Kinder und Medien im Fokus

Am 9. Oktober fand der vom Medienforum innsbruck media studies organisierte Medientag der Universität Innsbruck 2008 statt. Die Tagung stand unter dem Motto „Kinder und Medien“ und wurde vom Schwerpunktsprecher der innsbruck media studies, Prof. Dr. Theo Hug, und dem Vizerektor für Forschung, Prof. Tilmann Märk, eröffnet.
Zahlreiche Interessierte kamen zum  Medientag 2008 an die Uni Innsbruck
Zahlreiche Interessierte kamen zum Medientag 2008 an die Uni Innsbruck

Die Veranstaltung überzeugte durch ein vielfältiges Angebot theoretischer und praktischer Auseinandersetzung mit Kindermedien und Medienkindern. Unter den RednerInnen aus Innsbruck, Wien und Kassel befanden sich neben Medienpädagogen und Lehrbeauftragten auch Architektinnen, GermanistInnen und ein Komponist.

 

Die Macht der Medien

Die Beiträge der Forschenden aus dem inner- und außeruniversitären Bereich gaben umfassend Aufschluss über den Einfluss der Medien – sei es Fernsehen, Radio, Zeitschrift oder Internet – auf das Leben von Kindern und stellten sich beispielsweise den Fragen, welche Weltbilder den Kindern dabei vermittelt werden, oder was gute Kindermedien ausmacht, bzw. woran man schlechte erkennt.

 

Im ersten Vortrag präsentierte Prof. Achim Barsch (Universität Kassel) unter dem Titel „Saubillig, geil … komm hol’ Dir das Teil“ eine Vorlesung der Kasseler Kinder-Uni zum Thema „Kinder und Werbung“. Er beleuchtete dabei einerseits die verschiedenen Gründe, aus denen Kinder Zielgruppe der werbetreibenden Industrie sind und andererseits warum sie, trotz ihres Wissensrückstands gegenüber Erwachsenen um die Macht der Werbung, ihr nicht hilflos ausgeliefert sind.

 

Dr. Daniela Weiss-Schletterer stellte in ihrer Präsentation die von ihr gestaltete Lernheftreihe „Alfons Trennfix“ als Unterrichtsmaterial an österreichischen Volksschulen vor. Dieses Medium zur Umwelterziehung wurde 2002 auf Initiative der Abfallwirtschaft Tirol Mitte und mit Unterstützung des Lebensministeriums initiiert. Die bislang in vier Ausgaben erschienene Lernheftreihe setzt sich zum Ziel, komplexe ökologische, abfallwirtschaftliche und umwelttechnologische Zusammenhänge kindgerecht aufzubereiten. An die Stelle normativer Verhaltensregeln soll auf diese Weise ein grundlegendes und fundiertes Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur treten, aus dem sich die Notwendigkeit für umweltbewusstes Handeln von selbst ergibt. Die behandelten Themen reichen von Fragen der Abfalltrennung und -verwertung bis hin zur „Littering-Problematik“ und der Sinnhaftigkeit nachhaltigen Konsumverhaltens.

 

Unter dem Titel “Unsere Helden: Barbapapa, Wickie, Captain Future und Co” veranschaulichte Mag. Yvonne Gächter den Kultfaktor von Zeichentrickfiguren unserer Kindheit. Weil diese „Helden“ eben nicht perfekt, sondern voller „Ecken und Kanten“ und uns deshalb so ähnlich sind, haben die Zeichentrickserien selbst Jahrzehnte nach ihrer Erstausstrahlung nichts von ihrer Anziehungskraft verloren, sondern erleben ein regelrechtes Revival.

 

Mag. Andreas Wiesinger führte, nach einer kurzen historischen und organisatorischen Einführung zur Schulzeitschrift "Spatzenpost", ein Interview mit dem Herausgeber des Mediums, Mag. (FH) Werner Michael Madl. Er ging vor allem der Frage nach dem pädagogischen und didaktischen Konzept auf den Grund. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf die Bereiche Leseförderung, interkulturelle Kommunikation und Mediendidaktik.

 

Kinder machen Medien

Unter dem Motto: „Wie kann es aussehen, wenn Kinder selber Medien machen?“ berichteten ForscherInnen über Eigeninitiativen von Kindern, Medien mitzugestalten, und einige PraktikerInnen stellten ihre Medienprojekte vor.

 

Mag. Heike Ortner präsentierte eine ganz besondere Form der Mediengestaltung: „Fanfiction“. Zahlreiche Kinder und Jugendliche (aber auch Erwachsene) schreiben auf Internet-Plattformen die Geschichten ihrer Lieblingsheldinnen und -helden aus Film, Fernsehen und Literatur weiter und diskutieren lebhaft über diese Texte. Dabei entsteht eine neue literarische Gattung, die in verschiedene Genres mit jeweils eigenen Motiven, sprachlichen Gestaltungsmitteln und Funktionen zerfällt. „Die Öffentlichkeit der Texte, die durch das Internet hergestellt wird, ist kein unbedeutsamer Nebeneffekt, sondern Motor und Katalysator von Fanfiction“, so Mag. Ortner.

 

Ein eigen initiiertes Projekt stellte der Pädagoge Erich Ledersberger vor: 2004 startete eine seiner Schulklassen mit dem Schwerpunkt Medieninformatik das "Radio Ferrari" in der Ferrarischule Innsbruck. In zweiwöchentlichem Rhythmus gestalten SchülerInnen Radiosendungen zu breit gefächerten Themen, u. a. erarbeiten sie in Form von Interviews das Thema Zweiter Weltkrieg. „Auf diese Art und Weise bleibt den Schülern viel mehr von der Thematik in Erinnerung, als wenn sie den Stoff klassisch frontal präsentiert bekommen“, so Ledersberger.

 

Das Finale furioso bildete die Präsentation des renommierten Komponisten Renald Deppe (Universität für Musik und darstellende Kunst, Wien), der „Die fliegende Frieda“ (Text: Elfriede Gerstl, Illustration: Angelika Kaufmann), ein (hin)hör-, schau(genau)- und (ein)Lesebuch für Menschen ab 8 Jahren, vorstellte, das er vertont hat. Er referierte von seiner Arbeit über das Ohr, das Hören im Allgemeinen, über spezifische Hörgewohnheiten, über akustische Medienpräsenz und über den (vogelfreien) öffentlichen Hörraum in unserer Gegenwart.

 

„Blättern, Zappen, Klicken: Von Medienkindern und Kindermedien“

In der abschließenden Podiumsdiskussion stellten sich Renald Deppe, Dr. Achim Barsch, Christian Veber (gameware.at), Dr. Silvia Prock (Junge Uni Innsbruck) und Theresa Mair (Schülerin) zum Thema „Blättern, Zappen, Klicken: Von Medienkindern und Kindermedien“ den Fragen aus dem Publikum.

 

Theresa Mair sprach an, dass in ihrem Umfeld die Macht der Medien sehr wohl sichtbar sei – so verbringen manche ihrer Bekannten den Abend lieber vor dem PC mit Computerspielen, als sich mit Gleichaltrigen zu treffen. Christian Veber warnt aber davor, Medien von Grund auf als böse einzustufen, da Kinder, je früher sie den Umgang mit dem PC ermöglicht bekommen, sich umso leichter wertvolle Fertigkeiten aneignen können. Diese Aussage traf im Publikum teilweise auf Widerspruch, da die Angst geäußert wurde, dass Kinder oft nicht wissen würden, was Medien in ihnen auslösen können. Daraufhin meldeten sich Achim Barsch und Silvia Prock zu Wort, die die Ansicht vertraten, dass es nicht nur darum gehe, was Medien mit den Kindern machen, sondern genauso darum, was die Kinder mit den Medien machen. Dr. Prock erklärte, dass im Vordergrund der Auftrag stehe, die Neugier der Kinder zu befriedigen und sie in ihrem Wissensdurst zu unterstützen. Dr. Barsch fügte dem noch hinzu, dass Kinder recht genau wüssten, was denn nun gute und was schlechte Medien seien, ganz nach ihren eigenen Wertkriterien. Renald Deppe wies noch darauf hin, dass es wichtig sei zwischen Akzeptanz und Toleranz gegenüber jeder Form von Kunst, Kultur und Medien zu unterscheiden und dass es deshalb elementar sei, eine Schule der Wahrnehmung aufzubauen.

 

Im Anschluss an den Medientag findet an der Universität Innsbruck die interfakultär angelegte Ringvorlesung zum Thema Kinder und Medien statt. Die Ringvorlesung soll in exemplarischer Weise zeigen, wie das Thema der Mediennutzung durch Kinder und der Mediengestaltung für Kinder sich aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Fächer darstellt und findet ab 16.10. jeweils donnerstags, von 18:00 bis 19:30 Uhr im HS 4 satt (nur am 16.10.08 und 15.01.09 im HS A auf der Technik).

(ip)