Vorgestellt: Innere Werte
Schimmelpilzen eilt ein schlechter Ruf voraus. „Oft zu Unrecht“, wie die Mikrobiologin Susanne Zeilinger-Migsich betont. „Sie sind essentiell für ein funktionierendes Ökosystem und bringen viele hilfreiche Eigenschaften für unser alltägliches Leben mit sich“. Bereits seit Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigt sich die Forscherin mit Trichoderma, einer weltweit verbreiteten Gattung von Schimmelpilzen. Während einige Arten dazu in der Lage sind, sehr effizient Holz abzubauen und zur industriellen Herstellung von Cellulasen herangezogen werden, verfügen andere über so genannte mykoparasitische Eigenschaften. „Jene Trichoderma-Arten, die mich besonders interessieren, befallen pflanzenschädigende Pilze und töten sie“, erklärt Zeilinger-Migsich. „Das macht sie interessant für einen Einsatz als biologische Pflanzenschutzmittel“. Ziel der Forscherin ist es, die Funktionsweise des Mykoparasitismus zu verstehen und jenen Mechanismus zu klären, der die Trichoderma ihre bevorzugten Wirte finden lässt.
Kommunizierende Pilze
Die Auswahl der „Opfer“ treffen Trichoderma-Mykoparasiten nicht willkürlich. Einige Arten werden parasitiert, andere nicht: „Hier handelt es sich um eine spezifische Erkennung, der eine gewisse Art von Kommunikation zwischen den beteiligten Pilzen zu Grunde liegt“, verdeutlicht die Mikrobiologin. Um die Mechanismen hinter dieser Kommunikation und Erkennung zu erforschen, blickt Zeilinger-Migsich in das Innere der Pilze und arbeitet auf molekularer Ebene. „Die Schimmelpilze verfügen über Rezeptoren in Form von Membran-Proteinen an ihren Zelloberflächen, mit denen sie ihre Umwelt erkennen können. Die Identifikation dieser Rezeptoren und die Interpretation der zellulären Antworten in den Pilzen während des Angriffs auf den Wirt sind einige meiner zentralen Forschungsfragen“. Die Forscherin möchte die bisher kaum verstandenen intrazellulären Vorgänge beleuchten, um viele bereits bekannte Eigenschaften der Trichoderma-Pilze überhaupt erst erklären zu können. Lohnend ist dieser Blick ins Detail nicht nur aufgrund des Einsatzes als umweltschonendes Pflanzenschutzmittel. Schimmelpilze stellen auch eine reichhaltige Quelle für Gene dar, die im Bereich der Entwicklung von Enzymen und Antibiotika zur Anwendung kommen. „Je besser wir ein System verstehen, desto gezielter kann es eingesetzt werden – auch ohne gentechnische Veränderungen“, ist die Mikrobiologin überzeugt. Hier sieht Susanne Zeilinger-Migsich künftig viele Anknüpfungspunkte zu Arbeiten der neuen Kolleginnen und Kollegen an der Innsbrucker biologischen Fakultät und dem Institut für Mikrobiologie.
Zur Person:
Susanne Zeilinger-Migsich, geboren 1969, studierte an der Universität Wien Mikrobiologie und Genetik. Nach ihrer Promotion im Jahre 1995 engagierte sie sich erfolgreich in der molekularen Pilzforschung und der Etablierung einer eigenen Arbeitsgruppe auf dem Gebiet der mykoparasitischen Pilz-Pilz Interaktion an der Technischen Universität Wien. 2013 folgte die Habilitation. Als Leiterin der Projektgruppe „Molekulare Biochemie der Pilze“ ist sie der TU Wien auch gegenwärtig noch verbunden. Im März 2015 folgte Zeilinger-Migsich dem Ruf an die Universität Innsbruck, wo sie am Institut für Mikrobiologie den Forschungsbereich für Mykologie leitet.
Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins „zukunft forschung“ erschienen. Eine digitale Version ist hier zu finden.