Eine Zeitreise in Wort und Bild - Das 20. Jahrhundert in Südtirol
Die im besten Sinne des Wortes „populäre“ Geschichte Südtirols, gut lesbar, anregend, umfassend und unterhaltend, aber auch auf der Höhe der wissenschaftlichen Forschungsstandes ist dank einer ganzen Reihe von AutorInnen zustande gekommen. Vier davon, die an der Universität Innsbruck lehren, haben gestern die fünf Bände, wovon jeder 20 Jahre des 20. Jahrhunderts umfasst, an der SOWI vorgestellt.
Günther Pallaver vom Institut für Politikwissenschaft gab einen Einblick in die politische Entwicklungsgeschichte der Parteien und des Parteiensystems und erläuterte die „ethnische Bruchlinie“ im Südtiroler Parteiensystem. Helmut Alexander vom Institut für Geschichte spannte einen wirtschaftsgeschichtlichen Bogen vom Ersten Weltkrieg bis zur „ökonomischen Erfolgsstory“ Südtirols in den letzten Jahren, während Michael Gehler vom Institut für Zeitgeschichte die politischen Highlights seit 1945 skizzierte. Eva Pfanzelter-Sausgruber, ebenfalls vom Institut für Zeitgeschichte, ging auf die amerikanische Besatzungszeit von Mai bis Dezember 1945 ein und präsentierte einem zahlreich erschienenen Publikum eine Reihe von neuen Bildern aus jener Zeit, die sie in Washington ausgehoben hat.
Verlagsagent Thomas Kager erläuterte die Philosophie, die den Verlag veranlasst hat, so ein Werk in Angriff zu nehmen, dessen Konzept auf Hans Heiss zurückgeht, Dozent am Institut für Zeitgeschichte und derzeit grüner Abgeordneter zum Südtiroler Landtag . Es sollte eine wissenschaftlich fundierte Arbeit, aber zugleich eine „Geschichte für den Normalverbraucher“ sein, also verständlich geschrieben und mit keinem wissenschaftlichen Apparat überladen. Die vielen auch als selbständige Beiträge konzipierten Kapitel in den fünf Bänden werden durch eine Vielzahl von Photos aufgelockert, die zum Grossteil erstmals veröffentlicht sind. Das anspruchsvolle Layout geht auf den Künstler Arnold Mario Dall’Ò zurück, dessen Handschrift unverkennbar ist.
Die von Michael Sprenger (Tiroler Tageszeitung) geleitete Diskussion konzentrierte sich auf eine Vielzahl von Themen, von der Herausbildung einer eigenen „Südtiroler Identität“ bis hin zur Frage der Brückenfunktion zwischen Nord und Süd. Vor allem entzündete sich die Debatte rund um die Frage, weshalb es in Südtirol möglich war, ein solches Werk zu veröffentlichen, nicht aber in Nordtirol. Als Gründe wurden angegeben, dass Geschichte in Südtirol eine andere „politische“ Funktion hat als in Nordtirol, Geschichte in Südtirol weit spannender und wechselvoller war, im Land südlich des Brenners auch viel mehr polarisierende Persönlichkeiten vorzufinden sind, vor allem aber, dass in Südtirol im Gegensatz zu Nordtirol solche Projekte finanziell stark unterstützt werden.
Alle fünf Bände im Schuber kosten 196 Euro, jeder Einzelband 46 Euro.
Institut für Politikwissenschaft