alpS-Forum: Katastrophen im Stillen

Die Auswirkungen von Katastrophen können durch offene Kommunikation vermindert werden. In der Geschichte Tirols wurde dies allerdings oft verabsäumt. Auch heute gibt es noch zahlreiche „Katastrophen im Stillen“, wie Dr. Josef Nussbaumer vom Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte beim 25. alpS-Forum diagnostizierte.
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V.l.n.r.: Eric Veulliet (alpS), Walter Schieferer (Tiroler Versicherung), Josef Nussbaumer (Universität Innsbruck), Werner Pfeifer (Hypo Tirol Bank), Franz Mair (Tiroler Versicherung)

Es waren gewaltige, meist durch den Menschen bedingte Katastrophen, die Tirol vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trafen. „Man schätzt, dass die beiden Weltkriege etwa 40.000 Tiroler Soldaten das Leben gekostet haben. Und der Satz „Der Krieg geht, der Hunger bleibt“ hat damals auch in unserem Land weitestgehend zugetroffen“, erläuterte Josef Nussbaumer beim 25. alpS-Forum am Montag, 12. März 2007. Zum Hunger kam nach dem Ersten Weltkrieg die „Spanische Grippe“. Sie traf im Verlauf eines halben Jahres dreitausend vor allem junge TirolerInnen tödlich. Nussbaumer führte die Ausbreitung dieser Grippe vor allem auf das Verhindern von offener Information zurück. „Sie soll deshalb „spanisch“ geheißen haben, weil Spanien damals das einzige Land in Europa war, in dem die kollektive Dimension der Krankheit öffentlich gemacht werden konnte.“

Offene Information über die Ursprünge und Ausbreitungsbedingungen von Katastrophen sind nach wie vor von entscheidender Bedeutung, denn Nussbaumer ortet auch heute einige „Katastrophen im Stillen“. Etwa die Alkoholsucht mit 30.000 erkrankten und 60.000 gefährdeten TirolerInnen. Oder die Spielsucht (geschätzte 10.000 Betroffene allein in Tirol) mit ihren Existenz bedrohenden finanziellen Auswirkungen.

Auch die Armut ist eine jener Katastrophen im Stillen: Zur Bekämpfung zukünftiger Armut etwa sei besonders auf die Funktionsfähigkeit des Sozialversicherungssystems zu achten. Nussbaumer rät zur Solidarität mit jenen, die von der Armut besonders bedroht sind und gibt zahlreiche Solidaritätsbeispiele an.

 

Studienbeginn 1945/46 an der Uni Innsbruck

Eines davon war der Studienbeginn an der Universität Innsbruck im Wintersemester 1945/46: Der Vorlesungsbetrieb konnte am Anfang nur von der philosophischen und juridischen Fakultät aufgenommen werden. Wer damals studieren wollte, hatte zuerst einen Arbeitseinsatz zur Beseitigung von Kriegsschäden und zur Beschaffung von Brennholz nachzuweisen (Studenten zwei Arbeitswochen, Studentinnen eine Arbeitswoche).

 

Technik braucht gesellschaftliche Orientierungspunkte

Laut alpS-Geschäftsführer Eric Veulliet wird sich das Forum weiterhin mit gesellschaftlich relevanten Themen befassen. „Das gibt unserer naturwissenschaftlich-technisch orientierten angewandten Forschung wichtige Orientierung“. Besonders erfreulich sei neben dem Interesse junger ForscherInnen das der Wirtschaft an diesen Angeboten.