Südströmung brachte eiszeitlichen Niederschlag
Traditionell arbeiten Paläoklimatologen mit verschiedenen Archiven wie bespielsweise Baumringen, Seesedimenten oder Eiskernen, um das Klima vergangener Zeiten zu rekonstruieren. „Für den Zeitraum der letzten Eiszeit, die vor rund 25 000 Jahren stattgefunden hat, wurden die meisten Archive allerdings durch die Erosion der Gletscher zerstört“, erläutert Marc Luetscher. Aus diesem Grund greifen Geologen aus der Arbeitsgruppe um Univ.-Prof. Dr. Christoph Spötl am Institut für Geologie der Uni Innsbruck, der auch Marc Luetscher angehört, auf Tropfsteine in Höhlen zurück, um das Klima zu rekonstruieren. „Tropfsteine, die sich in Höhlen über lange Zeit bilden, und dort vor Erosion gut geschützt sind, enthalten klimatische Signale, die man mithilfe geochemischer Untersuchungen entschlüsseln kann“, erläutert Marc Luetscher. Aus dem Verhältnis zwischen dem leichteren und dem schweren Isotop des Sauerstoffs lassen sich zum Beispiel Rückschlüsse auf die klimatischen Bedingungen, wie z.B. Temperaturschwankungen, ziehen. Für die Altersdatierung werden in Zusammenarbeit mit einem Labor in Minnesota die Verhältnisse der Uran- und Thorium-Isotope analysiert. „ Diese Messungen ermöglichen uns beispielsweise eine 25 000 Jahre alte Probe auf etwa 100 Jahre genau zu datieren“ erklärt Luetscher die Methode.
Tropfsteine als Klimaarchiv
Für seine Untersuchungen wählte der Geologe Tropfsteine aus einer Höhle im westschweizerischen Sieben Hengste Massiv. „Diese Tropfsteine entstanden zwischen circa 30 000 und 15 000 Jahren vor heute und decken damit den gesamten Zeitraum der letzten Eiszeit in den Alpen ab.“ Mithilfe dieser Analysen konnte das internationale Team um Marc Luetscher belegen, dass die Luftströmung im letzten Hochglazial hauptsächlich von Süden kam, das heißt, dass die Niederschläge vor allem auf der Südseite des Alpenhauptkamms stattgefunden und dort auch entsprechend zum Wachstum der Gletscher geführt haben. „Vor rund 25 000 Jahren herrschte also eine andere Luftströmung als heute, wo die Niederschläge am Alpennordrand hauptsächlich von Westen kommen“, so Luetscher. Daneben ermöglichen die Analysen eine genaue Datierung des Zeitintervalls, in dem die Vereisung stattgefunden hat. „Unsere Daten sprechen dafür, dass der Höhepunkt der letzten Eiszeit in den Alpen circa 3000 Jahre früher stattfand als bisher angenommen“, erläutert der Geologe. „Nun muss geklärt werden, ob es sich hier um ein regionales Phänomen handelt und welche Klimaantriebe dazu geführt haben.“