Liechtenstein-Preis 2009 vergeben
Der Preis des Fürstentums Liechtenstein zählt zu den renommiertesten Auszeichnungen für wissenschaftliche Forschung an den Innsbrucker Universitäten und wird seit 1983 vergeben. Seine mittlerweile jährliche Verleihung sei ein freundschaftliches Zeichen der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen den Innsbrucker Universitäten und dem Fürstentum Liechtenstein, erklärte der Bildungsminister des Fürstentums, Hugo Quaderer, der die Auszeichnungen überreichte und die Gratulationen der liechtensteinischen Regierung überbrachte. „Innsbruck ist die erste Wahl, wenn Liechtensteiner Studierende sich entscheiden in Österreich zu studieren. Mehr als die Hälfte dieser Gruppe studiert an einer der beiden Innsbrucker Universitäten. Daher wollen wir auch die hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen, die dort erbracht werden, entsprechend würdigen“, betonte Quaderer. Sowohl der Rektor der Universität Innsbruck, Karlheinz Töchterle, als auch der Vizerektor für Forschung der Medizinischen Universität, Prof. Günther Sperk, nahmen die heutige Feierstunde zum Anlass, um die Bedeutung der Zusammenarbeit der beiden Innsbrucker Universitäten herauszustreichen. „Wir können stolz sein auf die Leistung unserer Häuser“, freute sich Töchterle, der in seinen Grußworten einmal mehr betonte, dass die Stärke und Exzellenz des Universitäts- und Forschungsstandorts Innsbruck in der Vielfalt der hier vertretenen Disziplinen bestehe. „Heute ist ein Anlass, sich über diese Fülle und Stärke zu freuen. Ebenso so erfreulich ist es, dass wir diesen Preis und die Preisträger immer gemeinsam mit der Medizinischen Universität feiern“, so der Rektor, „denn es zeigt uns einmal mehr, dass die Forschungsstärke am Standort Innsbruck auch in einer engen Zusammenarbeit der beiden Universitäten begründet ist.“ Günther Sperk unterstrich diesen Aspekt und ergänzte: „Darüber hinaus ist es sehr wichtig, dass man die Anstrengungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die gerade im Bereich der Medizin nicht selten unter der Mehrfachbelastung Patientenversorgung, Lehre und Forschung erbracht werden, entsprechend hervorheben und belohnen kann. Das ist ein wichtiges Zeichen nach innen und nach außen.“ Beide waren sich einig, dass ein hervorragender wissenschaftlicher Nachwuchs die Grundlagen für einen erfolgreiche Zukunft der Innsbrucker Universitäten bildet.
Perfekte Kontrolle in der Quantenwelt
Johann Danzl beschäftigt sich als Experimentalphysiker mit ultrakalten Molekülen. Im Labor lassen sich damit grundlegende Fragestellungen der Physik und der Chemie modellhaft untersuchen. In der mit dem Liechtenstein-Preis ausgezeichneten Forschungsarbeit gelang es Danzl mit einem Team am Institut für Experimentalphysik eine beinahe auf den absoluten Nullpunkt abgekühlte Molekülwolke in den energetisch tiefsten Grundzuustand zu bringen. Dabei haben die Physiker alle Freiheitsgrade eines Moleküls auf quantenmechanischer Ebene vollständig unter Kontrolle: die äußere Bewegung, den elektronischen Zustand, die innere Schwingung und Rotation des Moleküls sowie die so genannte Hyperfeinstruktur. Die perfekte Kontrolle über die äußeren Freiheitsgrade der Grundzustandsmoleküle wird mit Hilfe eines optischen Gitters erreicht, in dem jedes Molekül an einem eigenen Gitterplatz gefangen wird. Bisherige Experimente konnten solche ultrakalten Molekülwolken nur in einer Mischung verschiedener Quantenzustände oder in sehr schwach gebundenen inneren Schwingungszuständen präparieren. Die Arbeit wurde in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht und findet in der Fachwelt breite Beachtung.
Dr. Johann Georg Danzl, geboren 1978 in Kitzbühel, studierte in Innsbruck Medizin und Physik. 2005 schloss er das Medizinstudium mit Auszeichnung ab, das Physikstudium folgte 2007 ebenfalls mit Auszeichnung. Seither arbeitet Danzl als Doktorant in der Arbeitsgruppe um Wittgenstein-Preisträger Prof. Rudolf Grimm und Start-Preisträger Prof. Hanns-Christoph Nägerl am Institut für Experimentalphysik und erforscht die Bose-Einstein-Kondensation von Grundzustandsmolekülen.
Geschichte des Gesetzgebungsstaates
Im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit kam es in Tirol zum sukzessiven Ausbau gesetzlicher Regelungen auf bisher rechtlich nicht geregelte Lebensbereiche beziehungsweise zu einer Steigerung der gesetzlichen Regelungstiefe. Der Rechtshistoriker Martin Schennach analysiert in seiner ausgezeichneten Habilitationsschrift die Entstehung des Gesetzgebungsstaates in dieser Zeit am Beispiel Tirol. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf die Gesetzestexte selbst – rund 900 Gesetze im Zeitraum von 200 Jahren – sondern geht auch auf das Procedere der Gesetzgebung ein. „Überraschenderweise zeigen sich in Summe relativ breite Partizipationsmöglichkeiten während des Gesetzgebungsprozesses. Von einer absolutistischen landesfürstlichen Gesetzgebung keine Spur“, beschreibt Schennach. Darüber hinaus geht die Arbeit auch auf Leitkategorien und Ordnungsprinzipien ein – so werden beispielsweise die rechtlichen Schranken des landesfürstlichen Gesetzgebungsrechtes oder die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips diskutiert.
PD MMag. DDr. Martin P. Schennach, MAS wurde 1975 in Innsbruck geboren. Er studierte Geschichte, Deutsche Philologie und Romanistik sowie Rechtswissenschaften an den Universitäten Innsbruck und Jena. 2001 promovierte er sub auspiciis zum Doktor der Philosophie und 2004 zum Doktor der Rechtswissenschaften. Nach Absolvierung des dreijährigen Ausbildungskurses am Institut für österreichische Geschichtsforschung in Wien war Schennach dort von 2001 bis 2002 als Vertragsassistent tätig und ist seit 2002 beim Amt der Tiroler Landesregierung (Abt. Tiroler Landesarchiv) beschäftigt. Seit seiner Habilitation für Rechtsgeschichte 2008 forscht und lehrt er darüber hinaus am Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte der Universität Innsbruck.
Die Rolle von Hepcidin im Eisenstoffwechsel
Die im renommierten Wissenschaftsmagazin Blood veröffentlichte Forschungsarbeit von Dr. Theurl fokussiert auf einen neuen Mechanismus des Eisenstoffwechsels bei Anämien chronischer Erkrankungen (ACD) und erhellt dabei die Rolle des wichtigsten Eisenregulators, Hepcidin. Als wesentlicher pathophysiologischer Mechanismus liegt der ACD eine vermehrte Speicherung von Eisen in den Fresszellen des Immunsystems (Monozyten, Makrophagen) zugrunde, was zu einer verminderten Verfügbarkeit des Eisens für die Blutbildung und in der Folge zur Entwicklung einer Anämie führt. „Einerseits hemmen Immunbotenstoffe, so genannte Zytokine, die Ferroportintranskription, andererseits führt eine Interaktion von Ferroportin mit dem in der Leber gebildeten Peptid Hepcidin zum Abbau von Ferroportin und damit zur Blockade des Eisenexports aus den Fresszellen“, erklärt Dr. Igor Theurl, der als Mitglied des Teams von Univ.-Prof. Günter Weiss an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I eine verminderte Expression des einzigen bekannten Eisenexporters, Ferroportin, in den Monozyten belegen konnte. Erstmals gelang Dr. Theurl auch der Nachweis, dass Hepcidin auch in menschlichen Fresszellen gebildet und diese Bildung zytokinabhänigig reguliert wird. In einer Reihe von aufwendigen Experimenten konnte das Forscherteam zeigen, dass das von den Monozyten gebildete Hepcidin den Eisenstoffwechsel in diesen Zellen durch die Interaktion mit membranständigem Ferroportin in autokriner Weise reguliert.
Igor Maximilian Theurl wurde 1974 in Innsbruck geboren und studierte von 1993 bis 2000 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und an der Albert-Ludwigs Universität Freiburg Medizin. Seit 2000 forscht er an der Universitätsklinik für Innere Medizin I im Labor von Prof. Günter Weiss, seit 2004 auch gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Milan Theurl. Für seine Forschungstätigkeit wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Preis der Stadt Innsbruck 2006 und dem Paracelsuspreis der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin 2008. Das Zusammenspiel von pathologischen Veränderungen im Eisenstoffwechsel in verschiedenen Organen im Rahmen der ACD bleibt auch weiterhin zentrales Thema seines Forschungsinteresses.