Die Zähmung der Sonnenenergie
Die Nutzung der Fusionsenergie rückt in erreichbare Nähe. In Kürze soll in einem internationalen Großexperiment der Nachweis erbracht werden, dass Kernfusion eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Alternative zur fossilen Energieerzeugung ist. iPoint sprach darüber mit Prof. Hannspeter Winter und Forschungsvizerektor Prof. Tilmann Märk.
iPoint: Herr Prof. Winter, Sie sind heute auf Einladung des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins in Innsbruck und berichten über die Fortschritte in der Fusionsforschung. Was wären die Vorteile einer Energieerzeugung auf Basis der Kernfusion?
Winter: Im Gegensatz zur Kernspaltung, die in nur drei Jahren von ihrer Entdeckung zur Umsetzung gelangte, wird an der Kernfusion schon seit fünfzig Jahren geforscht. Dieser vermeintliche Nachteil ist aber auch ein Vorteil. Während bei der Kernspaltung lange Zeit kaum Wert auf die Betriebssicherheit gelegt wurde, wird in der Kernfusion seit Jahrzehnten auch über mögliche Risiken geforscht. Bei der Fusion entsteht nur mittelbare Radioaktivität, die mit technischen Methoden in den Griff zu bekommen ist. Auch kann eine Kernfusion nicht außer Kontrolle geraten und damit sind Unfälle wie in Tschernobyl unmöglich.
iPoint: Warum sind Kernfusionskraftwerke dann nicht längst in Betrieb gegangen?
Winter: Die Nutzung der Kernfusion ist extrem schwierig, da die Wasserstoffkerne mit enorm hoher Energie aufeinandertreffen müssen, damit es zu einer Fusion kommt. Dies geschieht in einem sogenannten Plasma, das auf der Erde nur sehr schwer und unter hoher Energiezufuhr erzeugt werden kann.
Wir stehen nun vor einer großen Entscheidung. Das geplante Großexperiment ITER soll den Nachweis für die Nutzbarkeit der Kernfusion für die Energieerzeugung erbringen. Noch in diesem Jahr wird die EU-Kommission über den Standort für diesen Großversuch entscheiden. Spätestens 2015 soll dieser in Betrieb gehen und zeigen, dass bedeutend mehr Energie durch Kernfusion entsteht als für die Erzeugung und Betrieb des Fusionsplasmas erforderlich ist.
iPoint: Was ist der österreichische Beitrag zu diesem Projekt, das eine weltweit einzigartige Kooperation darstellt?
Märk: Österreich arbeitet seit 1996 über die Akademie der Wissenschaften am EU-Fusionsforschungsprogramm mit. Prof. Winter von der TU Wien ist es zu verdanken, dass Österreich hier so erfolgreich mit dabei ist. Seither fließen auch Forschungsgelder aus Brüssel, mit denen bisher nicht weniger als 150 Doktoranten unterstützt werden konnten, die wir sonst nicht finanzieren hätten können. Insgesamt gelangen so rund 2 Mio. Euro pro Jahr an Forschungsbudget nach Österreich.
iPoint: Prof. Winter, welche Rolle spielt Innsbruck in diesem Bereich?
Winter: Die Universität Innsbruck ist seit vielen Jahren ein Zentrum der Plasmaforschung und ist auch heute ein Mittelpunkt der österreichischen Bemühungen.
iPoint: Wann können wir mit dem Einsatz der ersten Fusionsreaktoren rechnen?
Winter: Wenn das Experiment ITER genehmigt wird - und davon gehe ich aus -, dann kann es spätestens 2015 in Betrieb gehen und wird in weiteren fünf bis zehn Jahren Ergebnisse liefern. Parallel dazu wird die Materialentwicklung vorangetrieben. 2040 könnten dann die ersten Prototypen gebaut werden. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird die Stromerzeugung mit Kernfusion dann alltäglich werden und einen bedeutenden Beitrag zur Grundlast in den Stromnetzen leisten. Damit könnte der Einsatz von fossile Brennstoffen reduziert werden. Kernfusion wäre eine ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energieressourcen, die stark schwankende Lasten erzeugen. Der zukünftig hohe Energiebedarf in den Entwicklungsländern lässt sich auf herkömmliche Weise nicht mehr decken. Die Kernfusion wird daher auch in diesen Ländern stark forciert. Das erste Kraftwerk wird deshalb wahrscheinlich auch in China entstehen.
iPoint: Prof. Märk, Sie haben seit kurzem den Vorsitz des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins übernommen, in dessen Rahmen der Vortrag von Prof. Winter stattfindet. Welche Bedeutung hat dieser Verein für Sie?
Märk: Den Naturwissenschaftlich-medizinischen Verein gibt es in Innsbruck bereits seit 1870. Für mich symbolisiert er den wesentlichen Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlicher und medizinischer Forschung. Nachdem die Medizin von der Stammuniversität abgetrennt wird, möchte ich - trotz meines dichten Terminplans - mit der Übernahme des Vorsitzes ein deutliches Signal setzen. Als Forschungsvizerektor bin ich für die Kooperation mit der Medizin verantwortlich.
Wesentliche Fortschritte in der Medizin wären ohne die naturwissenschaftlichen Grundlagen undenkbar. Es erstaunt deshalb auch nicht, dass der heurige Nobelpreis für Medizin an Naturwissenschaftler für die Entdeckungen im Zusammenhang mit der Abbildung durch Magnetresonanz vergeben wurde. Auch der Physik-Nobelpreis wurde für Entwicklungen vergeben, die direkte Anwendung in der Medizin fanden. (cf)
Winter: Im Gegensatz zur Kernspaltung, die in nur drei Jahren von ihrer Entdeckung zur Umsetzung gelangte, wird an der Kernfusion schon seit fünfzig Jahren geforscht. Dieser vermeintliche Nachteil ist aber auch ein Vorteil. Während bei der Kernspaltung lange Zeit kaum Wert auf die Betriebssicherheit gelegt wurde, wird in der Kernfusion seit Jahrzehnten auch über mögliche Risiken geforscht. Bei der Fusion entsteht nur mittelbare Radioaktivität, die mit technischen Methoden in den Griff zu bekommen ist. Auch kann eine Kernfusion nicht außer Kontrolle geraten und damit sind Unfälle wie in Tschernobyl unmöglich.
iPoint: Warum sind Kernfusionskraftwerke dann nicht längst in Betrieb gegangen?
Winter: Die Nutzung der Kernfusion ist extrem schwierig, da die Wasserstoffkerne mit enorm hoher Energie aufeinandertreffen müssen, damit es zu einer Fusion kommt. Dies geschieht in einem sogenannten Plasma, das auf der Erde nur sehr schwer und unter hoher Energiezufuhr erzeugt werden kann.
Wir stehen nun vor einer großen Entscheidung. Das geplante Großexperiment ITER soll den Nachweis für die Nutzbarkeit der Kernfusion für die Energieerzeugung erbringen. Noch in diesem Jahr wird die EU-Kommission über den Standort für diesen Großversuch entscheiden. Spätestens 2015 soll dieser in Betrieb gehen und zeigen, dass bedeutend mehr Energie durch Kernfusion entsteht als für die Erzeugung und Betrieb des Fusionsplasmas erforderlich ist.
iPoint: Was ist der österreichische Beitrag zu diesem Projekt, das eine weltweit einzigartige Kooperation darstellt?
Märk: Österreich arbeitet seit 1996 über die Akademie der Wissenschaften am EU-Fusionsforschungsprogramm mit. Prof. Winter von der TU Wien ist es zu verdanken, dass Österreich hier so erfolgreich mit dabei ist. Seither fließen auch Forschungsgelder aus Brüssel, mit denen bisher nicht weniger als 150 Doktoranten unterstützt werden konnten, die wir sonst nicht finanzieren hätten können. Insgesamt gelangen so rund 2 Mio. Euro pro Jahr an Forschungsbudget nach Österreich.
iPoint: Prof. Winter, welche Rolle spielt Innsbruck in diesem Bereich?
Winter: Die Universität Innsbruck ist seit vielen Jahren ein Zentrum der Plasmaforschung und ist auch heute ein Mittelpunkt der österreichischen Bemühungen.
iPoint: Wann können wir mit dem Einsatz der ersten Fusionsreaktoren rechnen?
Winter: Wenn das Experiment ITER genehmigt wird - und davon gehe ich aus -, dann kann es spätestens 2015 in Betrieb gehen und wird in weiteren fünf bis zehn Jahren Ergebnisse liefern. Parallel dazu wird die Materialentwicklung vorangetrieben. 2040 könnten dann die ersten Prototypen gebaut werden. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wird die Stromerzeugung mit Kernfusion dann alltäglich werden und einen bedeutenden Beitrag zur Grundlast in den Stromnetzen leisten. Damit könnte der Einsatz von fossile Brennstoffen reduziert werden. Kernfusion wäre eine ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energieressourcen, die stark schwankende Lasten erzeugen. Der zukünftig hohe Energiebedarf in den Entwicklungsländern lässt sich auf herkömmliche Weise nicht mehr decken. Die Kernfusion wird daher auch in diesen Ländern stark forciert. Das erste Kraftwerk wird deshalb wahrscheinlich auch in China entstehen.
iPoint: Prof. Märk, Sie haben seit kurzem den Vorsitz des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins übernommen, in dessen Rahmen der Vortrag von Prof. Winter stattfindet. Welche Bedeutung hat dieser Verein für Sie?
Märk: Den Naturwissenschaftlich-medizinischen Verein gibt es in Innsbruck bereits seit 1870. Für mich symbolisiert er den wesentlichen Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlicher und medizinischer Forschung. Nachdem die Medizin von der Stammuniversität abgetrennt wird, möchte ich - trotz meines dichten Terminplans - mit der Übernahme des Vorsitzes ein deutliches Signal setzen. Als Forschungsvizerektor bin ich für die Kooperation mit der Medizin verantwortlich.
Wesentliche Fortschritte in der Medizin wären ohne die naturwissenschaftlichen Grundlagen undenkbar. Es erstaunt deshalb auch nicht, dass der heurige Nobelpreis für Medizin an Naturwissenschaftler für die Entdeckungen im Zusammenhang mit der Abbildung durch Magnetresonanz vergeben wurde. Auch der Physik-Nobelpreis wurde für Entwicklungen vergeben, die direkte Anwendung in der Medizin fanden. (cf)