NASA-Studie zu Sommersmog mit Innsbrucker Beteiligung
Die Luftqualität wird üblicherweise punktuell an Bodenmess-Stationen ermittelt, die insbesondere an heißen Tagen eine Grenzwert-Überschreitung von Luftschadstoffen wie Ozon, Stickoxiden oder Partikeln melden. Auch Schadstoffprognosen basieren auf lokalen Bodenmessungen und entsprechenden Rechenmodellen, was nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führt. Detaillierte Kenntnisse über die Verteilung und den Transport von Luftschadstoffen in der Atmosphäre können zuverlässig nur durch Messungen aus Luft gewonnen werden. Aus diesem Grund ist die NASA im Sommer 2011 mit zwei Forschungsflugzeugen im Großraum Washington-Baltimore unterwegs, um eine entsprechende Datengrundlage zu schaffen. An der Mission nehmen insgesamt 63 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teil, die unterschiedliche Messungen an Bord der Maschinen durchführen.
Langfristig sollen die so gewonnenen Erkenntnisse den Weg für eine Überwachung der Luftqualität via Satellit ebnen. „Derzeit liefern Satelliten nur unzureichende Daten zur Luftqualität, sie können nur ein gemitteltes Bild der in der Atmosphäre vorhandenen Schadstoffe ermitteln“, schildert Dr. Armin Wisthaler vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck. Zur Prognose der Schadstoffentwicklung und zur Prävention von Grenzwertüberschreitungen ist es jedoch notwenig, die horizontale und vertikale Schadstoffverteilung über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten.
Effiziente Messung von Kohlenwasserstoffen
Armin Wisthaler und sein Kollege Tomas Mikoviny waren zu diesem Zweck im NASA Messflugzeug P-3B über dem Großraum Washington-Baltimore unterwegs, um mit dem am Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik entwickelten Protonentausch-Reaktions Massenspektrometer (PTR-MS) die Konzentration von verschiedenen Kohlenwasserstoffen zu ermitteln, die an der Bildung von Ozon und Feinstaub beteiligt sind. „Wir haben bereits vor drei Jahren mit dem PTR-MS an einer NASA-Kampagne sehr erfolgreich teilgenommen, weshalb man uns auch zu DISCOVER-AQ wieder eingeladen hat“, erzählt Wisthaler. „Da das Flugzeug etwa 100 Meter pro Sekunde zurücklegt, sind schnelle Messungen, wie sie das PTR-MS durchführen kann, unabdingbar“, ergänzt er. Während des Fluges wird über einen Einlass Luft eingesaugt, das PTR-MS kann in Sekundenschnelle die Konzentration von mehreren Kohlenwasserstoffen ermitteln.
Um ein exaktes Bild zu erhalten, wurden im Zeitraum vom 27. Juni bis zum 31. Juli 14 achtstündige Messflüge unternommen. „Wir haben über sechs ausgewählten Messpunkten in Maryland drei Mal täglich ein Höhenprofil erstellt. Dazu führt der Pilot in der Höhe zwischen 300 Metern und 5000 Metern einen Spiralflug durch“, schildert Armin Wisthaler die Herausforderung für Forscher und Piloten. „So erhalten wir einen Datensatz, der genauen Aufschluss über die tages- und witterungsabhängige Schadstoffverteilung gibt. Und das über ein so langen Zeitraum hinweg“, zeigt er sich begeistert.
Wichtige Forschungsgrundlage geschaffen
Die Daten werden Armin Wisthaler und Tomas Mikoviny ebenso wie alle anderen Missionsteilnehmer in den kommenden drei Monaten aufbereiten. Das im Rahmen von DISCOVER-AQ generierte Wissen bleibt aber nicht allein den am Projekt beteiligten Forschern vorbehalten: „Die NASA veröffentlicht die Daten und stellt sie anderen Wissenschaftlern als Forschungsgrundlage für weiterführende Studien zur Verfügung“, streicht Armin Wisthaler hervor.
Vor Ort sollen die Ergebnisse dazu beitragen, in Zusammenarbeit mit Behörden Strategien zur Verbesserung der Luftqualität zu entwickeln. So zeigen die bisherigen Beobachtungen beispielsweise, dass die zu erwartende Schadstoffbelastung in den betreffenden amerikanischen Ballungszentren häufig unterschätzt wird, weil Vorhersagen lediglich auf lokalen Messungen basieren, der Schadstofftransport über weite Strecken hinweg aber ein bedeutende Rolle spielt. Die Innsbrucker Forscher wollen in den kommenden Jahren eine Studie zur Variabilität von Kohlenwasserstoff-Konzentrationen publizieren.
DISCOVER-AQ ist übrigens ein Akronym, das für „Deriving Information on Surface Conditions from Column and Vertically Resolved Observations Relevant to Air Quality“ steht.
Die Messungen des Innsbrucker Teams wurden von der Agentur für Luft- und Raumfahrt (ALR) der Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Rahmen des Austrian Space Applications Programme (ASAP 7) finanziell gefördert.