Archäologische Ausgrabungen in Armenien erfolgreich abgeschlossen

Rechtzeitig zu Semesterbeginn kehrten 38 TeilnehmerInnen der ersten österreichischen Ausgrabung in Armenien mit reichhaltigen Forschungsergebnissen in die Heimat zurück. Unter der Projektleitung von Dr. Wilfrid Allinger-Csollich, Prof. Peter Haider und Prof. Robert Rollinger vom Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik sowie Univ. Doz. Jasmine Dum-Tragut (Salzburg) nahmen über 20 Studierende an der Lehrgrabung im Orient teil.
Ausgrabungen in Armenien
Ausgrabungen in Armenien
Ausgrabungen am Rande des Dorfes Aramus
Die Ausgrabungen und Surveys (Geländebegehungen) erfolgten am Ruinenhügel sowie im umliegenden Gelände von Aramus, etwa sechs Kilometer nordöstlich von Yerevan am Rande des Dorfes Aramus. Finanziert wurde das gesamte Unternehmen teilweise von den Studenten selbst, der Universität Innsbruck, privaten Spenden sowie durch Volunteers, die die einmalige Chance ergriffen, an einer archäologischen Ausgrabung im Ausland teilzunehmen. Die digitale Grabungsdokumentation an Ort und Stelle erfolgte in Zusammenarbeit mit der Firma Ardis aus Innsbruck, sodass die Grabungspläne bereits druckfertig vorliegen. Die Tierknochen wurden von Christian Küchelmann aus Bremen und die DNA der menschlichen Skelette von Prof. Walther Parson (Gerichtliche Medizin, Innsbruck) untersucht.

Akropolis einer urartäischen Stadt
Durch Geländebegehungen und kleinere Grabungsschnitte seitens des armenischen Archäologen Haik Avetissyan im Jahre 1988 war bekannt, dass sich auf diesem Hügel eine stark befestigte, ausgedehnte Akropolis einer urartäischen Stadt befand. Da die Oberflächenkeramik darauf hinwies, dass nicht nur Funde aus dem 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. zu erwarten waren, sondern auch jüngere aus achämenidischer und hellenistischer Zeit, war der Grabungsplatz im Rahmen eines umfassenden Institutsprojektes, das sich mit dem Übergang der Kulturen im 1. Jahrtausend v. Chr. befasst, ausgewählt worden.

Stadt Darani unter den Hügeln von Aramus vermutet
Und die Ergebnisse der Grabungen übertrafen die Erwartungen bei weitem. Schon in der ersten von insgesamt 5 geplanten Kampagnen konnten unter der Leitung des „Field director“ Walter Kuntner mindestens 4 unterschiedliche Außenmaueranlagen freigelegt werden, die ermöglichen sollen, die untersuchten Zeitabschnitte genauer zu unterteilen und die einzelnen Phasen sowie deren Dauer präzise zu bestimmen. In einem zweiten Grabungsbereich, beim so genannten „Mittleren Tor“ der Gesamtanlage der Akropolis, konnte die gesamte schichtenbezogene (stratigraphische) Abfolge in diesem Bereich bis auf den anstehenden Boden geklärt werden. Die ausgegrabenen Keramikstücke wurden dann von den StudentInnen unter der Leitung von Sandra Heinsch dokumentiert. Aufgrund der Fundstücke nehmen die ForscherInnen an, dass auf dem weitläufigen Hügel von Aramus mit seinen vielen Befestigungs- und Terrassenanlagen die vom urartäischen König Argischti I. eingenommene Stadt Darani lag. Dieser König berichtet in einer Inschrift am Fuße des Hügels von der „Eroberung des Landes Uluani mit der Stadt und dem Umland von Darani“.

Weitere Untersuchungen
Aber auch die Untersuchungen über das mittelalterliche Aramus haben zu Aufsehen erregenden Ergebnissen geführt. Anlässlich der Eroberung Armeniens durch die Araber im Jahr 728 war der Sitz des Patriarchen von Drin nach Aramus verlegt worden. Hier existierte nicht nur ein Kloster, sondern auch ein Palast des Katholikos. Heutzutage ist nur noch die Ruine einer Kirche Tsiranavor („die Aprikosenfarbene“) aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts n.Chr. erhalten. Erste Geländebegehungen brachten viele Architekturelemente aus der fraglichen Zeit zutage, sodass daran gedacht werden kann, gezielte Untersuchungen hinsichtlich der frühchristlichen Hinterlassenschaften anzusetzen.

Vom Grabungsalltag
Für die StudentInnen aber auch für die Volunteers war diese Grabung wahrlich ein kleines Abenteuer. Trotz Staub und Hitze war man mit Engagement und Begeisterung bei der Arbeit und die Anstrengungen wurden aufgrund der zahlreichen Fundstücke bzw. Forschungsergebnisse entsprechend belohnt. Die Gastfreundschaft der Universität Yerevan bot den ÖsterreicherInnen nicht nur Unterkunft und reichhaltige Verpflegung sondern sorgte auch dafür, dass die angehenden Archäologen und Hobbyarchäologen die lauen Spätsommerabende an einem der Seen in Yerevan gemütlich ausklingen lassen konnten.

Besonders abwechslungsreich gestaltete sich das Reiseprogramm an den Wochenenden, wo meist zahlreiche Pflichtexkursionen in der näheren Umgebung von Yerevan am Programm standen: hellenistische Tempel, die Thermen und die frühchristliche Rundkirche (7. Jahrhundert) in Garni sowie einzelne Klosterbezirke wie „Geghard“ oder „Noravankh“ wurden besichtigt, aber auch Artaschat, der Aragats, der Sevan-See, Dilitschan, Erebuni und Kamir Blur lagen auf der Reiseroute.

Dank des äußerst kompetenten armenischen Archäologen Felix Ter-Martirosov erwiesen sich die jüngsten Grabungsergebnisse der Festung und Siedlung von Erebuni als besonders aufschlussreich und der armenische Experte ließ es sich natürlich nicht nehmen, die österreichischen Gäste persönlich zu führen. In kritischer Auseinandersetzung mit den alten Grabungen und gezielt angesetzten Nachgrabungen konnte für Erebuni eine stratigraphisch und chronologisch korrekte Abfolge von Bau- und Benutzungsphasen erfasst werden, die von der Gründung durch den urartäischen König Argischti I. bis in die augustäische Ära reicht.

Hobbyarchäologen aufgepasst: „Volunteers gesucht!“
Nächstes Jahr startet die zweite Kampagne der Grabung Aramus, an der Studierende aber auch Interessierte teilnehmen können. Abreise ist am 8.September, Ankunft am 7. Oktober 2005. Besonderes Highlight nächstes Jahr: Volunteers können den Forschungsaufenthalt auch in Verbindung mit einer 14-tägigen Rundreise durch Armenien buchen. Anmeldungen werden ab sofort entgegen genommen. (bb)

Anmeldungen für Armenien 2005 unter wilfrid.allinger@uibk.ac.at