Meeresspiegel steigt langfristig

Heute ausgestoßene Treibhausgase werden den Meeresspiegel noch auf Jahrhunderte ansteigen lassen. Jedes Grad an globaler Erwärmungwird den Meeresspiegel zukünftig wahrscheinlich um mehr als 2 Meter erhöhen, wie eine jetzt in der Fachzeitschrift PNAS erschienene Studie zeigt, an der der Innsbrucker Glaziologe Ben Marzeion beteiligt war.
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Der antarktische Eisschild wird in den nächsten zwei Jahrtausenden etwa 50 Prozent zum Meeresspiegelanstieg beitragen. (Foto: NASA)

Während die Wärmeausdehnung des Meeres und das Abschmelzen von Gebirgsgletschern heute die wichtigsten Ursachen für einen Anstieg der Meere sind, werden die grönländischen und antarktischen Eisschilde in den nächsten 2000 Jahren zu den dominierenden Faktoren, so die Studie. Die Hälfte dieses Anstiegs wird vermutlich durch Eisverluste in der Antarktis verursacht werden, die gegenwärtig weniger als zehn Prozent zum globalen Meeresspiegelanstieg beiträgt. „CO2, einmal durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt, verbleibt entsetzlich lange in der Atmosphäre“, sagt Anders Levermann, Leitautor der Studie und Forschungsbereichsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Folglich bleibt die Erwärmung, die es verursacht, ebenfalls bestehen.“ Die Meere und Eisschilde reagieren nur langsam, einfach aufgrund ihrer enormen Masse, weshalb der beobachte Meeresspiegelanstieg derzeit in Millimetern pro Jahr gemessen wird. „Das Problem ist: Einmal aus dem Gleichgewicht gebracht, ist der Anstieg nicht mehr aufzuhalten – es sei denn, die Temperatur fällt“, sagt Levermann. „Unsere Abschätzungen kombinieren physikalisches Verständnis mit Klimaarchivdaten – sie scheinen robust zu sein.“

Modelle für Prognosen 

Die Studie kombiniert erstmals Belege aus der frühen Erdklimageschichte mit umfassenden Computersimulationen unter Verwendung physikalischer Modelle aller vier Hauptquellen langfristigen Meeresspiegelanstiegs. Im 20. Jahrhundert stieg der Meeresspiegel um rund 0,2 Meter, und selbst die stärksten betrachteten Zukunftsszenarien projizieren deutlich weniger als zwei Meter in diesem Jahrhundert. Gleichzeitig deuten vergangene Klimaaufzeichnungen, die Meeresspiegel- und Temperaturänderungen über einen langen Zeitraum mitteln, daraufhin, dass in wärmeren Perioden der Erdgeschichte die Meeresspiegel deutlich höher waren.
Für die jetzt veröffentliche Studie nutzte ein internationales Team von Wissenschaftlern Daten aus Sedimenten vom Meeresgrund und vergangener Uferlinien von verschiedenen Küsten weltweit. Alle Modelle basieren auf grundlegenden physikalischen Gesetzen. „Wir haben schon vorher gezeigt, dass die Modelle in der Lage sind, Wachstum und Schmelzen der Eisschilde und Gletscher in der Vergangenheit zu reproduzieren” sagt Ben Marzeion, Glaziologe an der Universität Innsbruck und Mitautor der Studie. „Jetzt haben wir die gleichen Modelle benutzt, um zu untersuchen, wie sich die Erwärmung in der Zukunft auswirken wird.”

Anpassung notwendig

Während die Simulation rasanter Eisverluste von Grönland und der Antarktis immer noch eine große Herausforderung darstellt, sind die Modelle in der Lage, Eisverluste auf langen Zeitskalen gut zu erfassen – hier mitteln sich kurzfristige schnelle Schwankungen heraus.
Wenn die globale Durchschnittstemperatur um vier Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit steigt, was in einem Business-as-usual-Szenario in weniger als einem Jahrhundert passieren könnte, wird der antarktische Eisschild in den nächsten zwei Jahrtausenden etwa 50 Prozent des Meeresspiegelanstiegs beitragen, Grönland zusätzliche 25 Prozent. Die Wärmeausdehnung des Meerwassers, gegenwärtig der größte Anteil am Meeresspiegelanstieg, wird nur noch 20 Prozent beitragen und der Anteil von Berggletschern wird sich auf weniger als 5 Prozent beschränken, da viele von ihnen auf ein Minimum geschrumpft sein werden.
„Es wird eine Anpassung geben müssen“, sagt Levermann. „Fortwährender Meeresspiegelanstieg ist etwas, was wir nicht vermeiden können, wenn die globalen Temperaturen nicht zurückgehen. Gemessen in Legislaturperioden mag er zwar langsam sein, aber unausweichlich und somit wichtig für fast alles, was wir in Küstennähe bauen  – und das noch für viele kommende Generationen.“