-279).

5.2 Entwurf für die Fassadengestaltung?
Wieweit Quarenghi an der Umgestaltung der Fassade beteiligt war, ist nicht geklärt. Eine damals in Hofbesitz und heute in
der Familienfideikommissbibliothek befindliche Zeichnung ( K. 281, Nr. 1739a) mit der Unterschrift: „Facade du Theatre de L'Heremitage sur Le Quai et Architecture de Jaques Quarenghi“, gibt große Rätsel auf. Der Fassadenentwurf, der laut Beschriftung für das St. Petersburger Theater der Eremitage bestimmt war, gleicht jedoch in der Hauptgliederung den Ausführungen der Fassade des Palais Modena. DREGER vermutet, dass Quarenghi, der nur auf der Durchreise nach Petersburg in Wien war, selbst zuwenig Zeit gehabt hatte, um den Bau auszuführen, jedoch durch seine Zeichnungen, die
er in Wien zurückgelassen hatte, gewisse Richtlinien vorgab (DREGER, 1918, 287). Die Fassadengestaltung wird in der
Literatur auch dem erzherzoglichen Architekten Alois Pichl zugeschrieben (DEHIO; 1973, 71).

 

6. ABBILDUNGEN

5.1 Entwurf für den Grundriss und die Decke des Speisesaales, Bildnachweis: Dreger, S.276

 
7. BIBLIOGRAPHIE

DEHIO Wien, 1973, 71
NAGLER, G.K., Neues allgemeines Künstlerlexikon 13, Linz 1909
KLOPFER, Paul, Von Palladio bis Schinkel (Geschichte der neuen Baukunst 9), Eßl.a.N., 1911
DREGER, Moritz, Giacomo Quarenghi und das Modena-Palais in der Herrengasse zu Wien, in: Kunst und
Kunsthandwerk 21, Wien 1918, 273-290
SAUR, Allgemeines Künstlerlexikon, Bio-bibliographischer Index A-Z, München 2000
THIEME-BECKER XXVII, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, München 1992
WURZBACH, C.v., Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich, 1-60, Wien 1856-1991

 

©Gerlinde Graninger, Oktober 2004

 

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