Quantensprung von „drei“ nach „vier“
Vor kurzem haben zwei Gruppen von Theoretikern die Existenz von Vierkörperzuständen vorhergesagt, die eng mit den sogenannten Efimov-Dreikörperzuständen verbunden sind. Ein Team des Instituts für Experimentalphysik hat diese Zustände nun erstmals in einem ultrakalten Gas aus Cäsiumatomen indirekt nachgewiesen. In bestimmten Energieabständen von einem Efimov-Zustand haben sie zwei Verlustresonanzen entdeckt, die ein starkes Indiz für die Existenz von zwei mit dem Efimov-Zustand eng verbundenen Vierkörperzuständen sind. „Ultrakalte Atomwolken bieten sehr gute Möglichkeiten, diese Mehrkörperphänomene modellhaft zu studieren“, erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin Francesca Ferlaino, „denn wir können die Kräfte und damit die Abstände zwischen den Teilchen sehr genau kontrollieren.“
Mehrkörperprobleme zählen zu den schwierigsten Fragen der Physik, deren Lösung seit Jahrhunderten die klügsten Köpfe der Naturwissenschaft beschäftigt hat. Ausgefeilte Methoden und ein enormer numerischer Rechenaufwand sind heute notwendig, um solche Probleme zu lösen. Auf der Suche nach einfachen Gesetzmäßigkeiten in den komplexen Zusammenhängen von mehreren sich gegenseitig beeinflussenden Objekten ist die Wissenschaft nun wieder einen wichtigen Schritt weiter gekommen.
Grundlage dafür war die Entdeckung des russischen Physikers Vitali Efimov, der Anfang der 1970er-Jahre eine Reihe von Dreikörperzuständen vorhersagte, die durch quantenphysikalische Eigenschaften zustande kommen und auch dadurch gekennzeichnet sind, dass die drei Teilchen sich zu einem schwach gebundenen Objekt vereinen können, obwohl sie paarweise zu keiner Verbindung imstande sind. Der Arbeitsgruppe um Rudolf Grimm gelang es 2006 – mehr als 35 Jahre nach der Entdeckung durch Efimov – dieses Phänomen im Labor erstmals nachzuweisen. Seither hat sich die Erforschung von Efimov-Zuständen zu einem eigenen Feld innerhalb der Physik ultrakalter Atome entwickelt.
Über ihre Beobachtungen berichten die Innsbrucker Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Physical Review Letters. Unterstützt wurden sie vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF. Die Italienerin Francesca Ferlaino war Lise-Meitner-Stipendiatin des FWF und ist seit drei Jahren als Nachwuchsforscherin in der Gruppe von Rudolf Grimm in Innsbruck tätig. Nun baut die erfolgreiche Forscherin am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck eine eigene Forschungsgruppe auf.