Verwirrte Händler erzeugen Preisblasen

Ein junges Forscherteam am Institut für Banken und Finanzen untersucht die Effizienz von Aktienmärkten anhand von Experimenten im Labor. In einer aktuellenVeröffentlichung im Journal „The American Economic Review“ berichten sie, dass die Unsicherheit von Händlern über den sogenannten Fundamentalwert zur Entstehung von Preisblasen und zu ineffizienten Märkten führt.
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Wenn Verwirrung über den Fundamentalwert einer Aktie herrscht, dann entstehen Preisblasen. Foto: Gerd Altmann/pixelio.de

Der Fundamentalwert ist ein Schlüssel zum besseren Verständnis der Dynamik von Finanzmärkten. Als angemessener und fairer Wert steht er dem Preis gegenüber, zu dem Händler Aktien tatsächlich kaufen und verkaufen. Dass er für Aktienhändler und Anleger nur schwer begreif- und einschätzbar ist, zeigt die Finanzkrise nur allzu deutlich. Eines der wohl prominentesten Beispiele ist die Immobilienblase in den Vereinigten Staaten, die im Jahr 2007 platzte und zu einem weitreichenden Preissturz führte. Eine entscheidende Größe stellt der Fundamentalwert daher auch in den experimentellen Finanzmarktstudien dar, die ein Forschungsteam rund um Assoz.-Prof. Michael Kirchler, Univ.-Prof. Jürgen Huber und Univ.-Ass. Thomas Stöckl am Institut für Banken und Finanzen durchführt. Um mögliche Ursachen für das Entstehen von Preisblasen zu klären, führen sie Laborexperimente durch, in denen Probanden unter vorgegebenen Bedingungen auf virtuellen Märkten Aktien handeln und am Ende – je nach Handelserfolg – mehr oder weniger verdienen. Die Innsbrucker Forscher begeben sich damit in die Fußstapfen von Nobelpreisträger Vernon Smith, einem Pionier der experimentellen Wirtschaftsforschung.
„Smith hat vor mehr als 25 Jahren seine Modellmärkte so angelegt, dass der Fundamentalwert über die gesamte Handelsperiode kontinuierlich sinkt und die Aktie am Schluss wertlos ist. Wenn in diesem Markt alle Händler rational handeln, entspricht der am Markt bezahlte Preis einer Aktie dem Fundamentalwert und es gibt keine Blasen“, erläutert Michael Kirchler. Er und seine Kollegen machten in ihren Experimenten jedoch gegenteilige Beobachtungen: Die Probanden handelten auf dem smithschen Markt ganz und gar nicht rational, sondern zu weit höheren Preisen als dem Fundamentalwert, obwohl sich dieser anhand einer Preistabelle in der Versuchsanleitung einfach hätte errechnen lassen. Das irrationale Handeln führte zu einem Preis-Crash am Ende der letzten Handelsperiode. Die Wissenschaftler vermuteten hinter der Verhaltensweise der Händler eine Konfusion über den Fundamentalwert und änderten die Versuchsanleitung.

Reduktion der Konfusion eliminiert Preisblasen

„Offensichtlich hat das Design des Laborversuchs der alltäglichen Praxis widersprochen. Die gängige Meinung in Hinblick auf Aktien ist wohl, dass ihr Preis fluktuiert, aber niemals deterministisch fällt“, meint Kirchler und ergänzt: „Wir haben den gleichen Versuch gemacht, nur dass wir anstelle von Aktien ein anderes Framing, jenes einer Goldmine gesetzt haben, bei der sich nachvollziehen lässt, dass sie im Laufe der Zeit deterministisch an Wert verliert, weil irgendwann kein Gold mehr da ist.“ Unter diesen geänderten Voraussetzungen wurde die Konfusion über den Fundamentalwert stark reduziert und die Probanden handelten somit rational. Folglich entwickelten sich diese Versuchmärkte extrem effizient. „Wenn keine Konfusion über den Fundamentalwert besteht, dann gibt es auch keine Preisblasen mehr“, fasst Kirchler das Ergebnis der Studie zusammen. Dieses kann auch auf reale Märkte umgelegt werden und liefert eine weitere Ursache für die Entstehung von Blasen auf Finanzmärkten. Außerdem brachte die Studie der Innsbrucker Wissenschaftler auch Verbesserungsansätze für das Modell von Nobelpreisträger Smith. „Umso mehr freut es uns natürlich, dass unsere Ergebnisse in einem der renommiertesten ökonomischen Fachmagazine, der American Economic Review, Platz gefunden haben“, sagt Kirchler.

International beachtete Aktienmarktforschung

Jürgen Huber, Michael Kirchler und seine Kollegen widmen sich zahlreichen weiteren aktuellen Finanzmarkt-Themen. So untersuchen sie unter anderem, wie sich Finanzmarkttransaktionssteuern und bestimmte Anreizsysteme auf Aktienmärkte auswirken. Ihre Forschung findet internationale Beachtung. Neben der Veröffentlichung im Fachjournal „The American Economic Review“, erscheint eine weitere Publikation im Magazin „Management Science“, einem der führenden Fachmagazine im Bereich der Betriebswirtschaft. Im vergangenen Jahr konnte das Forscherteam für einen internationale Konferenz zum Thema „Experimental Finance“ mit Charles R. Plott einen der renommiertesten Forscher und Pioniere auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung nach Innsbruck holen.