Sorgt Holz für ein besseres Raumklima?

Ein neues Forschungsprojekt der Universität Innsbruck testet Raumluftqualität in Holzcontainern – die Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler um Michael Flach und Wolfgang Streicher erwarten eine im Vergleich zu Stahlcontainern höhere Luftqualität und eine entsprechende Auswirkung auf die Gesundheit.
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Die beiden Doppelcontainer aus Holz am Campus Technik. (Foto: Ulla Fuerlinger)

Das Hauptgebäude der Fakultät für Technische Wissenschaften am Campus Technik wird derzeit saniert. Die Forscherinnen und Forscher sind deshalb vor kurzem in das Containergelände am Campus gezogen, das auch schon Innsbrucker Gymnasien als Ausweichquartier für eine Generalsanierung gedient hatte. Für Univ.-Prof.  Michael Flach, Leiter des Arbeitsbereichs für Holzbau, ideale Voraussetzung für einen wissenschaftlichen Feldversuch: Auf dem Containergelände wurden zwei neue Doppelcontainer in Holzbauweise errichtet. „Zeitgleich mit der Umsiedelung der Fakultät in das Containerdorf untersuchen wir im Forschungsprojekt BIGCONAIR die Raumluftqualität in Containerbauten“, erklärt Michael Flach. Die Raumluft-Messungen werden über zwei Jahre regelmäßig erfolgen und die Luftqualität in herkömmlichen Stahlcontainern mit jener in den neuen Holzcontainern verglichen. Das Projekt wurde vergangene Woche auf einer Pressekonferenz vorgestellt.

Gesundheit als Wirtschaftsfaktor

„Die bestehenden Stahlcontainerbauten sind, als sie von Innsbrucker Gymnasien genutzt wurden, immer wieder in das Kreuzfeuer der Kritik geraten, weil die Anzahl von Krankheitsfällen sprunghaft angestiegen war und sich Schüler und Lehrer über Konzentrationsschwächen beklagten“, berichtet LH-Stv. ÖR Anton Steixner und fährt fort: „Wenn es uns mit unserem nachwachsenden heimischen Rohstoff Holz gelingt, einen Beitrag für die Errichtung gesunder Infrastruktur zu leisten, so haben wir ein wesentliches gesellschaftspolitisches Ziel erreicht“. Die Raumluftqualität in Büroräumen wirkt sich nicht nur entscheidend auf die Gesundheit, sondern auch auf das subjektive Wohlbefinden und die Arbeitseffizienz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Nicht zuletzt deshalb ist das Thema Gesundheit in Innenräumen ein relevanter Wirtschaftsfaktor. DI Rüdiger Lex, Geschäftsführer von proHolz Tirol (der Verein unterstützt den Holzbaulehrstuhl seit 2002), verweist in dem Zusammenhang auf zahlreiche Untersuchungen, die Innenräumen aus Holz, speziell solchen aus Zirbe, überaus günstige Auswirkungen auf den menschlichen Organismus attestieren.

Anfang 2013 startete das Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften der Universität Innsbruck deshalb zusammen mit der Holzforschung Austria (Wien) und 6 Betrieben (siehe unten) ein Bridge-Forschungsprojekt mit dem Synonym BIGCONAIR für baubiologische Containerentwicklung. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konzipierten hochwertige Holzmodule, die eine gezielte Auswahl gesundheitsfreundlicher Baustoffe in Verbindung mit energieeffizienten Wand- und Deckenelementen und kontrollierter Lüftung vorsehen.

Neben dem Arbeitsbereich „Holzbau“ ist auch der Arbeitsbereich „Energieeffizientes Bauen“ des Instituts für Konstruktion und Materialwissenschaften in das Projekt eingebunden. Das Team unter Univ.-Prof. Wolfgang Streicher sichert die bauphysikalische Qualität der neuen Holzcontainer, führt Langzeitmessungen des Innenraumklimas, des Temperatur-/Feuchteverhaltens der Wandaufbauten und des Benutzerverhaltens durch. Unter Verwendung dieser Daten werden vergleichende thermische Jahressimulationen für die verschiedenen Containerkonzepte unter sonst gleichen Randbedingungen durchgeführt und nach Behaglichkeitskriterien analysiert. „Wir sind schon sehr gespannt, in welchem Ausmaß die ökologischen Holzcontainer die erwarteten Verbesserungen in Bezug auf Raumklima und Behaglichkeit bringen und welche Schlussfolgerungen wir für die Zukunft des Containerbaus ableiten können“, sagt Wolfgang Streicher.

Zwei Doppelcontainer

Zwei Doppelcontainer wurden auf dem Gelände der Containersiedlung aufgebaut. Einer der beiden Container mit 26 Quadratmetern Nutzfläche wurde in Massivholzbauweise, ein weiterer in Holzständerbauweise mit innenseitigem Lehmverputz ausgeführt. Als Dämmstoffe wurden Naturstoffe wie Hanf und Schafwolle eingesetzt. „Zusätzlich planen wir, einen bestehenden Stahlcontainer mit einer innenliegenden Dämmung und Lehmverputz nachzurüsten“, kündigt Michael Flach an. Über Feuchtigkeits- und Temperatursonden sowie Luftmessungen und Probeentnahmen sollen zwei Jahre lang die wichtigsten Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit, Kohldioxyd und VOC (volatile organische Komponenten) gemessen und toxikologisch analysiert werden. Gemessen wird auch der Heizenergieverbrauch. Diese Untersuchungen vergleichen einerseits die unterschiedlichen Bauweisen der Holzcontainer miteinander, andererseits werden die Unterschiede zwischen den Holzcontainern und den bestehenden Stahlcontainern erfasst.

„Unser Ziel ist, fundierte Aussagen über die Zusammenhänge zwischen Materialwahl und Bauweise einerseits und den Raumluftparametern andererseits abzuleiten“, sagt Michael Flach. Außerdem soll die Frage geklärt werden, welche Investitionen und Maßnahmen notwendig sind, um das Wohlbefinden und somit die Leistung in Arbeitsräumen deutlich zu erhöhen – und das in Bezug auf Modulbauweisen mit nachwachsenden Rohstoffen. Die wirtschaftliche Bedeutung ergibt sich nicht nur in Bezug auf eine erhöhte Raumluftqualität, sondern auch auf eine deutliche Zunahme modularer Bausysteme in der Zukunft. „Wir erwarten, dass sich die Nachfrage nach Auslagerungsbauten für Gebäudesanierungen, Notquartiere nach Umweltkatastrophen und urbaner Nachverdichtung stark erhöhen wird“, sagt Michael Flach. „Und überdies lässt sich mit temporär errichteten Containern flexibel auf demographische Entwicklungen reagieren“, meint Rüdiger Lex und ergänzt: „Innovative Unternehmen, wie die Firmenpartner des vorliegenden Projekts, verfügen mit ihren flexiblen Unternehmensstrukturen über beste Voraussetzungen, um in diesem Wachstumsmarkt Fuß fassen zu können.“