Über die Produktivkraft des Verbrechens

Zahlt sich Verbrechen aus? Dieser Frage ging Michael Zinganel, Architekt und Künstler, am Donnerstag Abend nach. Dabei untersuchte er das Verhältnis von Verbrechen und Architektur und dessen Veränderung nach dem 11. September. Eingeladen hatte der Arbeitskreis für Wissenschaft und Verantwortlichkeit und das Studio 1 des Instituts für Entwerfen.
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"Verbrechen zahlt sich sehr wohl aus. Nicht für die bedauernswerten Opfer, sondern für die Gesellschaft," so Michael Zinganel in Anlehnung an Karl Marx, demzufolge der Kapitalismus imstande ist, selbst seine Gegner für die eigenen Zwecke produktiv nutzbar zu machen. "So ist es der 'Verbrecher' der eine ganze Kette von Reaktionen produziert und so mehr zur Vermehrung des Nationalreichtums beiträgt als so manch anständigeres Gewerbe." Zinganel verdeutlichte diese provokante These an zahllosen historischen und aktuellen Beispielen, die sich alle um einen dominanten Sicherheitsdiskurs formieren. Daraus entsteht eine "Architektur der Angst", die von der kleinsten sicherheitstechnischen Innovation bis hin großen städtebaulichen Sicherungsmaßnahmen reicht.

Der 11. September hat diesen Trend verstärkt und dem Sicherheitsdiskurs neuen Auftrieb verliehen. Nutznießer sind wiederum die Polizisten, Politiker, Versicherungen, die Sicherheitsindustrie, Architekten, Stadtplaner und viele mehr, die sich der Produktivkraft des Verbrechens bedienen. Michael Zinganel schreibt mit seiner archäologischen Untersuchung des technisch-institutionellen Sicherheitssektors eine ganz neue Architekturgeschichte, die zum Teil überraschende Einblicke in die städtebauliche Entwicklung zeitgenössischer Metropolen erlaubt. In wenigen Wochen erscheint Zinganels neues Buch zu diesem Thema in der edition selene, Wien.