Privatisierung und Deregulierung
In den vergangenen Tagen trafen sich die Mitglieder des Vereins für Socialpolitik zu ihrer Jahrestagung in Innsbruck. Dabei diskutierten international renommierte Wirtschaftswissenschaftler in der SoWi Fragen der Privatisierung, Deregulierung und Marktverfassung. Organisiert wurde die Tagung von Prof. Hannelore Weck-Hannemann und Prof. Christian Smekal.

Der Teufel steckt im Detail
Prof. Steven Littlechild berichtete am Mittwoch Nachmittag über die Erfahrungen mit Deregulierung und Privatisierung der Wirtschaft in Großbritannien. Dabei konnte er aufzeigen, dass die häufig zitierten Fehlschläge oft durch Detailprobleme verursacht wurden. So wurden bei der Privatisierung der Britischen Eisenbahnen den privaten Betreibergesellschaften nur siebenjährige Verträge gewährt, was deren Interesse in langfristige Investition deutlich schmälerte und damit zur Vernachlässigung des Bahnnetzes beitrug. Littlechild kam dann auch zu dem Ergebnis, "dass man die Rahmenbedingungen ändern muss, nicht aber das System." Prof. Ingo Vogelsang, von der Boston University, analysierte am Donnerstag die Reform des Telekommunikationssektors in Deutschland. Während dort die Reformen lange auf sich warten ließen, konnten sie umso rascher und effizienter umgesetzt werden, sodass Deutschland heute mit an der Spitze liegt. Seiner Meinung nach wird die Liberalisierung und Privatisierung im Telekom-Bereich weiter voranschreiten, wobei bestimmte Regulationsmechanismen weiter bestehen bleiben werden. Am Donnerstag Nachmittag fand eine Podiumsdiskussion zur Frage der Energiemarkt-Liberalisierung statt. Dabei kam insbesondere auch das Beispiel Kalifornien zur Sprache, wo die Deregulierung des Energiemarktes immer wieder zu Versorgungsengpässen führte.
Größte wirtschaftswissenschaftliche Gesellschaft
Mit über 3.000 Mitgliedern ist der Verein für Socialpolitik die bedeutendeste Vereinigung von Wirtschaftswissenschaftlern im deutschsprachigen Raum. Zu den Mitgliedern zählen rund 1.000 Hochschulprofessoren aus über 20 Ländern. Zuletzt traf sich der Verein vor 32 Jahren hier in Innsbruck, als 1970 "Grundfragen der Infrastrukturplanung für wachsende Wirtschaften" diskutiert wurden. Die Gesellschaft bietet auch Praktikern die Möglichkeit, den Kontakt zur Wissenschaft zu halten und sich über die neuesten Entwicklungen der Theorie zu informieren.