Komplexen Dynamiken auf der Spur
Welche Phänomene die Quantenmechanik in Materialien erzeugen kann, erforscht die Arbeitsgruppe um Andreas Läuchli am Institut für Theoretische Physik der Uni Innsbruck. „Solche Effekte erklären zum Beispiel, warum Hochtemperatursupraleiter Strom auch bei vergleichsweise hohen Temperaturen widerstandslos leiten können, über welche Eigenschaften Spin-Flüssigkeiten verfügen und wie sich Quantenmagnete verhalten“, sagt Prof. Läuchli. Neben den Festkörpern interessiert sich sein Team auch für die Eigenschaften von ultrakalten Quantengasen, wie sie von mehreren experimentellen Forschungsgruppen in den Labors an der Universität Innsbruck untersucht werden. Diese Quantengase werden heute auch bereits dazu genutzt, quantenphysikalische Prozesse in Festkörpern zu simulieren.
Ausgehend von theoretisch-konzeptionellen Überlegungen erarbeitet die Forschungsgruppe um Andreas Läuchli vereinfachte Modelle für die zu untersuchenden physikalischen Phänomene und simuliert die Prozesse dann mit Hilfe von Supercomputern. „Unsere Forschung basiert sehr stark auf der Arbeit mit Computern“, erzählt Läuchli. „Wir können heute mit modernen Hochleistungsrechnern auch sehr komplexe Vorgänge in bestimmten physikalischen Systemen über eine gewisse Zeit hinweg simulieren und aus den Ergebnissen Schlussfolgerungen über deren physikalischen Eigenschaften ableiten.“ Oft sehr viel später erst werden diese Erkenntnisse dann auch im Labor beobachtet und bestätigt.
Korrelationen breiten sich unterschiedlich schnell aus
In einer aktuellen Forschungsarbeit haben Andreas Läuchli und PostDoc Lars Bonnes Dynamiken von Quantensystemen untersucht, die aus dem Gleichgewicht geraten. Dazu studierten die Physiker, wie eine sogenannte Spin-Kette – eine eindimensionale Kette von Quantenteilchen – durch eine abrupte Änderung der Wechselwirkung aus dem Gleichgewicht gerät. „Das erzeugt eine sehr komplexe Dynamik, die nicht ohne weiteres verstanden werden kann. Wir haben uns zum Beispiel angesehen, wie sich die Korrelationen in einem solchen System ausbreiten“, erklärt Lars Bonnes. Schon bisher war bekannt, dass sich die quantenmechanischen Korrelationen in einer Art Schockwelle ähnlich einem Lichtkegel fortpflanzen. Mit Hilfe von Simulationen konnten die Innsbrucker Theoretiker aber zeigen, dass die Geschwindigkeit der Schockwelle von jener Energie abhängt, die in das System eingebracht wird. Dass es sich dabei nicht um ein Artefakt der Studie handelt, sondern um einen wirklichen physikalischen Effekt, konnten die Physiker schließlich gemeinsam mit Fabian Essler von der Oxford University zeigen. „Die Energiedichte im System beeinflusst tatsächlich die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schockwelle“, fasst Andreas Läuchli das überraschende Ergebnis zusammen. Für die Modellierung ihrer Simulation haben die Innsbrucker Theoretiker erstmals auch jene Methode, die für die Berechnung solcher Dynamiken zum Einsatz kommen, wesentlich erweitert.
Die Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht und unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsministerium und dem Wissenschaftsfonds FWF finanziell unterstützt.