Ausgrabungen im Herzen Armeniens

Erstmals wird ein Team von Archäologen der Leopold-Franzens-Universität archäologische Ausgrabungen in der Nähe der Stadt Jerevan in Armenien durchführen. Möglich machte dies ein von Rektor Manfried Gantner abgeschlossener Vertrag mit der Universität Jerevan Radik Martirosyan in Armenien. Für die Grabungsarbeiten, bei denen auch Studierende der LFU teilnehmen werden, ist die Akropolis einer urartäischen Stadt ausgewählt worden.
Keilinschrift
Keilinschrift
Durch die Zusammenlegung der beiden Institute "Alte Geschichte" und "Sprachen und Kulturen des Alten Orients" ist eine neue Konstellation entstanden, die es nahe legte, ein gemeinsames und zukunftsweisendes Projekt ins Leben zu rufen.

Die Grabungsstätte "Aramus"

Bereits im Herbst 2003 besichtigte der leitende Archäologe Dr. Wilfrid Allinger-Csollich in Armenien jene Grabungsplätze, die für dieses Projekt in Armenien in Frage kamen. Die Wahl fiel schließlich auf einen Ort mit Namen Aramus, dessen Akropolis noch weitgehend unerforscht ist. Die Oberflächenkeramik und ein kleiner Schnitt, der von armenischen Archäologen angelegt worden war, lassen schon Aussagen über die zu erwartende Zeitstellung zu: Von Urartu bis zu den Achämeniden.
Der Untergang dieses gewaltigen Königreiches von Urartu, das in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrtausends das große Gebiet um drei Seen - Van-See (heute Türkei), Urmia-See (heute Iran) und Sewan-See (heute Armenien) - umfaßte, stellt eines der großen ungelösten Probleme im vorderasiatischen Raum dar und steht im Fokus des Innsbrucker Forschungsvorhabens. Dem Untergang, der den Medern oder Skythen zugeschrieben wird, folgte eine 250 Jahre lang andauernde "dunkle Zeit", die nun von einem Innsbrucker Team unter der Leitung von Dr. Wilfrid Allinger-Csollich genauer untersucht. Im Gebiet der Stadt, deren alter Name noch unbekannt ist, liegt heute ein Dorf mit Namen "Aramus", nach welchem der Grabungsort benannt wird. Hier waren vor Jahren schon Steinplatten mit Keilinschriften gefunden worden. Der Philologe Robert Rollinger und der Althistoriker Peter W. Haider erwarten weitere bedeutende Funde.
Die Armenologin der Grabung (übrigens die einzige Österreichs) ist Jasmine Dum-Tragut aus Salzburg. Sie verweist auf das offensichtlich hohe Alter des Ortes: Überreste von Christlichen Kirchen aus dem 5. Jahrhundert nach Christus wurden hier gefunden. Die Sprachwissenschaftlerin wird durch Feldforschung in einem eigenen Projekt die Sagenwelt erkunden, die mit der Königin Semiramis und deren Geliebten Ara in Beziehung steht.

Ausbildung der Studierenden nach modernsten Erfordernissen

Im Rahmen dieses Projektes wollen die WissenschaftlerInnen - die Grabungsarbeiten werden Anfang September starten - nicht nur neues Material und Anregungen für die Diskussionen liefern, sondern auch Studiosi die Möglichkeit bieten, eine Lehrgrabung auf höchstem Niveau und nach neuesten Erkenntnissen durchzuführen, die allen archäologischen Fächern zugute kommt.
Denn wer heutzutage als ArchäologIn international Berufschancen haben will, muss grabungs- und dokumentationstechnisch auf dem neuesten Stand ausgebildet sein. Deshalb steht bei diesem Projekt neben den Ausgrabungsarbeiten und den Funden auch eine kritische Lehrgrabung für Studenten im Mittelpunkt. Die Studiosi werden die Gelegenheit haben, unter Anleitung von Experten mit modernster technischer Gerätschaft zu arbeiten. Insgesamt 20 StudentInnen waren bereit, für die Teilnahme an dieser speziellen Lehrgrabung die Kosten selbst zu übernehmen und haben nun die einmalige Chance, nach den modernsten Richtlinien zu forschen.
Zudem wurde beschlossen, eine Grabungsfirma mit einzubeziehen, die nicht nur die erforderlichen teuren Geräte zur Verfügung stellt, sondern auch das mit deren Bedienung vertraute Personal. Mit "ARDIS" konnte eine Firma gefunden werden, die in der Lage war, über Österreich hinaus die geforderten hohen technischen Voraussetzungen zu erfüllen. In zahlreichen Kursen wurden die Studiosi von Karsten Wink, dem Leiter von "ARDIS", für ihre Aufgaben an den Computern und Gerätschaften bereits eingeschult.

Das Land Armenien erleben
Aber nicht nur Grabungs- und Forschungsarbeit steht für die jungen StudentInnen ab September auf dem Plan: Durch kulturelle Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit armenischen StudentInnen will man den Studierenden auch einen möglichst umfassenden Einblick in dieses weitgehend unbekannte Land zwischen Kaukasus und Ararat ermöglichen. Hierfür werden zusätzlich zu den Grabungsarbeiten an den Wochenenden Pflichtexkursionen statt finden, die zu prähistorischen Fundstellen wie etwa den Sewan-See, zu hellenistischen Heiligtümern in Garni, zu berühmten urartäischen Fundplätzen wie Erebuni und Karmir Blur, oder zu frühchristlichen Klöstern und Kirchen wie Khor Virab im Zentrum des urartäischen Artashat angesichts des Ararat, führen.

Finanzierung der Grabung auch durch "Volunteers"
An der Grabung in Armenien werden schon in der ersten Kampagne die verschiedensten Fachleute teilnehmen, so z.B. ein Knochenfachmann aus Bremen und ein Satellitenvermesser aus Berlin. Nach Bedarf können weitere Spezialisten hinzugezogen werden, die in eigenständigen Projekten Arbeiten durchführen werden. Diese zusätzlichen Projekte sollen dazu beitragen, die Finanzierung der Grabung - die neben den Zuwendungen der Universität auch auf private Mittel zurückgreift - weitgehend sicherzustellen. Finanzielle Beiträge werden auch von sogenannten "Volunteers", das sind Laien bzw. Privatpersonen, für ihre Grabungsteilnahme geleistet.

Laut Grabungsleiter Dr. Allinger-Csollich besteht übrigens noch die Chance, sich für dieses Forschungsprojekt in Armenien anzumelden. Weitere Informationen findet man in den unten angeführten Links. (bb)