Kopf der Woche: Volker Wenzel
In einer langjährigen Studie gelang es dem Team zu beweisen, dass mit dem Hormon Vasopressin die Überlebensrate von Patienten mit einem Herzstillstand um bis zu 40% gesteigert werden kann. In derartigen Notfällen griffen Mediziner bisher - und das bereits seit hundert Jahren - zum Adrenalin, dessen Nutzwert aber von Forschern stets aufs neue heftig diskutiert wurde. Wie der iPoint bereits berichtete konnte Wenzels Team nun zeigen, dass die Vasopressin-Therapie die Überlebenschance des Patienten um bis zu 40% erhöht, wenn es gilt den Blutdruck während einer Herz-Lungen-Wiederbelebung zu steigern.
Gemeinsam mit Prof. Karl Lindner, dem Vorstand der Uni-Klinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin, und Forscherkollegen veröffentlichte Wenzel die Ergebnisse der Studie im "New England Journal of Medicine". Doch nicht nur in dem namhaften Fachjournal, sondern auch in der "New York Times", im "Wall Street Journal" und "Der Zeit" - um nur einige zu nennen - wurde über den Erfolg der Innsbrucker Wissenschaftler berichtet. Die Ergebnisse werden voraussichtlich auch in die Neufassung der internationalen Wiederbelebungs-Richtlinien einfließen.
Dabei hätte das Projekt nach den Gesetzmäßigkeiten der klinischen Forschung eigentlich gar nicht gelingen dürfen. Schließlich fehlten alle Zutaten, die für eine erfolgreiche Innovation heute unabdingbar scheinen. "Wir hatten kaum Geld und nur ein kleines Team", sagt Wenzel. Manchmal sind eben andere Dinge entscheidend, ergänzt sein Kollege Prof. Lindner. Zum Beispiel die Überzeugung eines Wissenschaftlers und sein Durchhaltevermögen. Die Erfolgsgeschichte liest sich mehr als Odyssee denn als Forschungsbericht und den Erfolg hat sich das Team gegen zahlreiche Widrigkeiten hart erarbeitet. Nicht nur Geld und Arbeitskräfte fehlten, Lindner und Wenzel hatten auch gegen Kritik und Misstrauen zahlreicher Kollegen zu kämpfen. Es galt Ethikkommissionen zu überzeugen und letztendlich war auch noch im Oktober 2002 Vasopressin wegen fehlender Lieferfähigkeit nicht mehr im Handel erhältlich und nur durch eine Firma in Kanada zu beziehen. Eine Einfuhrgenehmigung aus den USA wurde aufgrund "öffentlichen Interesses" jedoch von der zuständigen Überwachungsbehörde mit Hinweis auf die Verfügbarkeit über internationale Apotheken verweigert. "Pitressin", so die Warenbezeichnung des Medikaments, befindet sich zur Zeit im sogenannten "Nachzulassungsverfahren", was wieder eine Reihe an Problemen mit sich bringt. Eine mögliche Kooperation mit Aguettant, einer französischen Pharmafirma, steht aber in Aussicht, man wartet derzeit auf die Zulassung des Medikaments.
Volker Wenzel wurde 14. Juni 1967 in Kiel geboren und studierte Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seine medizinische Laufbahn ist schon während seiner Studienzeit durch zahlreiche Auslandsaufenthalte in Mexiko, Irland und England gekennzeichnet. Sein praktisches Jahr absolvierte Wenzel auf der University of Florida in Gainesville. Im Jahr 1994 promovierte er in Deutschland und begann 1996 an der Klinik für Anästhesiologie am Klinikum der Universität Ulm sein ärztliches Praktikum. Seit 1997 ist Volker Wenzel Universitätsassistent an der Universitätsklinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin in Innsbruck. Seine laufende Forschungstätigkeit konnte Dr. Wenzel durch zahlreiche Beiträge in namhaften Fachjournalen dokumentieren. Seine aktuellen Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit weiteren Untersuchungen von Vasopressin. Laut Wenzel soll das Hormon das Blut von der unteren in die obere Körperhälfte umverteilen. Dies könnte beispielsweise bei lebensgefährlichen Blutungen etwa im Bauchbereich von Vorteil sein. Erste Laborstudien bestätigten, dass durch die Verabreichung von Vasopressin die Blutung verringert und die Durchblutung von Herz und Gehirn gesteigert werden kann. Weiters beschäftigt sich der Wissenschaftler und sein Team mit einer effektiveren Notfallbeatmung, um bei Notfallpatienten die Sauerstoffversorgung im Körper zu sichern und eine lebensgefährliche Magenbeatmung zu vermeiden.