Kopf der Woche: Cécile Leconte
Cécile Leconte hatte ihren Studienaufenthalt in Österreich dazu benutzt, ihre Dissertation zum Thema "Zwischen nationalen politischen Systemen und europäischer Öffentlichkeit: Die politische Integration Europas am Beispiel der Österreich-Krise" zu schreiben. Die Prüfungskommission in Paris bestand aus den ProfessorInnen Balme (Hongkong), Lequesne (Paris) und Sorel (Grenoble) sowie Erna Appelt, Reinhold Gärtner und Anton Pelinka vom Institut für Politikwissenschaft in Innsbruck. Ab kommendem Jahr arbeitet Cécile Leconte als Post-doc-Fellow am Center for European Studies der Harvard University.
Über die bilateralen Maßnahmen
Cécile Leconte hat mit ihrer Dissertation über die "Österreich-Krise" 2000 eine sowohl für Österreich als auch die übrige EU politikwissenschaftlich sehr spannende und interessante Arbeit vorgelegt. Im ersten Teil der Arbeit beschreibt sie die Entwicklung der FPÖ in einem komparativen Kontext. Im zweiten Teil stellt Leconte die Reaktionen der anderen 14 EU-Mitgliedsländer auf die Regierungsbildung von Februar 2000 zur Diskussion. Einer der Schwerpunkte dabei ist die Frage, ob die bilateralen Maßnahmen als Ausdruck einer gemeinsamen europäischen Entwicklung gesehen werden können, in der die FPÖ vom politischen "common sense", von der gemeinsamen Werteebene abweicht. Im dritten Teil schließlich stellt Cécile Leconte die Frage nach negativen Auswirkungen der bilateralen Maßnahmen durch die Verstärkung nationaler "Cleavages" und ob Proteste nicht-österreichischer Politiker (z.B. Stoiber, Klaus) gegen die bilateralen Maßnahmen als Ausdruck eines Euroskeptizismus interpretiert werden können. Ebenso stellt Leconte die Frage, warum zwar auf die Regierungsbildung in Österreich reagiert wurde, nicht aber auf jene Berlusconis (2001) mit Lega Nord und Alleanza Nazionale in Italien.
Europafeindlichkeit als "Schuss nach hinten"
Abschließend kommt Leconte zu zwei grundsätzliche Anmerkungen: zum einen hat die Zeit der bilateralen Maßnahmen nicht zu einem wesentlichen Rückgang der EU-Befürwortung in der Gesamtbevölkerung geführt. Auch Versuche, diese Ablehnung zu verstärken waren erfolglos.
Zum zweiten waren es - auch - europapolitische Fragen, die wesentlich zum Scheitern der ersten FPÖ/ÖVP Regierung betrugen. Besonders die Frage der EU-Erweiterung sei, so Leconte, ähnlich wie in den Niederlanden Mitauslöser des Scheiterns einer rechtspopulistischen Partei in der Regierung gewesen: "Diese zwei Beispiele (Österreich und die Niederlande) sind nicht frei von einer gewissen Ironie: die Versuche rechtspopulistischer Kräfte, etablierte Parteien durch eine strategische Politisierung der europapolitischen Frage abzuschwächen, können sich auch als ein Schuss nach hinten erweisen."