Weltklima ändert sich grundlegend
In Stockholm wurde in den vergangenen Tagen hart um jedes Wort gerungen. Bis spät in die Nacht saßen sich Klimaexperten und Regierungsvertreter gegenüber, um die Formulierung der 30-seitigen Zusammenfassung zu verhandeln. Der 5. Bericht zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels fasst den derzeitigen Wissensstand zusammen und wurde von 259 Expertinnen und Experten aus 38 Ländern erstellt. Als einziger österreichischer Hauptautor war der Glaziologe Georg Kaser vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck an den dreijährigen Vorbereitungsarbeiten beteiligt. Dabei haben die Wissenschaftler Tausende Studien gesichtet und über 50.000 kritische Kommentare von Gutachtern berücksichtigt. Die Zusammenfassung enthält die politisch relevanten Ergebnisse, der tausendseitige Bericht wird am Montag veröffentlicht.
Mensch der Hauptverursacher
Der menschliche Einfluss auf das Klimasystem steht nach dem aktuellen Bericht außer Zweifel. Es sei extrem wahrscheinlich, dass die Menschheit die wichtigste Ursache für die seit Mitte des 20. Jahrhunderts beobachtete Erderwärmung ist. Neue und bessere Beobachtungsmethoden und ein besseres Verständnis der Klimaprozesse untermauern diese Erkenntnis. Die Entwicklungen seit 1950 seinen beispiellos in der Klimageschichte der letzten Jahrtausende. Die Erdoberfläche war in jedem der vergangenen drei Jahrzehnte wärmer als zuvor. „Die von uns konstatierten Veränderungen des Klimasystems basieren auf mehreren unabhängigen Beobachtungen. So haben sich die Atmosphäre und die Weltmeere erwärmt, das Volumen von Schnee und Eis ist zurückgegangen, der Meeresspiegel ist angestiegen und die Konzentration der Treibhausgase ist ansteigend“, sagt Georg Kaser. Ein weiterer Ausstoß von Treibhausgasen wird die Erde zusätzlich erwärmen und das Klimasystem weiter verändern. Um den weiteren Klimawandel zu begrenzen, ist deshalb eine grundlegende und nachhaltige Reduktion der Treibhausgase notwendig.
Folgen über Jahrhunderte zu spüren
Laut dem aktuellen Weltklimabericht wird sich die Erde bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich um mehr als 1,5 Grad erwärmen, wenn das optimistischste Szenario zugrunde gelegt wird. In zwei weniger optimistischen Szenarien steigt die Temperatur um mehr als 2 Grad, im ungünstigsten, aus heutiger Sicht gar nicht unrealistischen Szenarium, gegen 4 Grad. Hitzewellen werden zunehmen und länger andauern und feuchte Regionen generell noch mehr Niederschlag erhalten. Der Anstieg des Meeresspiegels wird sich noch schneller vollziehen als in der Vergangenheit.
Diese Vorhersagen basieren auf vier neuen Szenarien zukünftiger Treibhausgaskonzentrationen, wobei der Bericht Veränderungen auf globaler und regionaler Ebene für das frühe, das mittlere und das späte 21. Jahrhundert analysiert. „Als Ergebnis der Treibhausemissionen in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft wird sich das Klima auch in Zukunft verändern und Effekte werden noch in vielen Jahrhunderten zu spüren sein, auch wenn wir die Kohlendioxidemissionen sofort stoppen“, betont Georg Kaser.
Klimaexperte Georg Kaser
Georg Kaser forscht am Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck und beschäftigt sich vor allem mit den Entwicklungen von Gletschern in subtropischen und tropischen Regionen in Asien, Afrika und Südamerika. Er hat bereits an der Erstellung des vierten Weltklimaberichts als Hauptautor mitgewirkt. Dieser wurde im Jahr 2007 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im selben Jahr erhielt der Weltklimarat für seine Bemühungen den Friedensnobelpreis.