Wenn die Grenzen der Wissenschaftsdisziplinen verschwimmen
Jeder Raucher hat sie an den Fingern und auch auf so manchem Gemüse sitzen sie, die Tabakmosaik-Viren. Sie sind harmlos für den Menschen und doch interessieren sich Wissenschaftler sehr für diese Wesen. In Flüssigkeiten formen sich die Viren durch Selbstorganisation zu Kristallstrukturen, ein Verhalten das man sonst vorwiegend aus der anorganischen Natur kennt.
Für die Wissenschaft spannend sind die Tabakmosaik-Viren auch deshalb, weil ihre Untersuchung in den Grenzbereich zwischen Biologie, Chemie und Physik führt. Prof. Uwe Kreibig vom 1. Physikalischen Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen arbeitet mit inaktiven Viren, die von ihrem Wirtsmedium, der Pflanze, getrennt und in wässrigen Flüssigkeiten präpariert werden. Die stäbchenförmigen Nanopartikel mit einer Länge von rund 300 nm und einer Dicke von 18 nm bilden dann unter geeigneten Bedingungen Kristallstrukturen aus, deren quantitative Beschreibung durch vereinfachende Modelle den Physiker interessiert. Stabile Kristallstrukturen setzen ein Gleichgewicht von anziehenden und abstoßenden Wechselwirkungskräften voraus. Über die durch Interferenz entstehenden, sehr schönen Farben der Kristalle lassen sich Aussagen über die wirkenden Kräfte machen. Ziele sind die physikalische Charakterisierung und die theoretische Modellierung eines durch Selbstorganisation entstehenden biologischen Nano-Systems.
Das Denken in Disziplinen zurückdrängen
Am Beispiel der Tabakmosaik-Viren wollte Prof. Uwe Kreibig am Dienstag in seinem Vortrag aufzeigen, dass die historisch bedingte Trennung der Naturwissenschaften in eine Vielzahl voneinander getrennter Disziplinen von den Medizinwissenschaften und der Biolologie über die Chemie, die Materialwissenschaften und die Physik nicht immer Sinn macht. Gerade in der immer wichtiger werdenden Nanowissenschaft öffnen sich ganz neue Wege für die multidisziplinäre Zusammenarbeit. Während etwa die Biowissenschaften eher auf qualitative, ganzheitliche Beschreibungen von Phänomenen setzt, versucht die Physik über vereinfachende Modellbildungen komplexe Realitäten in der Natur zu quantifizieren. In der Welt der Nanostrukturen sind beide Perspektiven interessant, ihre Verknüpfung kann wichtige Erkenntnisse für das Verständnis komplexer Natur-Vorgänge liefern. Die derzeit sehr stark zunehmende Bedeutung der Nanowissenschaften wird daher das Denken in Disziplinen zurückdrängen. Dies müsse auch in der Ausbildung, sei es in der Schule oder in den Hochschulen, stärker berücksichtigt werden, so Kreibig; es sei Unsinn, Schüler vor die Wahl zu stellen, entweder Physik oder Biologie oder Chemie zu lernen.
Vielfältige Vorteile transdisziplinärer Kooperation
Prof. Kreibig war der Einladung des Naturwissenschaftlich Medizinischen Vereins in Innsbruck gefolgt. Mit dem derzeitigen Vorsitzenden des Vereins, Vizerektor Prof. Tilmann Märk, verbinden Kreibig langjährige gemeinsame wissenschaftliche Interessen. "Wir kommen beide aus der Clusterforschung. Prof. Märk ist einer der Pioniere in diesem Gebiet", so der Physiker, der selbst u.a. in Wien studiert hat. Heute arbeiten beide Wissenschaftler in den hochaktuellen Nanowissenschaften, wo wichtige Erkenntnisse sowohl für die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung als auch für technologische Entwicklungen gewonnen werden. So setzt etwa die Medizin derzeit in der Krebstherapie versuchsweise magnetische Nanopartikel ein, die von Physikern und Chemikern hergestellt werden (u.a. auch im Aachener Labor), und sie wendet dabei physikalische Behandlungsmethoden an. "Die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen werden hier immer unwichtiger, wir müssen den Dialog zwischen den Forschungsrichtungen stärken", so Kreibig. Für Vizerektor Märk war der Vortrag von Prof. Kreibig ein weiteres gutes Beispiel für die bedeutsame Kooperation zwischen Naturwissenschaften und Medizin als wesentlichem Zweig der Biowissenschaften. "Ich habe den Vorsitz des Medizinisch Naturwissenschaftlichen Vereins auch deshalb übernommen, um ein Signal zu setzen. Der traditionsreiche Verein ist eine wichtige Klammer für die nun getrennten Innsbrucker Universitäten", betonte Tilmann Märk. (cf)
Das Denken in Disziplinen zurückdrängen
Am Beispiel der Tabakmosaik-Viren wollte Prof. Uwe Kreibig am Dienstag in seinem Vortrag aufzeigen, dass die historisch bedingte Trennung der Naturwissenschaften in eine Vielzahl voneinander getrennter Disziplinen von den Medizinwissenschaften und der Biolologie über die Chemie, die Materialwissenschaften und die Physik nicht immer Sinn macht. Gerade in der immer wichtiger werdenden Nanowissenschaft öffnen sich ganz neue Wege für die multidisziplinäre Zusammenarbeit. Während etwa die Biowissenschaften eher auf qualitative, ganzheitliche Beschreibungen von Phänomenen setzt, versucht die Physik über vereinfachende Modellbildungen komplexe Realitäten in der Natur zu quantifizieren. In der Welt der Nanostrukturen sind beide Perspektiven interessant, ihre Verknüpfung kann wichtige Erkenntnisse für das Verständnis komplexer Natur-Vorgänge liefern. Die derzeit sehr stark zunehmende Bedeutung der Nanowissenschaften wird daher das Denken in Disziplinen zurückdrängen. Dies müsse auch in der Ausbildung, sei es in der Schule oder in den Hochschulen, stärker berücksichtigt werden, so Kreibig; es sei Unsinn, Schüler vor die Wahl zu stellen, entweder Physik oder Biologie oder Chemie zu lernen.
Vielfältige Vorteile transdisziplinärer Kooperation
Prof. Kreibig war der Einladung des Naturwissenschaftlich Medizinischen Vereins in Innsbruck gefolgt. Mit dem derzeitigen Vorsitzenden des Vereins, Vizerektor Prof. Tilmann Märk, verbinden Kreibig langjährige gemeinsame wissenschaftliche Interessen. "Wir kommen beide aus der Clusterforschung. Prof. Märk ist einer der Pioniere in diesem Gebiet", so der Physiker, der selbst u.a. in Wien studiert hat. Heute arbeiten beide Wissenschaftler in den hochaktuellen Nanowissenschaften, wo wichtige Erkenntnisse sowohl für die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung als auch für technologische Entwicklungen gewonnen werden. So setzt etwa die Medizin derzeit in der Krebstherapie versuchsweise magnetische Nanopartikel ein, die von Physikern und Chemikern hergestellt werden (u.a. auch im Aachener Labor), und sie wendet dabei physikalische Behandlungsmethoden an. "Die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen werden hier immer unwichtiger, wir müssen den Dialog zwischen den Forschungsrichtungen stärken", so Kreibig. Für Vizerektor Märk war der Vortrag von Prof. Kreibig ein weiteres gutes Beispiel für die bedeutsame Kooperation zwischen Naturwissenschaften und Medizin als wesentlichem Zweig der Biowissenschaften. "Ich habe den Vorsitz des Medizinisch Naturwissenschaftlichen Vereins auch deshalb übernommen, um ein Signal zu setzen. Der traditionsreiche Verein ist eine wichtige Klammer für die nun getrennten Innsbrucker Universitäten", betonte Tilmann Märk. (cf)