Ein spannender Weg in die Zukunft

Seit etwas mehr als einem Monat ist Dr. Dirk Draheim nun der neue Leiter des Zentralen Informatikdienstes (ZID) der Universität Innsbruck. iPoint traf den IT-Fachmann, um mit ihm über seine ersten Eindrücke, seine Ziele und die Herausforderungen für die kommenden Monate zu reden.
Dr. Dirk Draheim
Dr. Dirk Draheim

iP: „Herr Dr. Draheim, Sie sind nun knapp sechs Wochen im Amt. Welche Eindrücke haben Sie bisher von Ihrem neuen Arbeitsfeld gewonnen?“

 

Dr. Draheim: So vielseitig die Universität Innsbruck als Volluniversität aufgestellt ist, so vielseitig sind auch ihre Anforderungen an die Informationstechnologie für Forschung, Lehre und Verwaltung. Dieser komplexen Aufgabe stellt sich der ZID mit seinen fast 100 sehr gut ausgebildeten und langjährig erfahrenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Wir bieten ein beeindruckendes Spektrum an Dienstleistungen, vom Netzwerkmanagement, dem Benutzerservice und der Telefonie über den Betrieb von Hochleistungsrechnern und Informationssystemen, bis hin zur Entwicklung von Hochschulinformationssystemen und den Dienstleitungen im Bereich neuer Medien und Lerntechnologien. Ich habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt und ich glaube, der ZID erfüllt diese Aufgaben insgesamt zur Zufriedenheit seiner Kunden also der Mitglieder der Uni Innsbruck. So habe ich eine sehr gute Ausgangsposition, um mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Sinne der Weiterentwicklung der Universität und den damit verbundenen neuen Herauforderungen an die IT, in die Zukunft zu gehen.

 

iP: Welche Schritte meinen Sie damit, wohin soll die Reise der ZID gehen?

 

Dr. Draheim: Der zentrale Informatikdienst einer Universität braucht und sollte sich nicht damit zufrieden geben, eine solide Dienstleistung zu gewährleisten. Es wäre doch ein lohnenswertes Ziel, den ZID auf Basis des bisher Erreichten zu einem Spitzendienstleister zu entwickeln. Schritt für Schritt. Wäre es nicht toll, wenn der ZID regional oder gar österreichweit als ein Muster-IT-Dienstleister bekannt wäre? Ein IT-Dienstleister, an dem sich andere Organisationen oder Firmen orientieren möchten. Klar ist das ein sehr hochgestecktes Ziel, es ist aber sicher eines, das der besonderen Rolle des ZID als IT-Dienstleister einer renommierten Universität gerecht werden würde. Ich könnte mir vorstellen, dass sich junge, talentierte Nachwuchs-Informatiker und - Informatikerinnen initiativ am ZID bewerben, einfach deshalb, weil das ZID den Ruf genießt, dass er seine Dienstleistungen nach aktuellsten und besten Prinzipien erbringt. Wir haben dazu ja auch noch ein entsprechendes Reservoir an Studierenden. Ich habe jedenfalls alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu eingeladen, gemeinsam mit mir diese spannende Herauforderung anzunehmen.

 

iP: In der Tat eine spannende, aber wahrscheinlich auch nicht ganz einfache Aufgabe. Wie stellen Sie sich das konkret vor?

 

Dr. Draheim: Nun das geht nur, wenn man ein gutes Team bzw. gute Teams hat und wenn innerhalb der Organisation die Abläufe richtig funktionieren. Die vier Begriffe, die ich hier meine sind Unternehmenskultur oder Betriebsklima, Organisationsstruktur, Prozessmanagement und Transparenz ...

 

iP: ... und was bedeuten diese Begriffe für Sie?

 

Dr. Draheim: Egal ob Unternehmenskultur oder Betriebsklima, Ziel ist eine von gegenseitigem Respekt und Vertrauen getragene, dynamische Zusammenarbeit. Wenn sich individuelle Möglichkeiten zur Verwirklichung bieten, wenn Talente gefördert werden, wenn Kollegen gerne zur Arbeit kommen, dann stimmt das Betriebsklima offensichtlich. So schön es klingt, so schwierig ist es auch, so ein Betriebsklima herzustellen. Man kann es eben nicht verordnen und man kann es nicht durch einzelne Maßnahmen herbeiführen. Es muss gelebt werden, und zwar von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das bedeutet, dass alle einen Blick für das Ganze entwickeln und sich auf die Wichtigkeit des eigenen Beitrags für die Gesamtheit besinnen. Ein Verlieren in Einzelinteressen und Details kann sehr anstrengend für eine gute Unternehmenskultur sein. Da gibt es aus unserem technischen Umfeld genügend Beispiele: das Bestehen auf einer bestimmten Programmiersprache in einem Software-Entwicklungsprojekt oder das Blockieren einer bestimmten Technologieplattform, eines bestimmten Betriebssystems. Dazu gäbe es noch sehr viel zu sagen, aber ich denke meine Idee wird damit verständlich.

 

iP: Ein gutes Betriebsklima bildet also die Basis und dann geht es aber auch um die Struktur und die Abläufe?

 

Dr. Draheim: Ja richtig, die entsprechende Organisationsstruktur und ein vernünftiges  Prozessmanagement sind wichtige Werkzeuge, um erfolgreich zu arbeiten.

Eine moderne Organisationsgestaltung verschreibt sich ganz den Aufgaben der Organisation. Das heißt, dass sie nicht zum Selbstzweck werden darf, sie muss dazu dienen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Aufgaben optimal erfüllen können. E geht im Wesentlichen um sinnvolle Aufgabenaufteilung, um das Prinzip Arbeitsteilung. Für einen Dienstleister wie den ZID hat Prozessmanagement, neben der Optimierung der Abläufe einen weiteren sehr wichtigen Aspekt, nämlich die Tatsache, dass einige seiner Prozesse seine Produkte sind – die Dienstleistungen, die er anbietet. Bei einem Produktionsbetrieb ist es dem Kunden eigentlich egal, wie das Unternehmen arbeitet, Hauptsache Qualität und Preis des Produkts passen. Bei einem Dienstleister ist es der Kunde, der sich eine verbesserte Definition und Nachvollziehbarkeit der Prozesse wünscht. Oft interessiert sich der Kunde dabei nur für die Definition der Prozesse, in die er unmittelbar eingebunden ist. Oft interessiert sich der Kunde aber auch für die Definition der vollständigen leistungserbringenden Prozesse. Das heißt, dass der Weg auch irgendwie das Ziel ist und wir mit den Optimierungen im Bereich des Prozessmanagement auch unser Dienstleistungsangebot verbessern können.

Und nun kommen wir zur Transparenz. Der Schlüssel zur Erhöhung der Transparenz ist die Professionalisierung der Verwaltungsvorgänge. Auch die angesprochene Professionalisierung des Prozessmanagements dient nicht zuletzt der Erhöhung der Transparenz. Vorgänge werden nachvollziehbar, Kosten werden kalkulierbar, notwendige Ressourcen und Projekte werden planbar. Instrumente der Professionalisierung sind eine systematische Betriebsdatenerfassung, eine kontinuierliche Kostenrechnung, eine an Zielgrößen orientierte Budgetierung und eine multidimensionale Projektplanung. In meiner wissenschaftlichen Tätigkeit habe ich gelernt, immer zu versuchen, Dinge ganzheitlich zu verstehen, also aus dem konkreten Problemfeld herauszutreten, um die einzelnen Probleme und Ihre wechselseitigen Bedingungen mit einem Blickpunkt von außen zu verstehen. Die Ursache von Problemen gründlich zu verstehen – das ist die halbe Miete, aber nicht die ganze. In großen IT-Projekten in der Praxis habe ich vor allem einen Punkt verstanden: Es ist wichtig, Entscheidungen zu treffen. Es funktioniert nicht, Dinge einfach auszusitzen. Wenn man zu einem Zeitpunkt keine optimale Lösung sieht, ist es oft besser, sich für eine suboptimale Lösung zu entscheiden, anstatt auf die optimale Lösung zu

warten.

 

iP: Das ist aber dann doch ein mittel- und längerfristiges Projekt. Was liegt so in den nächsten Monaten vor Ihnen?

 

Dr. Draheim: Sie haben recht, aber jede lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt und deshalb hat die Arbeit bereits begonnen. Im Moment stehen erstmal konkrete, kurzfristige Aufgaben an. So musste ich das neue Budget für das Jahr 2009 erstellen und dann auch verhandeln. Und dann möchte ich natürlich die Bereiche und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch viel besser als bisher kennen lernen. Langweilig wird mir derzeit sicher nicht.

iP: Noch einen private Frage, haben sie sich schon eingelebt in Tirol?

 

Dr. Draheim: „ Es fällt einem nicht schwer, sich in Innsbruck einzuleben. Die Lebensqualität ist sehr hoch.“

 

Zur Person:

Dirk Draheim hat ein Diplom der Informatik der Technischen Universität Berlin seit 1994 und ist Doktor der Naturwissenschaften der Freien Universität Berlin seit 2002. Von 1992 bis 2006 arbeitete er in Berlin als IT-Freelancer und von 1996 bis 2006 außerdem in verschiedenen Positionen in Forschung und Lehre an der Freien Universität Berlin. Im Frühjahr 2006 war er Lecturer für Human Computer Interaction an der University of Auckland, Neuseeland, und von Juli 2006 bis September 2008 war er als Firmenbereichsleiter "Datenbanktechnologie" des Software Competence Center Hagenberg (Oberösterreich) tätig. Im Herbstsemester 2006 hatte Dirk Draheim von der Universität Mannheim einen Lehrauftrag für Software Engineering am Lehrstuhl von Colin Atkinson. Im Sommersemester 2007 hatte er einen Lehrauftrag für Angewandte Wissensverarbeitung an der Johannes-Keppler-Universität Linz. Er ist Gründer und war Vorsitzender des Programmkomitees der Internationalen Konferenz TEAA "Trends in Enterprise Application Architecture" in den Jahren 2005 und 2006 und ist seit 2008 Mitglied des Steuerungskomitees der Internationalen Konferenz EDOC "The Enterprise Computing Conference". Dirk Draheim glaubt an die Notwendigkeit einer zunächst technologieunabhängigen Sichtweise auf Rechnerbetrieb, also eine konsequent anforderungsgetriebene Herangehensweise an EDV.

(us)