Kopf der Woche: Mag. Dr. Corinna Wallinger
Der weltweit beobachtete Rückzug der Gletscher führt zu einem Freiwerden von vormals eisbedeckten Flächen. Die so entstehenden Gletschervorfelder bieten die Möglichkeit, die Entwicklung von Pflanzengesellschaften und Ökosystemen von Anfang an zu verfolgen.
Bei der Besiedlung dieser Gletschervorfelder findet man eine charakteristische Abfolge von früh- und spätsiedelenden Arten. Innerhalb der Arten (intraspezifisches Niveau) widersprechen sich jedoch die Hypothesen hinsichtlich der vorhergesagten Entwicklung genetischer Diversität entlang der Zeitachse, je nachdem ob die Gründerpopulation von einer großen oder kleinen Anzahl von Individuen abstammt. Ein molekulargenetische Ansatz zur Untersuchung der Entwicklung der genetischen Diversität ermöglicht zudem Rückschlüsse über die potentiellen Ursprünge der im Gletschervorfeld vorhandenen Populationen.
Dr. Wallinger analysierte die Entwicklung der genetischen Diversität entlang von drei parallelen Gletschertälern (Gaisger-, Rotmoos- und Langtal) mittels molekularer Marker (Amplified Fragment Length Polymorphism, AFLPs). Dabei konnten potentielle Ausgangspopulationen zur die Besiedelung der Talböden innerhalb der Gletschervorfelder als auch auf den sie umgebenden Berghängen identifiziert werden.
Die genetische Diversität innerhalb bzw. zwischen den Populationen erwies sich als vom Sukzessionsalter unabhängig. Genetischer Austausch konnte innerhalb der Gletschervorfelder, mit den angrenzenden Seitenhängen, aber auch zwischen verschiedenen Paralleltälern nachgewiesen werden. Wiederholte Immigration und das Aufkommen von Keimlingen im Zuge der Primärsukzession spielen offensichtlich eine wichtige Rolle. Die Kolonisation von Gletschervorfeldern erwies sich als hoch dynamischer und vom Zufall geprägter Prozess, wobei eine Kombination aus Genfluss und Umweltseinflüssen entscheidender sein dürfte als das Alter.
Zur Person:
Corinna Wallinger geb. Raffl, studierte Biologie im Studienzweig Botanik and der LFU Innsbruck. Seit 1997 ist sie Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Geobotanik unter der Leitung von Prof. Brigitta Erschbamer. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit untersuchte Dr. Wallinger die vorhandenen Vegetationsmuster in einem Gletschervorfeld und auf den angrenzenden Hängen. Für ihre Dissertation setzte die mittlerweile zweifache Mutter die Arbeit im Gletschervorfeld im Rahmen eines FWF Projekts fort. Seit April 2006 arbeitet sie im BBK Projekt der Arbeitsgruppe Agrarökologie mit: „The importance of birds as natural control agents of white grubs in grassland systems".