Kopf der Woche: Helga Trenkwalder
Bereits im Jahr 1978 begann Trenkwalder auf Einladung des Departments of Antiquities and Heritage in Baghdad mit den ersten österreichischen Ausgrabungen im Irak. Und sie ist bislang die Einzige geblieben. Im selben Jahr leitete die in Salzburg geborene Wissenschaftlerin insgesamt drei Grabungskampagnen im Rahmen des Rettungs-Projektes "Gebel Hamrin" im Norden des Irak und engagierte sich 1983 auch am Rettungsprojekt "Eski Mossul". Bei beiden Projekten setzten Staudämme zahlreiche antike Siedlungen unter Wasser und ließen diese unerreicht und verloren für die Forschung zurück. Im Jahr 1980 bekam sie das Forschungs-Projekt "Vergleichende Studien Babylon-Borsippa" übertragen. Ihr Interesse galt hier der "Stufenturm-Ruine" innerhalb der antiken Siedlung von Borsippa. Die Stadt Borsippa liegt ca. 115 km südlich von Baghdad. Die "Stufenturm-Ruine" mit ca. 50 Metern Höhe, deren Konstruktionsbereiche noch relativ gut erhalten sind, weist Parallelen zum Turm von Babel auf, von dem ja archäologisch fast nichts mehr erhalten ist. Mit Hilfe dieses Turmes könnte eine zeichnerische Rekonstruktion des Turmes von Babel ermöglicht werden.
1980 begann auch der erste Golf-Krieg und Trenkwalder flüchtete auf abenteuerliche Weise aus dem Irak. Doch die engagierte Altorientalistin war bereits ein Jahr später wieder vor Ort und auch nach dem zweiten Golfkrieg führte sie ihre Arbeit während der furchtbaren Embargo-Zeit bis 2002 fast ohne Unterbrechung fort. Ihre Eindrücke, die sie während dieser Zeit gesammelt hat, beeindrucken: "Das Volk wurde in dieser Zeit vielfach vernichtet. Während ich meine Ausgrabungen in Borsippa weitergeführt habe, versuchte ich zudem den Menschen in den umliegenden Dörfern soweit wie möglich zu helfen, wo ich konnte: ich habe beispielsweise Wasserpumpen repariert, mich um Strom oder die Beschaffung von Chlor gekümmert. Wenn ich 25 Arbeiter angestellt habe, dann bedeutete dies, dass ich 25 Familien helfen konnte. Auch die medizinische Versorgung fehlte vielerorts und ich brachte 'kofferweise' Medikamente in den Irak!"
Mit der Aktion "Irak in Not" sammelte Trenkwalder dann in Tirol Geld zur Unterstützung besonders armer Familien. Mit diesem Engagement und ihrer Unterstützung gewann sie das Vertrauen der Bevölkerung und dies ermöglichte es ihr, letztes Jahr wieder einen Monat lang in Borsippa arbeiten zu können: die Arbeiten zur Vermessung des Stadtgebietes, die 2001 begonnen hatten, wurden abgeschlossen und Trenkwalder konnte zudem einen ganzen Monat Ausgrabungen durchführen.
Im November 2002 startete schließlich auch ein großes Film-Projekt, bei dem Trenkwalder nicht nur die wissenschaftliche Beratung, sondern auch das gesamte Management und die Erstellung des Textes übernommen hat. Die wichtigsten Grabungsstätten sowie über 100 Objekte aus dem berühmten Irak-Museum wurden gefilmt und auch "Land und Leute" werden vorgestellt. Premiere des Filmes mit dem Titel "Zwischen Euphrat und Tigris" wird am 8. Juni 2004 im Landesjugendtheater am Messegelände in Innsbruck sein, auch eine englische und eine arabische Fassung sind so gut wie fertig gestellt.
Letztes Jahr entkam die Innsbruckerin wieder nur knapp den Kriegswirren, fünf Tage vor Kriegsbeginn, ihre Freunde und Mitarbeiter vor Ort so gut als möglich versorgt, verließ sie den Irak. Doch schon im April reiste Trenkwalder erneut in den Irak. Sie schildert ihre Eindrücke: "Eine Katastrophe. Ich habe ad hoc beschlossen, drei Tage bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Bei Hitze und Staub und nicht weniger verzweifelt wie die irakischen Kolleginnen und Kollegen. Anschließend bin ich dann nach Innsbruck zurück und habe versucht, eine Spendenaktion zur Rettung des 'Welt-Kulturerbes Irak' zu starten und musste feststellen, dass all jene, die sich für fach-kompetent halten, 'nichts übrig' hatten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich deshalb besonderen Dank dem Landshauptmann von Tirol, DDr. Herwig van Staa, sowie dem Rektor der LFU Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. Manfried Gantner, aussprechen: diesen war die Bedeutung eines drohenden Verlustes des 'Welt-Kulturerbes Irak' durchaus etwas wert." Mit dieser Unterstützung wurden unter anderem die ersten Sicherungsmaßnahmen für das berühmte Museum - mehrere Stahl-Türen und ein für das Klima unerlässliches Air-Condition-System in einigen Räumen - finanziert.
Im Oktober letzten Jahres reiste Trenkwalder erneut in den Irak, hat einen Monat lang - völlig unbehelligt - gegraben, allerdings als Einzige weltweit. Dieses Engagement hat nun die UNESCO in Paris mit der Berufung in das Koordinations-Komitee für die Rettung der Altertümer im Irak ausgezeichnet. Weiters hat sie für die Öffnung zum Orient und als Leiterin der Zweigstelle dieser Gesellschaft die Goldene Ehrenmedaille der Orientgesellschaft Hammer-Purgstall erhalten und im August 2003 wurde ihr schließlich auch das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1.Klasse verliehen.
In Salzburg geboren, studierte Helga Trenkwalder 1959 zunächst Englisch und Geschichte an der LFU Innsbruck, begann dann aber ab 1960 ein volles Zweitstudium der Altorientalistik. Nach sieben Jahren promovierte sie und 1982 schloss sie schließlich auch ihre Habilitation zum Thema "Totenkult oder Ahnenkult in Mesopotamien" ab. 15 Jahre arbeitete sie zunächst als Assistentin und von 1987 bis 2000 war sie als Vorstand am Institut für Altorientalistik tätig.