1,8 Kilometer Wissen vor dem Verstauben gerettet
Nun wurde das einzigartige Projekt der Öffentlichkeit präsentiert. Rektor Karlheinz Töchterle, Vizerektor für Infrastruktur, Arnold Klotz, und Vizerektor für Personal, Wolfgang Meixner, zeigten sich gemeinsamen mit zahlreichen Gästen sehr interessiert am Projekt. Das Digitalisierungsprojekt war in den vergangenen Jahren, wegen mangelnder Technik, nicht durchführbar und ist gerade heute für Universitätsbibliotheken besonders wertvoll. So freut sich Bibliotheksdirektor Hofrat Dr. Martin Wieser über den neu gewonnenen Bibliotheksraum: „In unseren Bibliotheken haben wir immer wieder mit mangelnden Platzressourcen zu kämpfen. Die Digitalisierung der Dissertationen ist eine neue, tolle Möglichkeit, Raum für bisher nur schwer zugängliche Werke zu schaffen. Zudem bringt die Digitalisierung einen Mehrwert mit sich: Während man bis dato bei der Literatur/Themensuche lediglich auf Kataloge, die meist nur Titel und Entstehungsjahr enthielten, angewiesen war, kann in Zukunft NutzerInnen mithilfe einer Volltextsuche die Literatursuche erleichtert werden.“ Das Innsbrucker Buchdigitalisierungsprojekt ist eines der größten in Mitteleuropa und ein Meilenstein in Innsbrucks Digitalisierungs-Geschichte: „Das durch die Durchführung des Digitalisierungsprojekts erworbene Know How ist in Innsbruck derzeit einzigartig“, freut sich der Produktionsleiter der Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung Andreas Bechter.
27 Tonnen Wissen
Der an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol verarbeitete Stapel an Dokumenten würde von der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße bis zum Hafelekar auf der Nordkette reichen. Anders ausgedrückt: rund 1,8 Kilometer Regallänge oder über 22 Millionen Einzelseiten wurden digitalisiert. Andreas Bechter, Produktionsleiter der Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung, verrät noch einige Details: „Die Dissertationen wurden mit Schneidemaschinen am Bund aufgetrennt und anschließend mit zwei Dokumentenscannern parallel verarbeitet. Insgesamt haben wir das 7 kg schwere Schneidemesser über 60-mal tauschen müssen. Das Gewicht der Dissertationen beträgt rund 27 Tonnen, jedes Dokument musste dabei mehrfach in die Hand genommen werden.“
Automatische Verarbeitung
Mit dem Abschluss der Scanarbeiten beginnt nun die zweite Etappe dieses aufwändigen Projekts: Derzeit liegen nur die elektronischen Seitenbilder vor. Um einen editierbaren Volltext zu erhalten, müssen die einzelnen Zeichen elektronisch erkannt werden. Dazu wird einen Texterkennungssoftware eingesetzt. Aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Marktführer in diesem Bereich, der Firma ABBYY Europe aus München, werden die 22 Millionen Seiten innerhalb weniger Monate in einem großen Texterkennungscluster verarbeitet. In das Projekt eingebunden ist auch die Deutsche Nationalbibliothek in Frankfurt. „Da es zu den Doktorarbeiten in Innsbruck keine elektronischen Karteikarten gibt, werden die genormten Titeldaten mittels eines automatischen Abgleichverfahrens von der DNB beigesteuert“, erklärt Günter Mühlberger, der Leiter der Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung.
Digitale Bibliothek
Bereits jetzt können alle gescannten Dissertationen über den herkömmlichen Bestellvorgang der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol einzeln an die Leserinnen und Leser ausgeliefert werden. In Zukunft soll jedoch auch eine digitale Bibliothek aufgebaut werden, die den direkten Online-Zugriff auf die Dokumente erlaubt. Dabei muss allerdings das Urheberrecht beachtet werden, sodass der Zugang weiterhin nur innerhalb der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol möglich sein wird. Günther Mühlberger, Leiter der Digitalisierungsstelle beschreibt weitere Projektziele: „Unsere NutzerInnen sollen in Bälde freien Zugriff auf Wissen und Forschung erhalten. Dies hängt jedoch noch von der Zustimmung der Verfasserinnen und Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten ab.“ Dieser „Open Access“ wäre sowohl für die AutorInnen, als auch für die Universitäten im Allgemeinen interessant, da vielfach Wissen und Forschungsergebnisse in Regalen verstauben. Um dem entgegensteuern zu können hofft Günther Mühlberger auf weitere Digitalisierungen: „Schön wäre es, wenn wir bald mit der Digitalisierung von Innsbrucker Werken beginnen könnten“.