"Ich bin dagegen!"
Der bekannte Chirurg Prof. Dr. Raimund Margreiter ist ein vehementer Gegner der geplanten Ausgliederung der Medizinischen Fakultät. In einem Interview mit der am Samstag erschienenen UNIZEITUNG erklärte er, warum er für den Verbleib der Medizinischen Fakultät im Verband der Universität Innsbruck eintritt.
UNIZEITUNG: Die Regierung plant, die Medizinischen Fakultäten auszugliedern und in eigenständige Universitäten umzuwandeln. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?
Prof. Margreiter: Ich bin gegen eine Ausgliederung. Erstens ist es meine persönliche Erfahrung, dass Gespräche mit den Vetretern anderer Fakultäten sehr nützlich für die eigene Sichtweise sind. In der heutigen Zeit, in der durch Spezialisierung die Sichtweise doch sehr eingeengt ist, tun diese Kontakte sehr gut. Zweitens ist es so, dass die Forschung in der Medizin auf naturwissenschaftlichen Methoden beruht. Nicht nur was die Dissertanten und Diplomanden betrifft, sind wir in einem sehr hohen Maße auf die Naturwissenschaftliche Fakultät angewiesen, wenn wir unseren Wissenschafts- und Forschungsbetrieb aufrecht erhalten wollen. Wenn es zur Auslagerung kommt dann, wird das schwieriger. Der dritte Grund ist ein persönlicher. Ich habe hier studiert und praktisch mein gesamtes Arbeitsleben verbracht. Das ist die Landesuniversität und meine Heimatuniversität. Mit der identifiziere ich mich.
UNIZEITUNG: Wie wichtig ist für ihre persönliche Arbeit die naturwissennschaftliche Forschung?
Prof. Margreiter: An unserer "Miniabteilung", die bis vor fünf Jahren keine eigene Station hatte, wurden bisher zirka 70 Dissertationen produziert - mehr als die Hälfte davon von Nicht-Medizinern. Die haben uns bei der Erfüllung unserer Forschungsaufgaben sehr geholfen. Ohne sie hätten wir das nicht geschafft. Bei uns wäre der Forschungsbetrieb in hohem Maße gefährdet, wenn wir die Dissertanten der Naturwissenschaft nicht mehr hätten.
UNIZEITUNG: Die Transplantationschirurgie ist in Innsbruck sehr erfolgreich. Worauf ist dies zurückzuführen?
Prof. Margreiter: Die Operation selbst macht ja nur zwischen zehn und fünfzehn Prozent des Gesamtkomplexes aus. Es spielen auch die nicht-chirurgischen Dinge eine große Rolle, mit denen sich der Chirurg genauso auseinandersetzen muss. Da geht es um postoperatives Management, Erkennen von Abstoßungsvorgängen etc. Bei Herztransplantationen haben wir in Innsbruck in den letzten zweieinhalb Jahren keinen Patienten verloren, bei Leber und Bauchspeicheldrüse sind die Überlebensraten weit über 90 Prozent.
UNIZEITUNG: Sind diese Erfolge durch die ständige Beschäftigung mit der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung gewachsen?
Prof. Margreiter: Alle neuen Forschungsergebnisse werden mit Methoden erarbeitet, die auch die Naturwissenschaftlern anwenden. Deswegen wäre es sehr schade, wenn wir nicht mehr im Verbund der Universität wären. Die Medizin würde schon überleben können, aber ich betrachte diese Querverbindungen als einen großen Vorteil. Die Trennung wäre kontraproduktiv. Ich erkenne auch keine Notwendigkeit. Den logistischen Mehraufwand einer Medizinischen Fakultät kann man lösen, das hat bis jetzt auch funktioniert. Das geht in jedem Wirtschaftsbetrieb, warum dann nicht auch an der Universität? Durch eine Trennung wird's auch nicht billiger, man braucht ja eine eigene Verwaltung und eine entsprechende Infrastruktur.
UNIZEITUNG: Sie haben gesagt: "Die Medizin würde überleben können." Befürchten Sie, dass langfristig die Medizin in Innsbruck nicht mehr die gleich Topleistungen erbringen kann wie bisher?
Prof. Margreiter: Ich glaube, dass es sich negativ auswirken würde und wir zurückfallen würden. Wir müssen uns aber steigern und das Potenzial dazu wäre da. Die angestrebte Qualitätsverbesserung ist durch eine Loslösung der Medizin nicht zu erzielen. Das ist nicht die geeignete Maßnahme.
UNIZEITUNG: Besteht die Gefahr, dass eine Medizinuni zu einer medizinischen Fachhochschule wird?
Prof. Margreiter: Die Gefahr sehe ich schon. Ein Szenario wäre, dass Menschen oder Institutionen Einfluss nehmen, denen die Forschung kein großes Anliegen ist. Das sieht man auch in Deutschland bei Medizinischen Hochschulen. Die sind nicht die anerkannten medizinischen Institutionen geworden. Das muss man klar sagen.
UNIZEITUNG: Für die Zukunft heißt das, dass man nicht weiterkommt?
Prof. Margreiter: Weiterkommen schon, aber es gibt große Unterschiede. In Österreich gibt es Krankenhäuser, die mit Innsbruck durchaus vergleichbar sind. Aber dort, wo sie in Universitäten eingebunden sind, wird eine andere Art von Medizin gemacht. An Universitäten, an denen man forscht, ist man an den Fortschritten selber beteiligt. Wenn es Richtung Fachhochschule geht und die Forschung vernachlässigt wird, hätte das mittelfristig auch auf die Krankenversorgung negative Auswirkungen.
UNIZEITUNG: Zusammenfassend sehen Sie keinen Sinn in einer Ausgliederung?
Prof. Margreiter: Natürlich könnte man die Strukturen etwas deutlicher abgrenzen. Dies erkauft man sich aber mit einer Fülle von Nachteilen. Teurer wird's wahrscheinlich und die wissenschaftliche Kooperation und die Mitarbeiter gehen uns verloren. In Österreich fällt - international gesehen - jetzt schon in der Forschung immer weiter zurück. Die Trennung ist kein Weg, um besser zu werden. Deshalb bin ich dagegen.
Prof. Margreiter: Ich bin gegen eine Ausgliederung. Erstens ist es meine persönliche Erfahrung, dass Gespräche mit den Vetretern anderer Fakultäten sehr nützlich für die eigene Sichtweise sind. In der heutigen Zeit, in der durch Spezialisierung die Sichtweise doch sehr eingeengt ist, tun diese Kontakte sehr gut. Zweitens ist es so, dass die Forschung in der Medizin auf naturwissenschaftlichen Methoden beruht. Nicht nur was die Dissertanten und Diplomanden betrifft, sind wir in einem sehr hohen Maße auf die Naturwissenschaftliche Fakultät angewiesen, wenn wir unseren Wissenschafts- und Forschungsbetrieb aufrecht erhalten wollen. Wenn es zur Auslagerung kommt dann, wird das schwieriger. Der dritte Grund ist ein persönlicher. Ich habe hier studiert und praktisch mein gesamtes Arbeitsleben verbracht. Das ist die Landesuniversität und meine Heimatuniversität. Mit der identifiziere ich mich.
UNIZEITUNG: Wie wichtig ist für ihre persönliche Arbeit die naturwissennschaftliche Forschung?
Prof. Margreiter: An unserer "Miniabteilung", die bis vor fünf Jahren keine eigene Station hatte, wurden bisher zirka 70 Dissertationen produziert - mehr als die Hälfte davon von Nicht-Medizinern. Die haben uns bei der Erfüllung unserer Forschungsaufgaben sehr geholfen. Ohne sie hätten wir das nicht geschafft. Bei uns wäre der Forschungsbetrieb in hohem Maße gefährdet, wenn wir die Dissertanten der Naturwissenschaft nicht mehr hätten.
UNIZEITUNG: Die Transplantationschirurgie ist in Innsbruck sehr erfolgreich. Worauf ist dies zurückzuführen?
Prof. Margreiter: Die Operation selbst macht ja nur zwischen zehn und fünfzehn Prozent des Gesamtkomplexes aus. Es spielen auch die nicht-chirurgischen Dinge eine große Rolle, mit denen sich der Chirurg genauso auseinandersetzen muss. Da geht es um postoperatives Management, Erkennen von Abstoßungsvorgängen etc. Bei Herztransplantationen haben wir in Innsbruck in den letzten zweieinhalb Jahren keinen Patienten verloren, bei Leber und Bauchspeicheldrüse sind die Überlebensraten weit über 90 Prozent.
UNIZEITUNG: Sind diese Erfolge durch die ständige Beschäftigung mit der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung gewachsen?
Prof. Margreiter: Alle neuen Forschungsergebnisse werden mit Methoden erarbeitet, die auch die Naturwissenschaftlern anwenden. Deswegen wäre es sehr schade, wenn wir nicht mehr im Verbund der Universität wären. Die Medizin würde schon überleben können, aber ich betrachte diese Querverbindungen als einen großen Vorteil. Die Trennung wäre kontraproduktiv. Ich erkenne auch keine Notwendigkeit. Den logistischen Mehraufwand einer Medizinischen Fakultät kann man lösen, das hat bis jetzt auch funktioniert. Das geht in jedem Wirtschaftsbetrieb, warum dann nicht auch an der Universität? Durch eine Trennung wird's auch nicht billiger, man braucht ja eine eigene Verwaltung und eine entsprechende Infrastruktur.
UNIZEITUNG: Sie haben gesagt: "Die Medizin würde überleben können." Befürchten Sie, dass langfristig die Medizin in Innsbruck nicht mehr die gleich Topleistungen erbringen kann wie bisher?
Prof. Margreiter: Ich glaube, dass es sich negativ auswirken würde und wir zurückfallen würden. Wir müssen uns aber steigern und das Potenzial dazu wäre da. Die angestrebte Qualitätsverbesserung ist durch eine Loslösung der Medizin nicht zu erzielen. Das ist nicht die geeignete Maßnahme.
UNIZEITUNG: Besteht die Gefahr, dass eine Medizinuni zu einer medizinischen Fachhochschule wird?
Prof. Margreiter: Die Gefahr sehe ich schon. Ein Szenario wäre, dass Menschen oder Institutionen Einfluss nehmen, denen die Forschung kein großes Anliegen ist. Das sieht man auch in Deutschland bei Medizinischen Hochschulen. Die sind nicht die anerkannten medizinischen Institutionen geworden. Das muss man klar sagen.
UNIZEITUNG: Für die Zukunft heißt das, dass man nicht weiterkommt?
Prof. Margreiter: Weiterkommen schon, aber es gibt große Unterschiede. In Österreich gibt es Krankenhäuser, die mit Innsbruck durchaus vergleichbar sind. Aber dort, wo sie in Universitäten eingebunden sind, wird eine andere Art von Medizin gemacht. An Universitäten, an denen man forscht, ist man an den Fortschritten selber beteiligt. Wenn es Richtung Fachhochschule geht und die Forschung vernachlässigt wird, hätte das mittelfristig auch auf die Krankenversorgung negative Auswirkungen.
UNIZEITUNG: Zusammenfassend sehen Sie keinen Sinn in einer Ausgliederung?
Prof. Margreiter: Natürlich könnte man die Strukturen etwas deutlicher abgrenzen. Dies erkauft man sich aber mit einer Fülle von Nachteilen. Teurer wird's wahrscheinlich und die wissenschaftliche Kooperation und die Mitarbeiter gehen uns verloren. In Österreich fällt - international gesehen - jetzt schon in der Forschung immer weiter zurück. Die Trennung ist kein Weg, um besser zu werden. Deshalb bin ich dagegen.