Kopf der Woche: Alexander Gohm
Die Untersuchungen von Strömungen in der Atmosphäre, also Winden, welche durch das komplexe Gelände unserer Alpen und ähnlicher Gebirgsmassive beeinflusst (d.h. verursacht oder modifiziert) werden, stehen bei Gohm´s Arbeiten im Vordergrund. Das alpine Gelände verursacht eine weitaus größere räumliche Variation in den Wetterzuständen als das Flachland. Dies erschwert die Wettervorhersage in den Alpen deutlich. Ein Beispiel, dass viele Innsbrucker kennen: während der Föhn in seinem Endstadium in der Landeshauptstadt trotz drohendem Wolkenhimmel noch für trockene Verhältnisse sorgt, kann es wenige Kilometer westlich von Innsbruck bereits stark regnen. Ein verbessertes Verständnis solcher Phänomene und ihrer zugrunde liegenden Prozesse bedeutet letztendlich auch eine Verbesserung der Wetterprognosen im Alpenraum. "Die Methoden die ich in meinen Studien verwende sind entweder theoretischer bzw. numerischer Natur (z.B. komplexe Computermodelle) oder experimenteller Natur (z.B. Messinstrumente wie Wetterstationen und Fernerkundungsmessgeräte wie LIDAR und RADAR)", erklärt der Wissenschaftler.
In den letzten Jahren hat Gohm hierzu verschiedene Wetterphänomene untersucht. Die Untersuchungen, die Gohm im Rahmen einer internationalen Feldmesskampagne, dem "Mesoscale Alpine Programme (MAP)", durchgeführt hat, beschäftigten sich primär mit so genannten Föhnwinden. "Der Beitrag meiner Arbeitsgruppe rund um Prof. Dr. Georg Mayr mit dem Projekttitel GAP untersuchte den Föhn im Wipptal und ist vom Fonds zur Förderung wissenschaftlicher Forschung (FWF) mit zwei Projekten finanziert worden", freut sich Gohm. Ein Teil der Datenauswertung dieser Föhnstudie hat der Innsbrucker als "visiting scientist" an der renommierten amerikanischen Forschungsinstitution NOAA/ETL in Boulder (Colorado) durchgeführt. Bereits im Juni 2003 erhielt der engagierte Wissenschaftler für seine Dissertation den Preis für junge Wissenschafter der naturwissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
Zwischen Diplomarbeit und Dissertation widmete Gohm sich einer Prozessstudie von Starkniederschlägen. Diese Niederschläge werden durch Hebung von feuchten Luftmassen beim Anströmen von Gebirgen verursacht und treten besonders auf der Alpensüdseite auf, z.B. im Tessin und Piemont, wo sie zu Überschwemmungen und zu Murenabgängen führen können.
Seit seiner Diplomarbeit hat Dr. Gohm an zahlreichen meteorologischen Feldmeßkampagnen im Ausland (USA, Großbritannien, Island, Schweiz) teilgenommen.
Die aktuellste Studie fand im Rahmen der ersten Phase von T-REX Austria im April 2004 im Owens Valley (Kalifornien) statt. Ziel dieses Projektes war die Untersuchung von Rotoren im Lee von Gebirgen, das sind atmosphärische Wirbel mit starken Turbulenzen. Sein Teil der Arbeit beschäftigte sich mit der Entwicklung einer Sensorsteuerungs- und Datenerfassungseinheit für eine mobile meteorologische Messplattform. Für dieses Projekt erhielt Gohm heuer den Nachwuchsforschungsförderungspreis der LFU.
Derzeit ist Gohm mit Untersuchungen der adriatischen Bora, einem stürmischen Wind ähnlich dem Föhn, der an der adriatischen Küste im Lee der Dinarischen Alpen auftritt, beschäftigt. "Unsere Arbeitsgruppe hat dieses Phänomen im Rahmen des EU-Projektes CAATER im Frühling 2002 mit einem Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht", so Gohm. Erste interessante Ergebnisse der Auswertung dieser Messdaten und der Analyse von entsprechenden Strömungssimulationen mit einem Computermodell wurden vor kurzem als Publikation (Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society) eingereicht.
Zur Person
Alexander Gohm wurde 1973 in Bregenz geboren. Nach dem Schulabschluss begann Gohm 1991 in Innsbruck Meteorologie zu studieren. 1997 schloss er sein Studium erfolgreich ab und schon bald darauf folgten zahlreiche Auslandsaufenthalte, bei denen er seine Forschungsaktivitäten fortsetzte. Seit 1999 ist Gohm als FWF-Assistent (Doktorand bzw. Post-Doktorand) an unserer Alma Mater tätig. 2003 schließlich promovierte Gohm mit seiner Arbeit "Contributions to the dynamics of south foehn: A gap flow study during the Mesoscale Alpine Programme". Seit Juli dieses Jahres ist er halbtags als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Meteorologie und Geophysik (Prof. Dr. Martin Ehrendorfer) beschäftigt. "Ich habe dieser Stelle den Vorzug gegenüber einem erstklassigen Stellenangebot der ETH Zürich gegeben, mit dem Optimismus an der Universität Innsbruck eine starke Forschungsgruppe im Bereich der atmosphärischen Modellierung aufbauen zu können", argumentiert Alexander Gohm. Überdies hofft er natürlich, dass aufgrund seiner Qualifikationen als Wissenschafter die halbe Anstellung bald in eine Vollbeschäftigung überführt wird.