Kulturelle Diversität und Geschlechteregalität
Gegenstand der Veranstaltung waren die so genannten „gendered troublesome issues“ in den aktuellen Debatten um Integration und multikulturelle Gesellschaft: vom religiös motivierten Tragen des Kopftuchs bis zum im Namen der Ehre verübten Morden an Frauen und Mädchen. Das Ziel der Veranstaltung war es, in den Widersprüchen und Paradoxien der öffentlichen Debatte sowohl zu angemessenen und differenzierten Problemdiagnosen als auch zu nicht festschreibenden und emanzipationsfördernden Problemanordnungen und Lösungsansätzen zu gelangen.
Um dies zu erreichen wurde zuerst die politische Integrationsdebatte analysiert, die dominant die Fragen der Kultur/en über die Fragen der sozialen und politischen Rechte stelle, so Sieglinde Rosenberger. Daran anschließend war es möglich, den vielfach strategischen Einsatz der Debatte um diese „gendered troublesome issues“, insbesondere jene die so genannte „traditionsbedingte Gewalt“ betreffenden, geschlechter- und diversitätstheoretisch zu reflektieren – Stichwort: Kulturalisierung und Exterritorialisierung von (Männer)Gewalt einerseits und Ethnisierung und Essentialisierung von Kultur andererseits (Birgit Sauer & Sabine Strasser). Dabei wurde der Tatsache, dass die Debattenführerschaft zuletzt vor allem in Österreich besonders den rechtspopulistischen Parteien zukam und kommt, besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Die zahlreich Anwesenden KommentatorInnen aus einschlägigen NGOs und Praxisprojekten im Feld stellten im Rahmen der Veranstaltung übereinstimmend einerseits die Gewalt an Frauen als allgemeine Bedingung von Frauen in patriarchalisch strukturierten Gesellschaften heraus und plädierten andererseits dafür, die besonderen Bedingungen zu erkennen und anzuerkennen, die Frauen in spezifischen Konstellationen als Migrantinnen (etwa mit muslimischen Religionshintergrund) vorfinden und bewegen: Einmal weil ihnen als Migrantinnen längst nicht alle sozialen und politischen Rechte zukommen, die sie für ein Leben in Autonomie benötigten, zum anderen, weil sie spezifischen Gewaltformen ausgesetzt sind oder sein können, die spezifischer Aufmerksamkeit, differenzsensibler Antworten und besonderer Exit-Strategien bedürfen.
Im Zuge der Auseinandersetzungen wurde die unverzichtbare Frage nach Gleichheit und Differenz einschließlich des Gleichheits- und Differenzdilemmas ebenso gestellt wie die nach Anerkennung und Verteilung sowie nach universellen, nach Gruppen- und Individualrechten. Den studentischen Rückmeldungen zur Veranstaltung zufolge, ist es den Organisatorinnen der Ringvorlesung – dem Institut für Erziehungswissenschaften und dem Büro für Gleichstellung und Gender Studies – gelungen, diese Grundfragen am Beispielfall zu konkretisieren und ersten wichtigen Antworten zuzuführen.
Als ReferentInnen oder KommentatorInnen diskutierten an den drei Veranstaltungstagen: Erna Appelt, Tamar Citak, Zeynep Elibol, Lisa Gensluckner, Leila Hadj-Abdou, Johann Heiss, Yasemin Karagöz, Regine Kramer, Paul Mecheril, Corinna Milborn, Evelyn Probst, Michaela Ralser, Sieglinde Rosenberger, Ines Rössl, Sawitri Saharso, Birgit Sauer, Verena Schlichtmeier, Sabine Strasser, Birgit Unterlechner, Unni Wikan und Monika Zisterer.