Weihnachtskolloquium der Fakultät für Chemie und Pharmazie

Das erste Weihnachtskolloquium der neu gegründeten Fakultät für Chemie und Pharmazie fand am Montag, dem 13. Dezember 2004 an den Chemischen Instituten statt. Höhepunkt war die Antrittsvorlesung von Prof. Ronald Micura, der im Frühjahr 2004 als Professor für Organische Chemie an die LFU berufen wurde und mit 34 Jahren ihr derzeit jüngster Professor ist.
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Das erste Weihnachtskolloquium der neu gegründeten Fakultät für Chemie und Pharmazie fand am vergangenen Montag in einem gut gefüllten Grossen Hörsaal der Chemischen Institute statt. Eröffnet wurde das Festkolloquium durch eine Ansprache von Vizerektor Märk. Nach einer kurzen Vorstellung der Preise und Auszeichnungen für Nachwuchswissenschafter und anderer akademischer Höhepunkte des Jahres 2004 durch den Dekan der Fakultät, Prof. Bernhard Kräutler, war der eigentliche Höhepunkt der Festveranstaltung die Antrittsvorlesung von Prof. Ronald Micura, der im Frühjahr 2004 als Professor für Organische Chemie an diese Universität berufen wurde. Märk lobte den jungen Wissenschafter als „jungen, hervorragend qualifizierten, international erfahrenen Wissenschafter, dessen Lebenslauf Modellcharakter hat“: Studium in Linz, 1997 Schrödingerstipendiat an der ETH Zürich, 1998 Research Associate am Scripps Institute, La Jolla, 1998 bis 2002 APART Stipendiat, 2002 Habilitation, 2003 Novartis Preis. Seit März ist er nun Professor am Institut für Organische Chemie der LFU und seit Sommer Mitglied des CMBI. „Das CMBI Zentrum nennt sich zwar nicht Zentrum für Exzellenz, aber meine Vision ist es, dass dieses CMBI ein Zentrum von Exzellenz sein wird. Die Berufung von Kollegen Micura war hier nur ein konsequenter Schritt in diese Richtung“, erklärt Märk.

Synthese, Struktur und Funktion chemisch modifizierter RNA
In seiner Antrittsvorlesung stellte Micura zunächst kurz seine wissenschaftlichen Wegbegleiter und Lehrer - Prof. Karl Grubmayr, Universität Linz, und Prof. Albert Eschenmoser, ETH Zürich - vor, um in der Folge detailliert auf seine aktuellen Forschungsergebnisse einzugehen. Der Forschungsschwerpunkt Micuras liegt im Studium chemisch modifizierter Ribonukleinsäuren (RNA).

RNA ist ähnlich wie das Erbmaterial DNA aus den vier Grundbausteinen, Adenosin, Cytidin, Guanosin, und Uridin aufgebaut. Darüber hinaus gibt es allerdings mehr als 90 unterschiedlich modifizierte Bausteine, deren Einfluss auf die Struktur und Funktion von RNA weitgehend unerforscht ist. Die Erforschung dieser Einflüsse stellt den Mittelpunkt der Forschungstätigkeiten Micuras dar. Dabei kommt auch der Entwicklung neuer Synthesemethoden für RNA mit nicht-natürlichen Nucleotiden eine tragende Rolle zu. Diese künstlich veränderte RNA kann als „chemisches Schaltermodul“ genutzt werden, mit deren Hilfe das Aussehen der RNA steuerbar gemacht werden kann. Dies ist im Hinblick auf die Entwicklung von Nukleinsäure-Therapeutika von Bedeutung, da mit der Gestaltänderung eine Funktionsänderung bewirkt werden kann.

Micuras wissenschaftliches Wirken verdeutlicht die grundlegende Bedeutung der chemischen Forschung für biologische Fragestellungen. Dies schlägt sich nicht zuletzt in nationalen und internationalen Kooperationen nieder. So wird gemeinsam mit Dr. Norbert Polacek von der Medizinischen Universität Innsbruck an chemisch modifizierten Ribosomen gearbeitet, um ein besseres Verständnis für den Mechanismus der Peptidbindungsknüpfung zu erlangen. Grundlegend sind auch Arbeiten über die Synthese Selen-modifizierter RNA, die in der Röntgenkristallstrukturanalyse Anwendung findet. Anhand dieser RNA-Derivate gelang in Kooperation mit Dinshaw Patel vom Sloan Kettering Memorial Cancer Center in New York kürzlich die erste Strukturaufklärung eines in vitro selektionierten Ribozyms, welches eine klassische chemische Reaktion katalysiert. Auch bei der Strukturaufklärung der hochaktuellen Riboschalter ('Riboswitches') ist Micura im Rahmen einer Kooperation beteiligt und konnte erste Bilder über ihr dreidimensionales Aussehen präsentieren. (bb)