Vorgestellt: Bilder berechnen
Es ist ein häufiges Problem für Hobbyfotografen: Die Kamera ist nicht ganz still, das Bild verwischt. Um aus so einem Bild mit Bewegungsunschärfe eine herzeigbare Fotografie zu generieren, sind komplizierte Rechenoperationen nötig – die Mathematik bezeichnet solche Fälle als inverse Probleme. „Ein inverses Problem liegt dann vor, wenn wir von einem beobachteten Ergebnis auf dessen Ursache rückschließen wollen“, erklärt Prof. Markus Haltmeier. Er ist seit Oktober 2012 Professor für Mathematik an der Universität Innsbruck, inverse Probleme gehören zu seinen Forschungsinteressen. „Auch wenn Bewegungsrichtung und -grad unbekannt sind, lässt sich aus durch Bewegung verursachten unscharfen Fotos durchaus ein verwertbares Bild berechnen“, erklärt der Mathematiker.
Bildgebende Verfahren
Die Berechnung von möglichst detaillierten Bildern steht auch sonst im Zentrum der Forschung von Markus Haltmeier: Er beschäftigt sich vor allem mit bildgebenden Verfahren, die unter anderem in der Medizin und der Biologie eingesetzt werden. „Die Messdaten eines Computertomographen in Diagnosebilder umzuwandeln ist ein klassisches Beispiel für ein inverses Problem: Man schließt dabei aus Messungen von außen auf den Zustand im Inneren eines Körpers“, erklärt der Mathematiker. Hier stehen Algorithmen im Mittelpunkt, die Messwerte in erkennbare Bilder umwandeln. Ähnliches gilt für andere bildgebende Verfahren, etwa die Ultraschallbildgebung oder die Magnetresonanztomografie (MRT). „Bei der Magnetresonanztomografie ist eine aktuelle Frage, wie wir es schaffen, auch Bewegungen zu erfassen“, sagt Markus Haltmeier. Hier ist vor allem die Bildrate der Aufnahmen entscheidend, die allerdings technisch rasch an ihre Grenzen stößt. „Bei dieser dynamischen Variante der MRT ist eine Herausforderung, aus relativ wenigen Daten eine dennoch hohe Bildqualität mit einer hohen Bildrate zu erhalten.“ Erreicht wird das durch neue Berechnungsmethoden, die Mathematiker wie Markus Haltmeier entwickeln.
Ein relativ junges bildgebendes Verfahren, an dem der Mathematiker forscht, ist die photoakustische Tomographie: „Hier wird mit Hilfe von Lichtwellen Schall im Untersuchungsgegenstand erzeugt, zum Beispiel in einem menschlichen Körper. Unterschiedliche Gewebeteile ‚klingen’ unterschiedlich, und unsere Aufgabe ist es, diese Schallwellen in Bilder umzurechnen.“ Die photoakustische Tomographie hat einen großen Vorteil: Sie ist für den menschlichen Körper ungefährlich, es wird etwa im Gegensatz zur herkömmlichen Computertomografie keine in höheren Dosen gefährliche Strahlung eingesetzt. „Hier wird mit elektromagnetischer Strahlung im nahen Infrarotbereich gearbeitet, das ist vollkommen harmlos.“ Vor einem breiten Einsatz der Technik sind allerdings noch einige Probleme zu lösen: „Wir arbeiten noch allgemein an der Verbesserung von Auflösung und Kontrast der Aufnahmen. Und schließlich geht es auch darum, nicht nur ein Bild zu erhalten, sondern auch sagen zu können, was genau sichtbar ist – daran, solche quantitativen Aussagen aus den Schalldaten berechnen zu können, arbeiten wir noch.“
Verbindung zu Physik und Technik
An seinem Forschungsgebiet fasziniert Markus Haltmeier die Verbindung zwischen Mathematik einerseits und Technik und Physik andererseits. Der 1977 geborene Tiroler hat in Innsbruck Mathematik und Physik studiert, nach Forschungsaufenthalten in Wien und Göttingen kehrte er im Herbst 2012 wieder nach Innsbruck zurück. „Bei meiner Forschung stehen immer auch praktische Probleme und deren Lösung im Vordergrund, das gefällt mir“, sagt der Forscher, der seit kurzem auch das Institut für Mathematik leitet. „Ich bin froh, wieder zurück in Innsbruck zu sein und will dazu beitragen, den hohen Standard der hiesigen Mathematik zu halten.“