Wem gehört die Wissenschaft?
Unter diesem Motto steht die Veranstaltungsreihe des Arbeitskreises Wissenschaft und Verantwortlichkeit im Sommersemester. Mit Steve Fuller und Tim May nahmen gestern Abend zwei herausragende Vertreter der britischen Soziologie Stellung zur Frage nach der Rolle der Universitäten in der vielgepriesenen Wissensgesellschaft.
Universitätsreformen finden nicht nur in Österreich statt, weltweit befindet sich die Wissenschaftslandschaft in einem gravierenden Umbruch. Meist schwanken die Protagonisten zwischen Hilflosigkeit und Ignoranz, wenn es um die Beurteilung dieser Veränderungen geht. Die beiden britischen Soziologen Steve Fuller und Tim May haben sich intensiv mit der Reorganisation des Wissenschaftsbetriebs beschäftigt und machen sowohl interne als auch externe Ursachen für den Verfall der Universitäten verantwortlich.
Entwertung des Wissensbegriffs
Die Universität als altehrwürdige Institution der gesellschaftlichen Wissensproduktion gerät in den letzten Jahren zunehmend unter Druck. Die zu beobachtende Inflation des Wissensbegriffs (Wissensgesellschaft, Wissensökonomie,...) ist für Steve Fuller Folge einer Marktöffnung, die den Universitäten zahlreiche Mitbewerber in der Wissensproduktion beschert hat. Während die Universität auf einem komplexen Wertsicherungssystem aufbaut, kennen die neuen Mitbewerber kaum formale Vorgaben und bewegen sich deshalb entsprechend leicht im neuen Wissenschaftsmarkt. Sowohl in der Lehre als auch in der Forschung entstehen der Universität damit starke Konkurrenten. "Die Universitäten machen dabei kein gutes Bild," sagt Fuller, für den heute die Idee der Universität als solche in Frage gestellt scheint. Die Universität ist für Fuller aber mehr als nur die Summe der Institute und Disziplinen. Die zunehmende Individualisierung in den Universitäten und die Aufgabe des Ideals von der Einheit von Forschung und Lehre lässt die Universitäten zu seltsamen Zeremonienplätzen verkommen, so Fuller. Das Konzept Universität wird zu einem leeren Begriff. Steve Fuller plädiert daher für eine Wiederbelebung der Idee der Einheit von Forschung und Lehre, die als Gründungsidee der Universität gelten kann. Die Einzäunung geistigen Eigentums und die Geringschätzung der Allgemeinbildung sind für ihn gefährliche Entwicklungen, die auch die Grundfesten der Gesellschaft als solches gefährden.
Der Konkurrenz nicht gewachsen?
Bei der zunehmenden Individualisierung innerhalb der Universitäten setzt auch die Kritik von Tim May an. Seiner Meinung nach haben die Akademiker meist nur wenig Interesse an den Produktionsbedingungen der Wissenschaft. Sowohl die Wissenschaftler als auch ihre Manager verkennen die Realitäten in den meisten Fällen und sind nicht in der Lage auf die geschilderten sozialen Veränderungen in angemessener Form zu reagieren, so May. Er richtet seine Kritik besonders an das Universitätsmanagement, das die Werte der Universität nicht mehr verteidigt, sondern mit hilflosen Anpassungsaktionen auf die Konkurrenz von außen reagiert. Allerdings wolle er die Schuld damit nicht allein den Managern zuschieben, denn die Universitäten hätten die Manager, die sie verdienen, so May. Es gelte die Werte der Universität als Grundlage für die wissenschaftliche Arbeit wieder hochzuhalten.
Zwei ausgewiesene Experten
Steve Fuller arbeitet an der britischen Elite-Universität in Warwick und ist ein weltweit bekannter Provokateur der Wissenschaftstheorie. Mit Büchern zur Kuhn-Popper-Debatte hat er ebenso reüssiert wie mit Studien zu Fragen der Wissenssoziologie. Tim May ist Soziologe an der University of Salford und leitet das Centre for Sustainable Urban and Regional Futures, einer großteils selbstfinanzierten Forschungseinrichtung für Stadt- und Regionalplanung. Nicht zuletzt der Unterstützung durch den British Council war es zu verdanken, dass die beiden führenden britischen Organisationstheoretiker zu diesem Vortrag nach Innsbruck kommen konnten. (cf)
Entwertung des Wissensbegriffs
Die Universität als altehrwürdige Institution der gesellschaftlichen Wissensproduktion gerät in den letzten Jahren zunehmend unter Druck. Die zu beobachtende Inflation des Wissensbegriffs (Wissensgesellschaft, Wissensökonomie,...) ist für Steve Fuller Folge einer Marktöffnung, die den Universitäten zahlreiche Mitbewerber in der Wissensproduktion beschert hat. Während die Universität auf einem komplexen Wertsicherungssystem aufbaut, kennen die neuen Mitbewerber kaum formale Vorgaben und bewegen sich deshalb entsprechend leicht im neuen Wissenschaftsmarkt. Sowohl in der Lehre als auch in der Forschung entstehen der Universität damit starke Konkurrenten. "Die Universitäten machen dabei kein gutes Bild," sagt Fuller, für den heute die Idee der Universität als solche in Frage gestellt scheint. Die Universität ist für Fuller aber mehr als nur die Summe der Institute und Disziplinen. Die zunehmende Individualisierung in den Universitäten und die Aufgabe des Ideals von der Einheit von Forschung und Lehre lässt die Universitäten zu seltsamen Zeremonienplätzen verkommen, so Fuller. Das Konzept Universität wird zu einem leeren Begriff. Steve Fuller plädiert daher für eine Wiederbelebung der Idee der Einheit von Forschung und Lehre, die als Gründungsidee der Universität gelten kann. Die Einzäunung geistigen Eigentums und die Geringschätzung der Allgemeinbildung sind für ihn gefährliche Entwicklungen, die auch die Grundfesten der Gesellschaft als solches gefährden.
Der Konkurrenz nicht gewachsen?
Bei der zunehmenden Individualisierung innerhalb der Universitäten setzt auch die Kritik von Tim May an. Seiner Meinung nach haben die Akademiker meist nur wenig Interesse an den Produktionsbedingungen der Wissenschaft. Sowohl die Wissenschaftler als auch ihre Manager verkennen die Realitäten in den meisten Fällen und sind nicht in der Lage auf die geschilderten sozialen Veränderungen in angemessener Form zu reagieren, so May. Er richtet seine Kritik besonders an das Universitätsmanagement, das die Werte der Universität nicht mehr verteidigt, sondern mit hilflosen Anpassungsaktionen auf die Konkurrenz von außen reagiert. Allerdings wolle er die Schuld damit nicht allein den Managern zuschieben, denn die Universitäten hätten die Manager, die sie verdienen, so May. Es gelte die Werte der Universität als Grundlage für die wissenschaftliche Arbeit wieder hochzuhalten.
Zwei ausgewiesene Experten
Steve Fuller arbeitet an der britischen Elite-Universität in Warwick und ist ein weltweit bekannter Provokateur der Wissenschaftstheorie. Mit Büchern zur Kuhn-Popper-Debatte hat er ebenso reüssiert wie mit Studien zu Fragen der Wissenssoziologie. Tim May ist Soziologe an der University of Salford und leitet das Centre for Sustainable Urban and Regional Futures, einer großteils selbstfinanzierten Forschungseinrichtung für Stadt- und Regionalplanung. Nicht zuletzt der Unterstützung durch den British Council war es zu verdanken, dass die beiden führenden britischen Organisationstheoretiker zu diesem Vortrag nach Innsbruck kommen konnten. (cf)