Atlas der Galaxienhaufen

Einem Team von internationalen Astrophysikern, darunter die Innsbrucker Wissenschaftlerin Sabine Schindler vom Institut für Astrophysik, ist erstmals eine weiträumige Kartierung von Galaxienhaufen gelungen. Ergebnisse der zwölfjährigen Arbeit sind ein Katalog der 447 hellsten Galaxienhaufen am Südhimmel und die Bestätigung der Theorie, dass sich das Universum ausdehnt.
Galaxienhaufen
Galaxienhaufen
Galaxienhaufen sind die größten klar definierbaren Gebilde des Universums. Sie enthalten mehrere Hundert bis Tausend Galaxien sowie eine große Masse an Dunkler Materie. Ihre Masse ist eine Million mal eine Milliarde Mal schwerer als die Sonnenmasse und sie bilden das "Rückgrat" des Universums. Die Wissenschaftler benützten in dem Projekt der Europäischen Südsternwarte ESO unter Leitung von Hans Böhringer vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching den mit Hilfe des Röntgensatelliten ROSAT erstellten Himmelsatlas als Ausgangspunkt. Kombiniert mit optischen Beobachtungen lieferte dieser Atlas eine erste Liste möglicher Galaxienhaufen. Ihre Identifikation sowie die Bestimmung ihrer Entfernung erfolgt über die Analyse der Rotverschiebung.

Das Universum - ein Schwamm
Das jetzt veröffentlichte Kernstück des Galaxienhaufen-Katalogs, die REFLEX-Stichprobe, zeigt die 447 röntgenhellsten Galaxienhaufen am Südhimmel. Sie bildet heute die kompletteste Stichprobe von Galaxienhaufen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass die Galaxienhaufen nicht gleichmäßig im Weltraum verteilt sind, sondern sich in deutlichen, sehr weitgespannten Strukturen konzentrieren. Die dichtesten Gebilde - "Superhaufen" genannt - sind fossile Zeugnisse der frühesten Strukturen des Universums. Schindler vergleicht die großräumige Struktur des Universums mit einem Schwamm, mit großen Gebieten mit niedriger Dichte, vergleichbar den Löchern in einem Schwamm, sowie dünnen Wänden und Knoten, an deren Stellen sich die dichtesten Gebiete mit Galaxienhaufen befinden.

Dunkle Materie und Dunkle Energie
Dieser Galaxienhaufen-Katalog, der in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wird, bildet aber auch die Grundlage für weitere kosmologische Erkenntnisse. Eines der wichtigsten Ergebnisse davon ist die von den Wissenschaftlern festgestellte niedrige Massendichte des Universums: Nur rund ein Drittel wird von Materie wie Galaxien, heißem Röntgengas und Dunkler Materie gebildet, die restlichen zwei Drittel müssen daher aus Dunkler Energie bestehen. Das gleiche Ergebnis - 1/3 Materiendichte und 2/3 Energiedichte - hätten auch Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung sowie von Sternenexplosionen (Supernovae) ergeben, so dass sich die Theorie über die Existenz der Dunklen Energie erhärte, erklärte Schindler.

Expansion des Universums
Bis vor wenigen Jahren nahm man an, dass die Ausdehnung des Universums abgebremst wird und das Universum letztlich zum Stillstand kommen wird. Durch die jetzt bestätigte geringe Materiedichte wird aber die Expansion des Universums anhalten und durch die dunkle Energie sogar noch beschleunigt. Ungelöst ist aber immer noch die Frage, woraus die Dunkle Materie und die Dunkle Energie eigentlich bestehen.

(sp)