The Water Balance of the Alps

Ende September fand im mittelalterlichen Ambiente der Claudiana die internationale Konferenz “Water balance of the Alps” statt. 80 Experten aus dem Alpenraum diskutierten über die Nutzung und Erhaltung der Wasserresourcen in den Alpen und forderten konkrete Maßnahmen.
The Water Balance of the Alps
The Water Balance of the Alps

Nach Expertenmeinung werden weltweit klimatische Extreme zunehmen, wobei die Auswirkungen in den Alpen besondsers drastisch sein dürften. Bemer­kens­wert dabei ist, dass es sich nicht (nur) um zukünftige Prognosen handelt, sondern um Prozesse, die momentan ablaufen. Erstaunlich auch für die Wissenschaft ist, dass sich diese Prozesse gegenseitig schneller aufschaukeln als bisher angenommen wurde.

 

Die beunruhigenden Fakten

Bei der Konferenz, die im Rahmen der österreichischen Alpenkonventionspräsidentschaft vom Lebensministerium, der Forschungsplattform "Alpiner Raum - Mensch und Umwelt" der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck und ISCAR, dem Internationalen Wissenschaftlichen Komitee der Alpenforschung, organisiert wurde, trafen sich Vertreter der Wissenschaft, der Verwaltung, der Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen zu einem offenen Meinungsaustausch. Die ausgezeichneten Vorträge mit unerwarteten und oft beun­ruhigenden Ergebnissen führten zu lebhaften Diskussionen mit bisweilen konträren Ansich­ten. Es herrschte jedoch Übereinstimmung darüber, dass die Gewässer in den Alpen besonders empfind­lich sind, dass der Klimawandel im Gebirge zwei- bis dreimal schneller verläuft als im Rest der Welt und dass es neben der Klimaerwärmung weitere globale Veränderungen gibt. Diese Veränderungen beeinflussen nicht ausschließlich, aber vor allem und unmittelbar den Wasserkreislauf – und damit jene Regionen, die Wasser aus den Alpen nutzen bzw. sich davor schützen müssen. Die Alpen­flüsse liefern Jahr für Jahr 216 km3 Wasser, das entspricht 40% des Wasser­ver­brauchs in Europa. Extreme, sowohl Überschwemmungen als auch Dürren, oft in derselben Region und im selben Jahr, nehmen zu. Alle Fakten zeigen, dass diese Ver­ände­rungen bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wasserressourcen be­rücksichtigen werden müs­sen. Der bereits jetzt in den Alpen sichtbare Klima­wandel verschärft diesen Druck, und die ab­seh­baren Ver­ände­run­gen werden Abhängigkeiten und Risken, aber auch die Nutzungs­konkurrenz ver­schärfen.

 

Mögliche Strategien

In den Alpen werden deshalb spezifische Adapta­tions­strate­gien benötigt, die aber auch die Situation der Bevölkerung im Flachlandes berücksichtigen. Denn jeder vierte Wassertropfen, den die Donau ins Schwarze Meer trans­portiert, stammt aus den Alpen.

Es besteht großer und unmittelbarer Handlungsbedarf. Für die notwendigen Analysen und Um­setzungen ist der Beitrag der Wissenschaft unerlässlich. Welche Instrumente und Maß­nahmen sind dazu geeignet? Es gibt nach Ansicht einiger Experten bereits eine große Rege­lungsdichte, wie z.B. die Fauna Flora Habitat Richtlinie und Natura 2000, sowie inter­natio­nale Abkommen wie die Alpen­konven­tion mit ihren Protokollen, von denen einige das Thema Wasser ansprechen (Boden, Verkehr, Energie, Naturschutz, Tourismus …). Die EU-Wasserrichtslinien (WFD - Water Frame Directive) gelten für alle Gewässer, alle Impacts, für gesamte Einzugsgebiete und natürlich auch für alle 25 Ökoregionen Europas. Jedoch fehlen wichtige Elementen des Wasserkreislaufs wie das atmo­sphärisches Wasser, Schnee, Gletscher, Permafrost und die Wassermengen als Schutzgüter. Dass es Maß­nahmen braucht, diese Elemente des Wasserkreislaufs zu schützen, ist unbestritten, es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen über die Art und Weise:

  • Die WFD in die nationale Gesetzgebung implementieren. Dieser Prozess ist in allen EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz in Gang und muss angesichts der dramatischen Veränderungen des Klimas und des Wasserkreislaufs, sofort und in enger Kooperation mit der betrof­fenen Be­völkerung, den Stakeholdern, Wissenschaftlern und der Verwaltung erfolgen.
  • Ergänzung der anderen Protokolle der Alpenkonvention, die das Thema Gletscher bereits berühren. Da sich daraus Probleme bei der Ratifizierung anderer Protokolle ergeben könnte, sollte diese Option nicht verfolgt werden.
  • Vorbereitung eines eigenen Wasserprotokolls (WP). Von einigen Praktikern wird dieser Weg als zu langwierig und zu unsicher angesehen. Zu forcieren wäre die rasche und „adaptive“ Implementierung, vor allem in Hinsicht auf den extrem raschen Rückgang der Gletscher, der 3% pro Jahr beträgt.

 

Dialog erhalten

Die verschiedenen Meinungen sind momentan nicht unter einen Hut zu bringen, da die jeweiligen Interessen zu unterschiedlich sind. Unbestritten ist der gemeinsame Wille den weiteren Austausch und die Kommunikation zwischen allen Gruppen und Disziplinen aufrecht zu halten. Deshalb muss deroffene Dialog mit dem Ständigen Ausschuss und der Alpen­konferenz weiter geführt werden, aber auch mit der gesamten EU, die sich im 7. For­schungsrahmenprogramm (Beginn 2007) mit alpen­spezifischen Adaptionsstrategien befassen sollte. Im Rahmen der Forschungsagenda zum mehr­jährigen Arbeitsprogramm der Alpen­konvention (MAP) sollte dem Aspekt der Adaptation an die Auswirkungen des Klima­wandels besondere Priorität eingeräumt werden. Dass Wasser und Gewässer eine zentrale Rolle einnehmen wurde auf dieser Konferenz augenscheinlich. Mitigation ist notwendig oder, wie einer der Teilnehmer meinte, nur eine Seite der Medaille. Adaptation ist das Gebot der Stunde, und Adaptation ist das, was die Alpenländer leisten können.