Alles Organisationssache

Jeder Mensch ist heute – freiwillig oder unfreiwillig – Mitglied von unzähligen Organisationen: Organisationen konstituieren moderne Gesellschaften und prägen alle Lebensbereiche. Wie sie entstehen und funktionieren bzw. sich im gesellschaftlichen Kontext verändern, wird im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Organization Studies“ untersucht.
Foto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
Foto: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Muss ein Museum oder Theater profitabel sein, um als erfolgreich zu gelten? Lassen sich Management-Instrumente und betriebswirtschaftliche Konzepte auf Schulen oder Universitäten gleichermaßen anwenden wie auf privatwirtschaftliche Unternehmen? Welche Auswirkungen haben prekäre Arbeitsverhältnisse und die Organisation von Arbeit auf das Selbstverständnis und die Motivation von MitarbeiterInnen? Wie versuchen sich MitarbeiterInnen in ihrer Arbeit zu organisieren? Wie wird Wissen in unterschiedlichen Organisationen weitergegeben und welche Rolle spielt es bei ihrer Entwicklung? – Diese und zahlreiche weitere Fragestellungen beschäftigen die OrganisationsforscherInnen an der Universität Innsbruck. Ebenso vielfältig wie die im Forschungsschwerpunkt „Organization Studies“ gebündelten Themengebiete sind auch die beteiligten Disziplinen. „Wir wollen Organisationen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, der betriebswirtschaftliche ist nur einer davon“, betont Schwerpunkt-Koordinator Martin Piber, Professor am Institut für Organisation und Lernen. Neben VertreterInnen der Betriebswirtschaft, der Managementforschung und der Wirtschaftsinformatik bearbeiten ForscherInnen aus den Disziplinen Soziologie, Philosophie, Psychologie, Psychotherapie, Pädagogik und Kunstgeschichte den breit gefächerten Forschungsbereich. „Eine derartig kohärente Zusammenarbeit so unterschiedlicher Disziplinen zum Thema Organisation ist im deutschsprachigen Raum einmalig“, erklärt Piber.

  

Praxisnähe und unmittelbarer Wissenstransfer

Gesellschaftliches Leben passiert fast ausschließlich in Organisationen – so die These des amerikanischen Organisationstheoretikers Charles Perrow, von der der Innsbrucker Forschungsschwerpunkt ausgeht. Organisationen werden daher als spezifische soziale Systeme verstanden, zu denen Unternehmen ebenso zählen wie beispielsweise KulturorganisationenSchulenUniversitäten oder Krankenhäuser. Sie in ihrer Komplexität und Rekursivität sowie ihrer Innen- und Außenwirkung zu verstehen, zu erklären und mehr über ihre Gestaltung zu erfahren, sind die zentralen Ziele des Schwerpunktes. „Wir sehen uns als Forschungsschwerpunkt, der nicht nur für die Scientific Community sondern auch für die regionalen Organisationen etwas zu sagen hat“, so Piber. Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter arbeiten eng mit Unternehmen, Kultureinrichtungen und öffentlichen Institutionen zusammen. Die Bandbreite der beforschten Organisationen reicht dabei von Großunternehmen wie Hilti oder Novartis über eine Vielzahl von Klein- und Mittelbetrieben bis hin zu regionalen und internationalen Organisationen wie dem Kellertheater in Innsbruck, dem Kunstmuseum in Bregenz, dem AMS Tirol oder der Biennale di Venezia und dem Museum of Modern Art in New York. „In der Organisationsforschung sind wir natürlich großteils auf empirische Daten angewiesen. Deshalb gehen wir in die Organisationen hinein, sprechen mit den Leuten und sind dabei wenn Organisation und Organisieren passiert“, schildert der Wissenschaftler.

 

Vielfältige Herausforderungen

Strukturell ist der Forschungsschwerpunkt in die drei Bereiche Wissen, Lernen und VeränderungArbeit, Ethik und Gender und ExpertInnenorganisationen & Hochschulen gegliedert. Als wesentliche Kompetenzfelder haben sich neue Organisationsformen kreativer Arbeit, ExpertInnenorganisationen sowie Organisationen im Bildungs-, Gesundheits- und Kulturbereich herauskristallisiert. „Der Erfolg einer Firma lässt sich leicht in roten oder schwarzen Zahlen messen. Allerdings werden dabei viele Aufgaben und Relevanzen aus dem Blickfeld gedrängt – nicht nur in ExpertInnen- und Kulturorganisationen“, beschreibt Piber die Herausforderung, die die unterschiedlichen Projekte innerhalb des Schwerpunktes umgibt.

(ef)

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