Kopf der Woche: Magdalena Pöschl
Seit 1983 vergibt die Regierung in Liechtenstein jährlich einen mit 7.500 Euro dotierten Preis an NachwuchswissenschafterInnen an der Universität Innsbruck. Prof. Magdalena Pöschl erhielt diesen Preis für ihre Habilitationsschrift „Gleichheit vor dem Gesetz“.
Der allgemeine Gleichheitssatz ist ein Grundrecht, das in seiner praktischen Bedeutung in Österreich alle anderen Grundrechte bei weitem überragt. Die hiezu ergangene Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist beinahe unübersehbar und, was schwerer wiegt, im Einzelfall mitunter kaum vorhersehbar. Daran wird in der Literatur zwar immer wieder Kritik geübt. Konstruktive Vorschläge zu einer weniger dezisionistischen Handhabung des Gleichheitssatzes sind aber vereinzelt geblieben.
Pöschl will in ihrer Arbeit zeigen, dass die historische Entwicklung des Gleichheitssatzes, sein Wortlaut, seine Zielsetzung und seine Stellung im System der Verfassung ein bislang unausgeschöpftes Auslegungspotential beinhalten, das die Bedeutung dieses Grundrechts maßgeblich erhellen und seine rationale, im Einzelfall vorhersehbare Anwendung erheblich erleichtern kann.
Im ersten Teil der Arbeit wird zunächst die Entstehungsgeschichte des Gleichheitssatzes rekapituliert. Aufbauend darauf werden allgemeine Probleme des Gleichheitssatzes erörtert, insbesondere die Frage, ob dieser als ein Prinzip der Gleichbehandlung zu deuten ist, oder als Gebot, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, oder ob ihm ein von der Un/Gleichbehandlung verschiedener Schutzbereich zukommt.
Der dritte Teil der Arbeit analysiert mit dem Verbot der Vorrechte aufgrund der Geburt, des Geschlechts, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses (Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG) und dem BVG-Rassendiskriminierung zwei spezielle Gleichheitsgebote, die weiteren Aufschluss über die Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes geben. Im vierten Teil wird das Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zu den Freiheitsrechten untersucht. Sodann wird geprüft, ob der Gleichheitssatz auch zur Solidarität mit sozial benachteiligten Gruppen verpflichtet. Schließlich werden rechtsstaatliche Fragen des Gleichheitssatzes erörtert. In jedem dieser Abschnitte wird die einschlägige Judikatur des VfGH und, soweit vorhanden, die Literatur dargestellt und kritisch analysiert. Plädiert wird einerseits für eine zurückhaltendere, andererseits für eine differenzierte Handhabung des Gleichheitssatzes, die Spezialgebote wieder zur Geltung kommen lässt und verfassungsrechtlich vorgegebenen Unterschieden und Gemeinsamkeiten Rechnung trägt.
Zur Person
Magdalena Pöschl wurde 1970 in Innsbruck geboren und studierte von 1988 bis 1990 Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck, 1990 setzte sie ihr Studium an der Universität Wien fort, wo sie 1992 zur Magistra iur spondierte. Ihr Doktoratsstudium absolvierte sie von 1993 bis 1995 in Innsbruck. 1995 promovierte sie mit einer Dissertation zum Thema „Die Sprache der Grundfreiheiten“. 2004 habilitierte sich Magdalena Pöschl. Für ihre Habilitationsschrift wurde ihr der Liechtensteinpreis verliehen.
Ihre berufliche Karriere startete Pöschl als Vertragsassistentin am Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft an unserer Alma Mater von 1993 bis 1999. Neben ihrer Tätigkeit an der Universität absolvierte sie die Gerichtspraxis am Bezirks- und Landesgericht in Innsbruck, 1997 und 1998 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Verfassungsgerichtshof. Ab 1999 war Prof. Pöschl als Universitätsassistentin am Institut für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaft tätig. Im Jahr 2000 erkannte ihr die Akademie der Wissenschaften ein APART-Stipendium zu, in dessen Rahmen sie die mit dem Liechtenstein-Preis ausgezeichnete Habilitationsschrift verfasste. 2004 wurde ihr die Lehrbefugnis für das Fach „Verfassungs- und Verwaltungsrecht“ verliehen. Seit März 2004 lehrt Prof. Pöschl am Institut für öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaften in Innsbruck. Im Studienjahr 2004/2005 vertritt sie als Univ.-Prof. im Fachbereich für öffentliches Recht an der Universität Salzburg den Lehrstuhl o. Univ.-Prof. Dr. Walter Berka