Nachwuchsphysiker in Innsbruck ausgezeichnet
Über 600 Physikerinnen und Physiker tagten vergangene Woche an der Universität Innsbruck. Erstmals haben die österreichischen und die schweizerischen Fachgesellschaften für Physik gemeinsam einen Kongress veranstaltet. „Die Tagung war eine Leistungsschau der Physikerinnen und Physiker an den Universitäten und in öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen", sagte Tagungsleiter Prof. Hans Briegel. „Die österreichischen und schweizerischen Fachgesellschaften richteten diese Tagung erstmals gemeinsam aus, um Synergien zu nutzen und der Tagung auf europäischer Ebene ein noch stärkeres Gewicht zu geben." Veranstalter waren die Österreichische Physikalische Gesellschaft (ÖPG), die Schweizerische Physikalische Gesellschaft (SPG) und die Österreichische Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik (ÖGAA). Außerdem nahm auch die Schweizerische Gesellschaft für Astrophysik und Astronomie (SGAA) an der Tagung teil.
Österreich hat im Vorjahr mit dem Beitritt zur Europäischen Südsternwarte (ESO) einen deutlichen forschungspolitischen Akzent gesetzt, der die österreichische Forschung auf diesem Gebiet nachhaltig stärken und international positionieren wird. Im Jahr der Astronomie 2009 widmete sich deshalb ein Schwerpunkt der Konferenz aktuellen Fragen der Astronomie und Astrophysik. Weitere Schwerpunkte umfassten die Quantenphysik, die Teilchen- und die Plasmaphysik sowie die Festkörperphysik. Außerdem wurde während der Konferenz über die Vermittlung physikalischer Kenntnisse in Lehre und Unterricht diskutiert und die Geschichte der Physik erkundet.
Nachwuchs ausgezeichnet
Kalte Atome in optischen Gittern sind das Steckenpferd von Andrew Daley. Der Theoretiker beschäftigt sich mit der Frage, wie solche Systeme für den Bau von Quantencomputern und Quantensimulatoren verwendet werden können. „Es gibt weltweit etwa 20 Labors, in denen mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern experimentiert wird", sagt Daley. „Als Theoretiker versuche ich, interessante Wege für neue Experimente aufzuzeigen." Im letzten Jahr hat der Nachwuchsforscher gemeinsam mit seinem Doktorvater Prof. Peter Zoller und Kollegen aus den USA ein völlig neues Konzept für den Bau eines zukünftigen Quantencomputers entwickelt: Während bisher bei Quantencomputerexperimenten Alkaliatome zum Einsatz kamen, schlägt Daley nun die Verwendung von Erdalkalimetallen vor. Elemente wie Kalzium (Ca) und Strontium (Sr) besitzen statt einem, zwei Elektronen in der äußersten Schale. Sie werden heute bereits für die Konstruktion extrem genauer Atomuhren eingesetzt. Damit lassen sich Präzisionsuhren mit einer Ungenauigkeit von einer Sekunde in Tausend Millionen Jahren bauen. Diese ausgereifte Technologie hat Daley nun für den Einsatz in der Quanteninformationsverarbeitung fruchtbar gemacht. „Wir kombinieren in unserem Vorschlag die besonderen Eigenschaften der Erdalkalimetalle mit der extrem genauen Kontrolle, wie sie für Atomuhren entwickelt wurde", erklärt Andrew Daley. „Unser Entwurf erlaubt ein einfacheres Manipulieren der einzelnen Atome und eine robustere Speicherung der Informationen als in bisherigen Experimenten." Für die Entwicklung dieses Konzepts wurde der Physiker am Freitag in Innsbruck mit dem Ludwig-Boltzmann-Preis der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft (ÖPG) ausgezeichnet. Dies ist die höchste österreichische Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler auf dem Gebiet der Physik.
Neben Daley wurden weitere Jungforscherinnen und Jungforscher von der Österreichischen Physikalische Gesellschaft ausgezeichnet. Auch die Schweizerische Physikalische Gesellschaft (SPG) und die Österreichische Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik (ÖGAA) haben Preise für besondere Leistungen verliehen.
Anton Zeilinger begeisterte Zuhörer
Zum Abschluss der viertägigen Konferenz sprach am Freitagabend der Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger in einem öffentlich zugänglichen Festvortrag über die zentralen Aussagen der Quantenphysik und erläutert ihre Auswirkungen auf unser Weltbild. Schon der österreichische Nobelpreisträger Erwin Schrödinger hatte gemeint, die Verschränkung - von Einstein einmal „spukhaft" genannt - zwinge uns, liebgewordene Vorstellungen, wie die Welt beschaffen ist, zu verabschieden. Die Quantenphysik gilt gewöhnlich als dunkel, paradox, rätselhaft, weil sie mit dem gesunden Menschenverstand und unserer natürlichen Wahrnehmung zu kollidieren scheint. Genau dies macht sie aber auch für viele faszinierend, fesselt Physiker ebenso wie Philosophen, Fachleute ebenso wie Laien. Die etwa 500 Besucherinnen und Besucher zeigten sich denn auch begeistert von den Ausführungen Zeilingers.