Energie für die Ewigkeit

Mithilfe des Sonnenlichts suchen Chemiker der Uni Innsbruck nach einem Weg zur Herstellung von Wasserstoff. Das Element ist einer deraussichtsreichsten Kandidaten für einen erneuerbaren und speicherbaren Energieträger der Zukunft.
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Versuchsaufbau zur Wasserstoff-Produktion: In Bestrahlungseinheiten wird die Lösung von Wasser verschiedenen Lichtsorten ausgesetzt. Bild: Andreas Friedle

Die durch Solarzellen und Windräder produzierte Energie gilt als einer der wichtigsten Grundpfeiler auf dem Weg zur Energiewende. Sowohl Sonne als auch Wind leisten wertvolle Dienste und können an manchen Stellen bereits einen Teil der erforderlichen Energieversorgung übernehmen. Zwei entscheidende Nachteile bringen sie allerdings dennoch mit sich: Sie schwanken in ihrer Verfügbarkeit und lassen sich nur schwer speichern. Die Forschungsarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt führte vor etwa 15 Jahren zu einer Wiederaufwertung von Wasserstoff: Das Element hatte sich als vielversprechende Alternative zu bereits bekannten erneuerbaren Energieträgern herauskristallisiert. „Wasserstoff zeichnet sich durch eine überdurchschnittlich hohe Energiedichte aus und lässt sich sehr gut speichern. Er kann in Brennstoffzellen zur effizienten Erzeugung von Energie eingesetzt werden und hinterlässt bei seiner Verbrennung als einziges ‚Abfallprodukt’ Wasser“, erklärt Christof Strabler die Vorteile des klimaneutralen Brennstoffes. Der Chemiker forscht im Team von Peter Brüggeller am Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie bereits seit mehreren Jahren im Gebiet der Wasserstofferzeugung. Während Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzellen bereits weit entwickelt sind und einsatzbereit wären, liegt die Herausforderung noch in der umweltschonenden Herstellung von Wasserstoff. Denn dazu wird gegenwärtig noch in erster Linie auf die Kohlenwasserstoffe in fossilen Brennstoffen zurückgegriffen. „Reiner Wasserstoff kommt in der Natur praktisch nicht vor. Wir müssen für eine nachhaltige Produktion Alternativen zu Erdöl und Erdgas finden, denn Wasserstoff kann nur so ‚grün’ sein, wie die Rohstoffe, die für seine Herstellung nötig sind“, verdeutlicht Strabler. Die Chemiker bedienen sich dazu der unerschöpflichen Energie der Sonne. Das Innsbrucker Team rund um Peter Brüggeller an der Uni Innsbruck engagiert sich sowohl im Bereich der Grundlagenforschung als auch in konkreten Anwendungsgebieten. Die Zusammenarbeit mit Kollegen an der Johannes Kepler Universität Linz sowie an der Universität Strasbourg in Frankreich zeichnet sich durch ein gegenseitiges Profitieren und Ergänzen in der apparativen Ausstattung aus. Gemeinsam mit dem Energieunternehmen Verbund AG arbeiten die Forscher an marktfähigen Lösungen. Ziel ist die Stärkung der Energieforschung in Österreich und eine internationale Positionierung. Die Projekte werden von der FFG, der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, unterstützt. 

Wasserspaltung

Vorbild ist die Natur. „Pflanzen sind dazu in der Lage, Sonnenlicht in Energie umzuwandeln. An diesen Prozessen orientieren wir uns und arbeiten mit einer Art von künstlicher Photosynthese“, sagt Strabler. Das Sonnenlicht soll dabei helfen, ohne Zwischenschritte direkt aus Wasser Wasserstoff und damit einen langfristig speicherbaren Energieträger herzustellen. Um das zu erreichen, ist eine Spaltung des Wassers in seine Bestandteile erforderlich. „Unter bestimmten Bedingungen ist das Sonnenlicht dazu in der Lage, Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten“, so Christof Strabler. „Das mag im ersten Moment vielleicht banal klingen, aber aufgrund der Komplexität des Systems ist die Suche nach diesen idealen Bedingungen eine enorm große Herausforderung“. Damit die so genannte photokatalytische Wasserspaltung, also eine durch Licht ausgelöste chemische Reaktion, einsetzen kann, wird das Wasser mit einem Stoff versetzt, der mit Sonnenlicht interagiert. Seit Anfang der 70er Jahre ist bekannt, dass diese Interaktion durch die Beisetzung von metallischen Stoffen in Gang gesetzt werden kann. „Die ersten Experimente wurden damals – wahrscheinlich aus Prestigegründen – mit Palladium durchgeführt“, erzählt Strabler. „Die Wasserspaltung durch Sonnenlicht in durch dieses Edelmetall angereichertem Wasser ist bereits relativ gut erforscht und hat zu einem besseren, grundsätzlichen Verständnisses dieser Prozesse einen wichtigen Beitrag geleistet.“ Einziges Problem: Palladium ist teurer als Gold. Da das Ziel eine kostengünstige Produktion in großen Mengen ist, handelt es sich dabei um keine gangbare Option. „Wir arbeiten hauptsächlich mit Kupfer, Eisen und Nickel“, verdeutlicht der Chemiker. In Laborversuchen werden diese kostengünstigeren Metalle im Ausmaß von wenigen Milli- oder Mykrogramm in Lösung dem Wasser beigegeben. „Diese Lösung wird anschließend in speziellen Kammern mit Sonnenlicht bestrahlt“, sagt Strabler. Gelingt die Spaltung, wird der in gasförmiger Form entstehende Wasserstoff „eingefangen“.

Komponenten

Um Wasser auf molekularer Ebene photokatalytisch zu spalten, setzen die Chemiker auf ein System aus mehreren Komponenten, das an den Vorgängen in der natürlichen Photosynthese angelehnt ist. Vergleichbar mit dem Blattgrün bei Pflanzen übernehmen die zugesetzten, gelösten Metallkomplexe die Funktion eines so genannten Chromophors, der die Energie des Lichts zunächst aufnimmt. In einem weiteren Schritt wird diese Energie an einen Katalysator weitergegeben, der die Entstehung von Wasserstoff und Sauerstoff in Gang setzt. In der Natur wiederholt sich dieser Zyklus alle vier bis fünf Minuten, für die angestrebte Produktion in großem Maßstab ist diese Dauer viel zu kurz. „Wir versuchen die Reaktion möglichst lange stabil zu halten, im Moment liegen wir bei einem bis mehrere Tage“, so Strabler. Die Forscher arbeiten dabei im Unterschied zu vielen anderen Arbeitsgruppen in einem insgesamt homogenen System: Alle Komponenten zur Wasserspaltung liegen in einer homogenen Lösung vor. Die Komplexität der Forschungsarbeit der Chemiker ergibt sich aber nicht nur aus der Suche nach der „besten“ Lösung von Wasser, sondern umfasst auch das Licht selbst. „ Wir variieren die Wellenlängen des Lichts und arbeiten in den Bestrahlungskammern im Moment noch mit verschiedenen Lichtarten. Langfristiges Ziel ist aber die Entwicklung von Chromophoren und Katalysatoren, die einen möglichst großen Teil des Sonnenspektrums ausnutzen“. Christof Strabler ist daher als Teil des Teams am Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie mit vielen Fragen konfrontiert, die sich nur Schritt für Schritt lösen lassen. Die endgültige Abkehr von fossilen Energieträgern und die Etablierung einer Wasserstoff-Wirtschaft ist noch ein Zukunftsszenario. „Das Ziel einer nachhaltigen Lösung der Energieprobleme unserer Gesellschaft vor Augen lohnt es sich aber diesen manchmal auch steinigen Weg zu gehen“, betont Strabler. „Unser Prinzip lautet - oder muss lauten: try and error“. 

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins „zukunft forschung“ erschienen. Eine digitale Version ist hier zu finden.