Vorgestellt: Mikroelektronik - die Technologie, die uns umschließt
„Die Mikroelektronik ist ein Zweig der Elektronik, der den Entwurf und die Herstellung von integrierten elektronischen Schaltungen mit hoher Dichte der sehr kleine Bauelemente zum Gegenstand hat“, so zitiert Thomas Ußmüller die Definition seines Forschungsgegenstandes aus dem Duden. Der Wissenschaftler forscht in jenem Bereich der Elektronik, der scheinbar unsichtbar ist, unser Leben jedoch prägt, erleichtert und gestaltet. „Die Mikroelektronik ist die Basistechnologie für eine Vielzahl von Innovationen in unterschiedlichsten Bereichen. Sie bildet die Grundlage für neue Systeme in der Medizin, in der Automobiltechnik, in der industriellen Automatisierung wie auch im Endkundenbereich“, erklärt der Spezialist für Mikroelektronik. Für Ußmüller ist es wichtig, nicht nur an der elektronischen Schaltung zu arbeiten, sondern den Forschungsprozess bis zum fertigen System zu begleiten. Die wissenschaftlichen Arbeiten der Arbeitsgruppe sollen möglichst experimentell ausgerichtet sein. Dies beinhaltet für den Wissenschaftler, von der Idee bis zum fertigen Chip selbst an den Projekten zu arbeiten. Ußmüller betont: „Die Mikroelektronik nimmt eine Schlüsselrolle für alle modernen elektronischen Systeme ein. Sie ist auch eine wichtige Verknüpfung und Schnittstelle zu anderen Bereichen der Elektronik, Sensorik, Nachrichtentechnik, Hochfrequenztechnik, Automatisierungstechnik und Mechatronik. Diese Interdisziplinarität sowie die unzähligen Anwendungsbereiche und Applikationen machen die Entwicklung neuer Technologien besonders spannend.“
Mikroelektronik steigert die Lebensqualität
Der demographische Wandel prägt nicht nur das Bild unserer Gesellschaft, sondern beeinflusst vor allem auch Kranken- und Pensionskassen. Neue technologische Ansätze werden nötig, um den zunehmenden älter werdenden Menschen einen hohen Standard in der Krankenversorgung zu gewährleisten. Ußmüller betont, dass hier vor allem auch die kontinuierliche Kontrolle wichtiger Vitalfunktionen mittels implantierbarer Systeme ein wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge werden könnte. Diese kleinen implantierten Systeme würden autonom mit Energie versorgt und drahtlos ausgelesen. „Aus Forschungssicht ist es eine besonders interessante Herausforderung, den Funkkanal zwischen Implantat und externem Sender zu optimieren. Aufgrund der elektromagnetischen Eigenschaften des Körpers müssen diese Systeme speziell an das Körperumfeld angepasst werden“, so der Wissenschaftler. Ein weiterer wichtiger Zweig der Medizinelektronik ist die Verbesserung der Lebensbedingungen für physisch beeinträchtige Personen. Ein großes Interesse von Ußmüller, Inhaber einer Stiftungsprofessur der Firma Med-EL, ist die Verbesserung und Weiterentwicklung der Cochlea Implantate der Firma, die tauben Patientinnen und Patienten das Hören wieder ermöglichen. Ein Teil des Implantates wird in die Hörschnecke im Innenohr eingefädelt, das Informationen und Daten von dem am Außenohr angebrachten Mikrofonen aufnehmen, und in elektrische Impulse umwandeln kann. Diese Technologie ermöglicht es Menschen, wieder zu hören und aktiv am Leben teilhaben zu können. Auch bei diesen Implantaten erfolgt die Energie- und Datenübertragung drahtlos, dessen Optimierung eine große Herausforderung für den Wissenschaftler ist. Große Pläne für die Umsetzung hat Ußmüller bereits.
Drahtlose Kommunikation
Ußmüller erklärt eine besondere Technologie, mit der es möglich ist, ein System zu betreiben, das die benötigte Energie nicht aus einer externen Quelle, wie beispielsweise einer Batterie, sondern aus der elektro-magnetischen Welle generiert. Gemeint ist damit die sogenannten RFID, Radio Frequency Identification. „Diese Systeme unterscheiden sich von gewöhnlichen drahtlosen Kommunikationssystemen grundlegend in der Art und Weise, wie Informationen übertragen werden. Anstelle einer aktiven Sendeschaltung setzen diese Systeme auf eine gesteuerte Reflexion der elektromagnetischen Welle“, erklärt der Wissenschaftler. „Aus Anwendungssicht ist hierbei insbesondere der Verzicht auf eine Batterie zur Energieversorgung des Systems zu nennen. Dies impliziert allerdings ein äußerst geringes Leistungsbudget der integrierten Schaltungen, welches typischerweise 10 mW nicht überschreiten sollte“, verdeutlicht Ußmüller. Diese kleine Größe veranschaulicht der Wissenschaftler mit dem Vergleich einer Glühbirne und der genannten kleinen Leistung von 10 mW: „Nimmt man dieselbe Leistung mit der man eine herkömmliche 100-Watt-Glühbirne betreiben kann, dann sollten mit derselben Leistung zehn Millionen dieser kleinen Funksysteme betrieben werden können.“ Bisher können mit solch kleinen Leistungen beispielsweise Chips zum Öffnen einer Tür mit Energie versorgt werden. In der Forschung wird stark daran gearbeitet, die Reichweiten solcher Chips auszubauen und weitere Funktionen zu integrieren. „Ein Ziel wird es sein, zusätzliche Sensoren, Möglichkeiten zu einer Lokalisierung des Chips oder auch verschlüsselte Datenübertragungen möglich zu machen“, begeistert sich der Wissenschaftler. Mit diesen neuen Möglichkeiten ergeben sich eine Vielzahl von Herausforderungen und Fragestellungen für die weitere Forschung.
Fledermäusen auf die Flügel geschaut
Die Mikroelektronik ist besonders für interdisziplinäre Arbeiten prädestiniert. Ein Forschungsprojekt, das Ußmüller bereits an der Universität in Erlangen durchgeführt hat, verbindet die Biologie und Informatik mit den Möglichkeiten, die die Elektronik bietet. Dabei geht es darum den Biologinnen und Biologen zu helfen, das noch weitgehend unerforschte Sozialleben von Fledermäusen zu untersuchen. „Die Kolleginnen und Kollegen aus der Biologie haben sich an uns gewandt und uns gebeten ein System zu entwickeln, das diesen Anforderungen gerecht wird“, so Ußmüller. Die Schwierigkeit habe darin bestanden, einen Chip zu entwickeln, der nur maximal zehn Prozent des Körpergewichts einer Fledermaus entsprechen darf. „Bei den besonders leichten und wendigen Tieren sprechen wir von einem Gewicht von 20 Gramm, wobei die Elektronik, der ihnen auf den Rücken geklebt werden soll, nur zwei Gramm schwer sein darf. Dies war eine besondere Herausforderung für uns“, führt der Wissenschaftler aus. Mit dem entwickelten Chip sollte es möglich sein, die Flugbahnen der Fledermäuse sowie deren soziale Interaktion aufzuzeichnen. Da sich der Experte für eine möglichst energiesparende Variante entschieden hat, bedarf es eines Sensors auf der Fledermaus sowie einer Basis auf der Erde. „Wir haben uns einen Teil im Gelände ausgesucht, in dem die Fledermäuse besonders häufig anzutreffen sind. Jedes Mal, wenn sie sich dort aufhalten, werden die Daten, die der Chip gespeichert hat, an die Bodenstation geschickt. Mit Hilfe der Informatiker konnten die Ergebnisse dann ausgewertet werden“, führt Ußmüller aus.
Zur Person
Nach seinem Studium der Elektrotechnik an der Universität in Erlangen entschied sich Thomas Ußmüller für seine Promotion auf dem Gebiet mikroelektronischer Schaltungen für Industriesensorik. Diese konnte er im Jahr 2011 erfolgreich abschließen. Schon während seiner Promotion war er sieben Jahre Lang, bis 2014, Gruppenleiter im Chip-Design am Lehrstuhl für Technische Elektronik an der Universität Erlangen-Nürnberg unter Professor Weigel. Vor seiner Berufung als Professor war Ußmüller Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck. Seit März 2014 ist er neu berufener Professor für Mikroelektronik und implementierbare Systeme an der Universität Innsbruck.