Zwei START-Preise für Innsbrucker Quantenphysiker
Hartmut Häffner ist Wissenschafter am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation und erforscht Grundlagen für die Entwicklung eines zukünftigen Quantencomputers. Piet Schmidt beschäftigt sich am Institut für Experimentalphysik der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck mit extrem präzisen Messverfahren.
Innsbrucks Quantenphysik kann einen weiteren Erfolg für sich verbuchen: Von den fünf zu vergebenden START-Preisen, gehen zwei an junge Wissenschaftler aus den Arbeitsgruppen von Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt: „Unsere Nachwuchsarbeit macht sich bezahlt. Mit dem FWF-Spezialforschungsbereich, dem Akademie-Institut und den universitären Instituten können wir jungen aufstrebenden Forschern ein ideales Arbeitsumfeld bieten.“ Verlängert wurde auch das START-Projekt des Experimentalphysikers Dr. Hanns-Christoph Nägerl, der vor drei Jahren mit dem Preis ausgezeichnet wurde.
Auf dem Weg zum Quantencomputer
In Innsbruck wird seit Jahren sehr erfolgreich an den Grundlagen eines zukünftigen Quantencomputers gearbeitet. Erst im vergangenen Jahr sorgten die Forscher mit der Erzeugung des ersten Quantenbytes weltweit für Furore. Für einen nützlichen Quantencomputer werden aber noch mehr Quantenbits benötigt. Der Experimentalphysiker Hartmut Häffner untersucht deshalb in seinem durch den START-Preis geförderten Projekt, ob zwei oder mehrere solcher Systeme über einen Draht verbunden und damit die Kapazität des Quantencomputers erhöht werden kann. Die quantenmechanische Bewegung eines gespeicherten Ions induziert dabei einen Strom in den Drähten, der sich dann auf die Bewegung der Ionen in einem anderen Quantencomputer auswirkt. Mit dieser Methode könnte die Quanteninformation über supraleitende Drähte übertragen werden.
Hartmut Häffner wurden 1970 in Mainz geboren und studierte dort an der Johannes Gutenberg Universität Physik. Nach der Promotion im Jahr 2000 forschte er ein Jahr lang als Gastwissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Nobelpreisträger William D. Phillips am National Institute of Standards and Technology in Gaithersburg, USA. Von 2001 bis 2004 arbeitete Häffner in der Arbeitsgruppe von Prof. Rainer Blatt am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Seit Oktober 2004 forscht er am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Innsbruck.
Mit Präzisionsmessungen die Naturgesetze besser verstehen
Experimente bieten Einblicke in immer weitere Details der Materie und ihrer Wechselwirkungen. Die Spektroskopie an Atomen und Molekülen hat dabei schon immer eine herausragende Rolle gespielt, etwa bei der Entwicklung der Quantentheorie, bei extrem genauen Uhren oder dem Test fundamentaler Theorien. Bei komplexen Teilchen stößt die Spektroskopie allerdings auf große Schwierigkeiten, da diese von den Experimentalphysikern nur sehr schwer kontrolliert werden können. Und genau hier setzt Dr. Piet Schmidt mit seinen Forschungen an: Statt diese komplexen Atome oder Moleküle direkt mit dem Laser zu untersuchen, nutzt er ein bereits bekanntes Objekt und verknüpft es quantenmechanisch mit dem zu untersuchenden Objekt. Durch die quantenmechanische Wechselwirkung können aus Messungen am bekannten Teilchen Rückschlüsse auf das komplexe Teilchen abgeleitet werden. Derartige Messungen bilden die Grundlage für die Bestimmung von fundamentalen Konstanten und ihrer zeitlichen Änderung und damit für die Verfeinerung von physikalischen Theorien. Sie führen schließlich zu einem besseren Verständnis der Naturgesetze.
Piet Schmidt wurde 1970 in Schwäbisch Hall in Deutschland geboren. Er studierte an der Universität Konstanz Physik und verbrachte ein Auslandsjahr an der Portland State University in den USA. Sein Doktoratsstudium absolvierte er zunächst in Konstanz und dann an der Universität Stuttgart, wo er 2003 promovierte. Bis 2005 arbeitete er als Postdoc in der Arbeitsgruppe von David Wineland am National Institute of Standards and Technology in Boulder, USA. Seither ist er Assistent in der Arbeitsgruppe von Prof. Blatt an der Universität Innsbruck.
Anspruchsvolle Nachwuchsförderung
Jedes Jahr werden vom Wissenschaftsministerium maximal fünf START-Preise an Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler vergeben. Diese dürfen nicht älter als 36 Jahre sein und müssen eine außergewöhnliche internationale wissenschaftliche Publikationstätigkeit aufweisen, selbstständig arbeiten und bereits wissenschaftlich im Ausland tätig gewesen sein. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden von einer internationalen Fachjury im Rahmen des Wissenschaftsfonds (FWF) ausgewählt. Den beiden Innsbrucker Quantenphysikern stehen damit in den kommenden sechs Jahren insgesamt jeweils 1,2 Mio. Euro zur Verfügung, um ihre erfolgversprechenden Forschungsansätze weiter zu verfolgen. Nach drei Jahren wird ihre Arbeit erneut begutachtet, und erst eine positive Bewertung führt zu einer vollständigen Finanzierung. Ziel des START-Programms ist es, jungen Spitzenforschern die Möglichkeit für langfristige und finanziell weitgehend abgesicherte Forschungsarbeiten zu geben und den Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe zu ermöglichen.