Stumm in einer lauten Welt
Sich verbal gut ausdrücken zu können, ist eine der wichtigsten Kompetenzen und auch Voraussetzung für eine adäquate berufliche Entwicklung. Die Bedingungen für einen normalen Spracherwerb werden jedoch immer ungünstiger. Schlagworte, Floskeln, Sprechblasen treten an die Stelle von genauen verbalen Beschreibungen.
Als größte derartige Einrichtung in Österreich beschäftigt sich die Innsbrucker Klinische Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen mit diesen Folgen unserer modernen Fernseh- und Computergesellschaft. "Unsere Umwelt wird immer mehr von so genannten Piktogrammen an Stelle von Schriftsprache bestimmt. Die Folge ist, dass immer mehr Kinder an Sprach- und Kommunikationsstörungen leiden", betont Prof. Patrick Zorowka, Leiter der Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen. Der Mediziner warnt davor, dass sich diese Tendenz zu einer neuen Volkskrankheit verfestigen könne. "Störungen in der Entwicklung des kindlichen Sprachvermögens haben in letzter Zeit in Besorgnis erregender Weise zugenommen. Umfangreiche internationale Studien in den 1980er Jahren zeigten eine Häufigkeit der Sprach- und Sprechstörungen im Kleinkind- und Vorschulalter von drei bis sechs Prozent. Bis heute hat die Zahl der Sprachentwicklungsstörungen auf 25 bis 30 Prozent zugenommen. Dies ist eine Besorgnis erregende Tendenz", so Zorowka.
Eine Störung kann viele Ursachen haben
Eine Sprachentwicklungsstörung sei kein einheitliches Krankheitsbild. Sie könne Symptom einer bzw. mehrerer Grunderkrankungen sein und auch mit äußeren schädigenden Einflüssen zusammenhängen. Von einer Sprachentwicklungsstörung spreche man dann, wenn kindliche Sprache allgemein verlangsamt bzw. spärlich einsetze oder überhaupt ausbleibe. Es handle sich also um zeitliche Rückstände und/oder inhaltliche Fehlentwicklungen gegenüber dem normalen Spracherwerb. Kinder beginnen normaler Weise zwischen dem 12.und 14. Lebensmonat erste Worte zu sprechen. Der Spracherwerb ist für Störungen innerer und äußerer Natur besonders anfällig. Neben organischen Ursachen - wie beispielsweise Hör- und Sehstörungen - seien veränderte familiäre Verhältnisse und der zunehmende Einfluss elektronischer Medien jedoch weitere mögliche Ursachen von Sprachentwicklungsstörungen.
Hoher Fernsehkonsum als Gefahr
"Kinder verbringen immer mehr Zeit vor dem Fernseher oder dem Computer als direkt in der Familie zu kommunizieren. Dies verschlechtert die Bedingungen für eine normale Sprachentwicklung enorm", warnt der Experte. Sechzig Prozent der Zeit in der Familie werde vor einem Fernsehgerät geschwiegen. Jedes dritte Kind zwischen sechs und acht Jahren verbringe mehr Zeit vor dem Fernsehgerät als in der Schule: Bis zu dreißig Stunden pro Woche. Diese Ergebnisse einer breit angelegten Studie in Deutschland seien auf österreichische Verhältnisse durchaus umzulegen, so Zorowka. Sein Rat: Fernsehzeiten mit dem Kind sollten bewusst geplant werden. Neben dem bewussten und zeitlich limitierten Konsum elektronischer Medien sei es ebenso wichtig, Sprach- und Kommunikationsstörungen ernst zu nehmen. "Wenn Eltern einen Verdacht haben, sollten Fachleute dies ernst nehmen. Leider sind Fehlmeinungen, wie ´Das verwächst sich schon` oder ´Warten wir erst einmal ab` immer noch weit verbreitet", erklärt der Mediziner.
Symptome ernst nehmen
Symptome einer Sprachentwicklungsstörung sind ein nicht altersgerechter Wortschatz, Störungen in der Erfassung und Anwendung grammatischer Regeln, fehlerhafte Bildung oder völliges Fehlen von einzelnen Lauten oder Lautverbindungen, Unfähigkeit solche zu erkennen zu unterscheiden und bedeutungsdifferenzierend anzuwenden, Störungen im Verstehen und Formulieren von Sätzen sowie nicht situationsgerechte Verwendung von Sprache. Je früher eine Sprachentwicklungsstörung erkannt wird, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg der therapeutischen Maßnahmen.
Die Innsbrucker Klinische Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ist die älteste und größte Klinik dieses Fachbereiches im deutschsprachigen Raum. Innsbruck ist außerdem die einzige Lehrkanzel dieses Fachbereiches in ganz Österreich. Traditionelle Schwerpunkte sind unter anderem kindliche Hörstörungen, Sprachentwicklungsstörungen und die Stimmforschung. Laufende Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Früherkennung kindlicher Hörstörungen und deren Behandlung einschließlich Cochlea-Implantationen sowie der Weiterentwicklung akustischer und funktioneller Analyseverfahren der Stimmfunktion. Die Innsbrucker Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ist mit Forschungsvorhaben ins Innsbrucker Kompetenzzentrum Medizin eingebunden.
Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe der UNIZEITUNG, dem Journal der Universität Innsbruck. Die UNIZEITUNG wird viermal im Jahr der Tiroler Tageszeitung beigelegt. Über public-relations@uibk.ac.at können Sie eine gedruckte Ausgabe der aktuellen UNIZEITUNG bestellen.
Eine Störung kann viele Ursachen haben
Eine Sprachentwicklungsstörung sei kein einheitliches Krankheitsbild. Sie könne Symptom einer bzw. mehrerer Grunderkrankungen sein und auch mit äußeren schädigenden Einflüssen zusammenhängen. Von einer Sprachentwicklungsstörung spreche man dann, wenn kindliche Sprache allgemein verlangsamt bzw. spärlich einsetze oder überhaupt ausbleibe. Es handle sich also um zeitliche Rückstände und/oder inhaltliche Fehlentwicklungen gegenüber dem normalen Spracherwerb. Kinder beginnen normaler Weise zwischen dem 12.und 14. Lebensmonat erste Worte zu sprechen. Der Spracherwerb ist für Störungen innerer und äußerer Natur besonders anfällig. Neben organischen Ursachen - wie beispielsweise Hör- und Sehstörungen - seien veränderte familiäre Verhältnisse und der zunehmende Einfluss elektronischer Medien jedoch weitere mögliche Ursachen von Sprachentwicklungsstörungen.
Hoher Fernsehkonsum als Gefahr
"Kinder verbringen immer mehr Zeit vor dem Fernseher oder dem Computer als direkt in der Familie zu kommunizieren. Dies verschlechtert die Bedingungen für eine normale Sprachentwicklung enorm", warnt der Experte. Sechzig Prozent der Zeit in der Familie werde vor einem Fernsehgerät geschwiegen. Jedes dritte Kind zwischen sechs und acht Jahren verbringe mehr Zeit vor dem Fernsehgerät als in der Schule: Bis zu dreißig Stunden pro Woche. Diese Ergebnisse einer breit angelegten Studie in Deutschland seien auf österreichische Verhältnisse durchaus umzulegen, so Zorowka. Sein Rat: Fernsehzeiten mit dem Kind sollten bewusst geplant werden. Neben dem bewussten und zeitlich limitierten Konsum elektronischer Medien sei es ebenso wichtig, Sprach- und Kommunikationsstörungen ernst zu nehmen. "Wenn Eltern einen Verdacht haben, sollten Fachleute dies ernst nehmen. Leider sind Fehlmeinungen, wie ´Das verwächst sich schon` oder ´Warten wir erst einmal ab` immer noch weit verbreitet", erklärt der Mediziner.
Symptome ernst nehmen
Symptome einer Sprachentwicklungsstörung sind ein nicht altersgerechter Wortschatz, Störungen in der Erfassung und Anwendung grammatischer Regeln, fehlerhafte Bildung oder völliges Fehlen von einzelnen Lauten oder Lautverbindungen, Unfähigkeit solche zu erkennen zu unterscheiden und bedeutungsdifferenzierend anzuwenden, Störungen im Verstehen und Formulieren von Sätzen sowie nicht situationsgerechte Verwendung von Sprache. Je früher eine Sprachentwicklungsstörung erkannt wird, desto größer ist die Aussicht auf Erfolg der therapeutischen Maßnahmen.
Die Innsbrucker Klinische Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ist die älteste und größte Klinik dieses Fachbereiches im deutschsprachigen Raum. Innsbruck ist außerdem die einzige Lehrkanzel dieses Fachbereiches in ganz Österreich. Traditionelle Schwerpunkte sind unter anderem kindliche Hörstörungen, Sprachentwicklungsstörungen und die Stimmforschung. Laufende Forschungsprojekte beschäftigen sich mit der Früherkennung kindlicher Hörstörungen und deren Behandlung einschließlich Cochlea-Implantationen sowie der Weiterentwicklung akustischer und funktioneller Analyseverfahren der Stimmfunktion. Die Innsbrucker Abteilung für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ist mit Forschungsvorhaben ins Innsbrucker Kompetenzzentrum Medizin eingebunden.
Dieser Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe der UNIZEITUNG, dem Journal der Universität Innsbruck. Die UNIZEITUNG wird viermal im Jahr der Tiroler Tageszeitung beigelegt. Über public-relations@uibk.ac.at können Sie eine gedruckte Ausgabe der aktuellen UNIZEITUNG bestellen.