Bericht aus der Antarktis
Für Forschungsarbeiten hält sich Prof. Cornelius Lütz vom Institut für Botanik derzeit in der Antarktis auf. Via Email hat die iPoint-Redaktion den Innsbrucker Wissenschaftler über seinen Erfahrungen in der polaren Wüste befragt. Erstaunliches Fazit: "Derzeit ist es hier wärmer als in Innsbruck!"
Prof. Lütz, Sie befinden sich derzeit zu einem Forschungsaufenthalt in der Antarktis. Wo genau halten Sie sich auf und wie sind die Verhältnisse dort?
Ich befinde mich auf einer Insel der maritimen Antarktis, auf King George Island, rund 900 km südlich von Kap Hoorn. Diese Insel hat in einigen Küstenbereichen eine Reihe von Antarktis-Forschungsstationen, da sie "nur" zu 90% mit Eis bedeckt ist. Die Forschungsstation, auf der ich arbeite, ist an der Südküste der Insel, in der sogenannten "Potter Cove", einer kleinen Bucht. Sie heißt "Jubany/Dallmann" Station und steht weitgehend unter argentinischer Leitung mit einigen Wohn- und Laborcontainern, die unter Betreuung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI, Bremerhaven, Deutschland) stehen. Ich habe eine wissenschaftliche Kooperation mit dem AWI und das Glück, derzeit einer von 6 AWI-Wissenschaftlern zu sein, für die hier Platz ist. Das uns hier umgebende Gelände ist von altem Vulkanismus geprägt; mehr als etwa 5 km kann man im meist feuchten, tiefgründigen Boden nicht gehen, ohne an den riesigen Inselgletscher oder an eine Küste zu stoßen. Es finden sich hier nur zwei höhere Pflanzen, und auch die nur sehr zerstreut im Küstenbereich, nicht einmal 100 m höher im Vulkanschutt. Dort gedeihen nur noch Flechten und gelegentlich Moose. Mit Recht wird eine solche Landschaft als "Polare Wüste" bezeichnet. Auf den Schneefeldern, die sich noch vielfach finden, wachsen rote Schneealgen zum Teil in Massen. Diese findet man auch gelegentlich in den Alpen; zusätzlich habe ich aber auch dichte Vorkommen von grünen Algen im Schnee entdeckt, was selten zu beobachten ist.
Wie darf man sich den antarktischen Sommer vorstellen?
Bisher hatten wir Glück mit dem Wetter. In den vergangenen drei Wochen fielen die Temperaturen nie deutlich unter Null, einen Tag gab es Schneesturm, einen Tag Regen, gelegentlich - so wie heute - Nebel, aber immer mit positiven Temperaturen (ca. +2 - +4°C). Nur wenn der Wind auffrischt und von den Gletschern kommt, wird es sehr kalt, kälter vom Gefühl her als bei Sturm im Hochgebirge. Die Nächte sind kurz, etwa drei Stunden eine halbdunkle Dämmerung. Es ist also derzeit hier wärmer als in Innsbruck! Das Meer sorgt für die erträglichen Temperaturen, die natürlich auf dem antarktischen Festland sehr viel tiefer fallen.
Auf welchen Wegen gelangt man eigentlich in die Antarktis?
King George Island hat einen kleinen Flugplatz auf der chilenischen Station "Frei", der von Militärmaschinen von Punta Arenas aus angeflogen wird. Nach Jubany kommt man dann per Hubschrauber. Ich selbst bin mit 2 deutschen Kollegen per Schiff gekommen; das AWI hat mit Reedereien, die Antarktis-Tourismus betreiben, ein Abkommen, dass gelegentlich, falls die Schiffsroute passt, Wissenschaftler mitgenommen und mit Zodiac-Booten an den Stationen abgesetzt werden. Nach einem Flug von Europa über Buenos Aires und Ushuaia haben wir die MS "Bremen" bestiegen, die über Kap Hoorn und entlang einiger antarktischer Inseln mit Anlandung auf dem Festland uns schließlich hier ausbootete. In etwa 14 Tagen geht es den gleichen Weg zurück - falls das Wetter mitspielt. Bei Sturm kommt kein Schiff ...
Ansonsten bedienen gelegentlich Eisbrecher verschiedener Nationen die verschiedenen Stationen.
Welche Forschungsarbeiten führen Sie durch, und warum fahren Sie dazu gerade in die Antarktis?
Ein Teil meiner Forschungsarbeiten beschäftigt sich mit dem Vergleich von Anpassungsstrategien von nordpolaren und südpolaren Pflanzen an ihre Umgebung 1) auf der Ebene von Ultrastruktur-Untersuchungen der Blattzellen und der Schneealgen, 2) durch Messungen der Photosyntheseaktivitäten; 3) durch Analyse der Inhaltsstoffe der Blätter auf Antioxidantien und auf verschiedene Pigmente sowie 4) auf die UV-B Resistenz der Pflanzen. Da die Station mit einem kleinen Labor ausgestattet ist - das ich mir mit mehreren Meeresbiologen teile - kann ich gut einige Messserien, Extraktherstellungen sowie Fixierung und Einbettung für die Elektronenmikroskopie der Zellen durchführen. Ausgangssituation für diesen bipolaren Forschungsansatz waren unsere Arbeiten mit alpinen Hochgebirgspflanzen, die wir in vielen Anpassungsstrategien mittlerweile ganz gut verstehen und jetzt wollen wir den Vergleich durchführen.
Wie lange wird ihr Aufenthalt noch dauern und welche Arbeiten haben Sie noch vor sich?
Ich werde noch etwa 14 Tage bleiben und dann voraussichtlich per Schiff weiter per Flug zurückreisen. Da gut 2/3 meines Programms bearbeitet sind, stehen noch Wiederholungen von Messserien im Labor und im Freiland aus, dazu Erhebungen wichtiger Klimadaten. Ferner werden wegen der jetzt doch raschen Weiterentwicklung der Vegetation neue Proben in erheblicher Anzahl zur Bestimmung der oben genannten Inhaltsstoffe genommen werden müssen.
Ich befinde mich auf einer Insel der maritimen Antarktis, auf King George Island, rund 900 km südlich von Kap Hoorn. Diese Insel hat in einigen Küstenbereichen eine Reihe von Antarktis-Forschungsstationen, da sie "nur" zu 90% mit Eis bedeckt ist. Die Forschungsstation, auf der ich arbeite, ist an der Südküste der Insel, in der sogenannten "Potter Cove", einer kleinen Bucht. Sie heißt "Jubany/Dallmann" Station und steht weitgehend unter argentinischer Leitung mit einigen Wohn- und Laborcontainern, die unter Betreuung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI, Bremerhaven, Deutschland) stehen. Ich habe eine wissenschaftliche Kooperation mit dem AWI und das Glück, derzeit einer von 6 AWI-Wissenschaftlern zu sein, für die hier Platz ist. Das uns hier umgebende Gelände ist von altem Vulkanismus geprägt; mehr als etwa 5 km kann man im meist feuchten, tiefgründigen Boden nicht gehen, ohne an den riesigen Inselgletscher oder an eine Küste zu stoßen. Es finden sich hier nur zwei höhere Pflanzen, und auch die nur sehr zerstreut im Küstenbereich, nicht einmal 100 m höher im Vulkanschutt. Dort gedeihen nur noch Flechten und gelegentlich Moose. Mit Recht wird eine solche Landschaft als "Polare Wüste" bezeichnet. Auf den Schneefeldern, die sich noch vielfach finden, wachsen rote Schneealgen zum Teil in Massen. Diese findet man auch gelegentlich in den Alpen; zusätzlich habe ich aber auch dichte Vorkommen von grünen Algen im Schnee entdeckt, was selten zu beobachten ist.
Wie darf man sich den antarktischen Sommer vorstellen?
Bisher hatten wir Glück mit dem Wetter. In den vergangenen drei Wochen fielen die Temperaturen nie deutlich unter Null, einen Tag gab es Schneesturm, einen Tag Regen, gelegentlich - so wie heute - Nebel, aber immer mit positiven Temperaturen (ca. +2 - +4°C). Nur wenn der Wind auffrischt und von den Gletschern kommt, wird es sehr kalt, kälter vom Gefühl her als bei Sturm im Hochgebirge. Die Nächte sind kurz, etwa drei Stunden eine halbdunkle Dämmerung. Es ist also derzeit hier wärmer als in Innsbruck! Das Meer sorgt für die erträglichen Temperaturen, die natürlich auf dem antarktischen Festland sehr viel tiefer fallen.
Auf welchen Wegen gelangt man eigentlich in die Antarktis?
King George Island hat einen kleinen Flugplatz auf der chilenischen Station "Frei", der von Militärmaschinen von Punta Arenas aus angeflogen wird. Nach Jubany kommt man dann per Hubschrauber. Ich selbst bin mit 2 deutschen Kollegen per Schiff gekommen; das AWI hat mit Reedereien, die Antarktis-Tourismus betreiben, ein Abkommen, dass gelegentlich, falls die Schiffsroute passt, Wissenschaftler mitgenommen und mit Zodiac-Booten an den Stationen abgesetzt werden. Nach einem Flug von Europa über Buenos Aires und Ushuaia haben wir die MS "Bremen" bestiegen, die über Kap Hoorn und entlang einiger antarktischer Inseln mit Anlandung auf dem Festland uns schließlich hier ausbootete. In etwa 14 Tagen geht es den gleichen Weg zurück - falls das Wetter mitspielt. Bei Sturm kommt kein Schiff ...
Ansonsten bedienen gelegentlich Eisbrecher verschiedener Nationen die verschiedenen Stationen.
Welche Forschungsarbeiten führen Sie durch, und warum fahren Sie dazu gerade in die Antarktis?
Ein Teil meiner Forschungsarbeiten beschäftigt sich mit dem Vergleich von Anpassungsstrategien von nordpolaren und südpolaren Pflanzen an ihre Umgebung 1) auf der Ebene von Ultrastruktur-Untersuchungen der Blattzellen und der Schneealgen, 2) durch Messungen der Photosyntheseaktivitäten; 3) durch Analyse der Inhaltsstoffe der Blätter auf Antioxidantien und auf verschiedene Pigmente sowie 4) auf die UV-B Resistenz der Pflanzen. Da die Station mit einem kleinen Labor ausgestattet ist - das ich mir mit mehreren Meeresbiologen teile - kann ich gut einige Messserien, Extraktherstellungen sowie Fixierung und Einbettung für die Elektronenmikroskopie der Zellen durchführen. Ausgangssituation für diesen bipolaren Forschungsansatz waren unsere Arbeiten mit alpinen Hochgebirgspflanzen, die wir in vielen Anpassungsstrategien mittlerweile ganz gut verstehen und jetzt wollen wir den Vergleich durchführen.
Wie lange wird ihr Aufenthalt noch dauern und welche Arbeiten haben Sie noch vor sich?
Ich werde noch etwa 14 Tage bleiben und dann voraussichtlich per Schiff weiter per Flug zurückreisen. Da gut 2/3 meines Programms bearbeitet sind, stehen noch Wiederholungen von Messserien im Labor und im Freiland aus, dazu Erhebungen wichtiger Klimadaten. Ferner werden wegen der jetzt doch raschen Weiterentwicklung der Vegetation neue Proben in erheblicher Anzahl zur Bestimmung der oben genannten Inhaltsstoffe genommen werden müssen.