Blindlings
Claudio Magris zählt zu den bedeutendsten Intellektuellen und Schriftstellern Italiens. Der Autor, Übersetzer, Universitätsprofessor, Kolumnist und Philosoph war in den 1990er Jahren auch parteiloser Senator für die Region Triest im italienischen Parlament.
„Blindlings“ orientiert sich inhaltlich an einer wahren Begebenheit: Nach dem Zweiten Weltkrieg verließen rund 2.000 italienische ArbeiterInnen ihre Heimat, um in Jugoslawien den Kommunismus mit aufzubauen. Nach Titos Bruch mit Stalin erschienen dem jugoslawischen Machthaber die emigrierten italienischen Kommunisten als vermeintliche Stalinisten als zu gefährlich für sein Land, so dass er sie – knapp ein Jahr nach ihrer Ankunft in Jugoslawien – auf Inseln in der oberen Adria deportieren ließ. Nach Jahren der Gefangenschaft und Folter kehrten die heimatlos gewordenen nach Italien zurück, wo ihnen Polizei, Öffentlichkeit und Gesellschaft misstrauisch und ablehnend begegneten.
Rund um das Schicksal eines jener 2.000 Kommunisten baut Magris sein umfangreiches Werk auf, dessen Zeitrahmen sich über die beiden letzten Jahrhunderte erstreckt. Magris erzählt mit der Stimme eines Nervenpatienten von Jorgen Jorgensen, dem im 19. Jahrhundert selbst ernannten (Kurzzeit-)"König von Island" - fern seiner Heimat zur Strafarbeit verurteilt -, und dem fiktiven Salvatore Cippico, einem italienischen Kommunisten, der den Nazi-Terror im KZ überlebte und sich später im Jugoslawien Titos auf einer Sträflingsinsel wieder findet. Für „Blindlings“ wurde Claudio Magris mit dem internationalen Tomasi-di-Lampedusa-Preis ausgezeichnet.