Ribozym-Struktur aufgeklärt
Anfang dieses Jahres berichtete eine amerikanische Forschergruppe über die Entdeckung eines neuen Ribozyms. Diese RNA-Moleküle haben eine katalytische Wirkung, das heißt sie können chemische Reaktionen in der Zelle beschleunigen. Früher war man davon ausgegangen, dass nur Proteine über diese Eigenschaft verfügen. Eine neue Erkenntnis, die 1989 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde. „Die Entdeckung eines neuen Ribozyms sorgte in diesem Jahr für einiges Aufsehen“, berichtet Prof. Ronald Micura vom Institut für Organische Chemie und Centrum für Molekulare Biowissenschaften (CMBI) der Universität Innsbruck. „International war das Interesse groß, die Struktur und die Funktionsweise dieser neuen Ribozymklasse aufzuklären.“ Schon im Februar diskutierte Micura mit seinem Kooperationspartner Prof. Dinshaw Patel am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York Möglichkeiten, in diesem Wettbewerb mitzumischen. Im Juli und August veröffentlichten dann zwei Arbeitsgruppen – darunter auch jene von Nobelpreisträger Thomas A. Steitz – Strukturbeschreibungen des neu entdeckten RNA-Moleküls. „Beide Arbeiten erfassen aber nicht die aktive Struktur des Moleküls und können damit die katalytische Funktion letztlich nicht erklären“, fasst Micura zusammen. In einer in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten eigenen Arbeit präsentieren er und seine Kooperationspartner nun erstmals genau dies: eine aktive Strukturform des Ribozyms.
Am richtigen Hebel angesetzt
Das neue Ribozym ist weitverbreitet und kommt in Bakterien als auch in Eukaryoten vor. Es ist sowohl für biotechnologische Anwendungen als auch für die medizinische Forschung von Bedeutung. Wie auch manche andere Ribozyme, schneidet sich dieses Molekül selbst auseinander, um sich seine endgültig funktionsfähige Form zu geben. Wie dieser Prozess des Auseinanderschneidens genau abläuft, wird nun auf Basis der Struktur verständlich. Denn das Team um Micura hat das Ribozyms in einer aktiven Form gefangen. Seiner Mitarbeiterin Marija Košutić ist dies gelungen, weil sie ihrer Analyse folgend das Molekül an einer unkonventionellen Domäne chemisch verstärkt hat, anders als die anderen Forschungsgruppen. „Dies ist notwendig, um das sehr flexible Molekül zu kristallisieren, gleichzeitig darf die Verstärkung aber nicht den funktionell wichtigen Teil des Ribozyms beeinträchtigen. Erst dann können wir mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse die entscheidenden Antworten erhalten“, erläutert Micura. „Und es zeigt sich, dass wir die richtige Position dafür ausgewählt haben. Die Geometrie des aktiven Zentrums, die wir hier finden, kann mit der klassischen Reaktionslehre in Einklang gebracht werden, nämlich jener für einen sogenannten in-line Angriff. Auch können wir das Metall-Ion nachweisen, das für den Schneidevorgang notwendig ist, und das der Konkurrenz ebenfalls entgangen ist.“ In Zukunft wollen die Forscher um Micura dieses Ribozym als Werkzeug für die synthetische Biologie nutzbar machen.