Mit High-tech in die Vergangenheit
In Nußdorf-Debant waren bereits Anfang des 18. Jahrhunderts Bauern, als sie einen Acker auf der Suche nach Schätzen durchwühlten, auf Mauern, einen Kanal sowie einen Mosaikfußboden gestoßen. Dies führte 1746 zu ersten archäologischen Ausgrabungen durch den als „Vater der Archäologie in Tirol“ bekannten Anton Roschmann, der darüber noch im selben Jahr einen Bericht in lateinischer Sprache verfasste und über die Reste einer römischen Villa berichtete. Dieser Text wurde kürzlich im Rahmen eines Forschungsprojektes des Tiroler Wissenschaftsfonds von Florian Müller vom Institut für Archäologien – Fachbereich Klassische Archäologie und Florian Schaffenrath vom Institut für Sprachen und Literaturen – Abteilung Latinistik ausgewertet und publiziert.
Identifikation des alten Fundplatzes in Nußdorf-Debant
Neben rein wissenschaftshistorischen Aspekten sollte aber auch der Frage nach dem Wert und der Aussagekraft älterer Quellen für die moderne archäologische Forschung in Tirol nachgegangen werden. Daher begab sich Florian Müller im Herbst 2006 auf die Suche nach dem alten Fundplatz. Im Zuge einer kurzen Begehung konnten bei der Untersuchung von Maulwurfshügeln in relativ kurzer Zeit zahlreiche Funde oberflächlich eingesammelt werden. Neben einer Münze Kaiser Hadrians, Keramikfragmenten und Schlackenresten, fanden sich - wie als Bestätigung der älteren Berichte - dutzende weiße und schwarze Steinchen von römischen Bodenmosaiken. Auch Mörtel- und Estrichbrocken und ein Stück Wandverputz mit roter Bemalung konnten geborgen werden. Somit konnte der ursprüngliche Standort der Villa im Bereich der Flur Gline in Nußdorf-Debant genauer eingegrenzt werden.
Untersuchungen mit Georadar
Um nun einen besseren Überblick zu bekommen, entschloss man sich eine Georadarmessung vorzunehmen bei der im Boden verborgene Strukturen von Mauern relativ genau erfasst werden können. Da solche Untersuchungen aufgrund der verwendeten Gerätschaften und der aufwendigen Auswertung und Interpretation der Ergebnisse sehr kostspielig sind, konnten neben den Gemeinden auch die die Privatstiftung Lienzer Sparkasse und der Verein Curatorium pro Aguntum als Sponsoren gewonnen werden. Bei den Mitte August in Zusammenarbeit mit Wolfgang Neubauer vom Interdisziplinären Forschungsinstitut für Archäologie der Universität Wien (VIAS) durchgeführten Messungen zeigten sich auf den untersuchten 4000 m2 in Nußdorf-Debant Überreste mehrerer Gebäude, die klar mit den alten Aufzeichnungen und Plänen aus dem 18. Jahrhundert in Übereinstimmung gebracht werden können.
Zweite Villa in Oberlienz entdeckt
Im Zuge der Arbeiten in Osttirol wurde auch ein zweiter möglicher Fundplatz in Oberlienz untersucht. Im Bereich des Weilers Lesendorf wurde schon seit langer Zeit ein weiteres römisches Landhaus vermutet. Schon im Jahre 1901 hatte der damalige Grundbesitzer ein paar Tage gegraben und war ähnlich wie in Nußdorf-Debant auf die Fundamente eines Gebäudes mit Mosaikböden gestoßen. In den letzten Jahren kamen zudem auf dem Acker bei Begehungen immer wieder Funde v.a. Keramik aus römischer Zeit zutage. Im Zuge der Georadarmessung konnte zwar nur eine Fläche von 1250 m2 untersucht werden aber schon hier zeigten sich beeindruckende Ergebnisse. Die Bilder des Radars lassen die Überreste eines riesigen Gebäudekomplexes von mindestens 50 m Länge und einer vorgelagerten Säulenhalle erkennen. An beiden Plätzen sowohl in Oberlienz am Westrand des sonnseitigen Schleinitz-Schuttkegels vor dem eigentlichen Eingang ins Iseltal, sowie in Nudßorf-Debant am Übergang des Lienzer Talbodens hin zum Hang mit Aussicht auf das gesamte Tal, bot die klimatisch günstige und geschützte Lage ideale Siedlungsbedingungen in antiker Zeit.
Grabungen in Nußdorf-Debant und weitere Georadarmessungen in Oberlinz geplant
Während in Nußdorf-Debant aufgrund der gemachten Ergebnisse noch im Oktober diesen Jahres an den jetzt genau bestimmten Plätzen erste archäologische Ausgrabungen durch das Institut für Archäologien – Fachbereich Klassische Archäologie der Universität Innsbruck stattfinden werden, ist für Oberlienz geplant, im nächsten Jahr eine weitere großflächige Georadarmessung vorzunehmen um die genaue Lage und weitere Ausdehnung des sicher sehr bedeutenden römischen Landhauses festzustellen.