Erster Olympiasieger: Holzbau-Technik aus Österreich

Österreichische Unternehmen haben mit Unterstützung von Wissenschaftlern der Universität Innsbruck im Wintersportort Whistler einen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Olympischen Spiele geleistet. Sie errichteten dort das Österreichhaus, das als Kanadas erstes Passivhaus Schule machen und die Verbreitung der Passivhaustechnik in Nordamerika fördern soll.
Oesterreichhaus
Wissenschaftler der Uni Innsbruck errichteten zusammen mit österreichischen Unternehmen das Österreichhaus. (Foto: Ira Nicolai)

Am Freitag werden in Vancouver, Kanada, die 21. Olympischen Winterspiele eröffnet. Neben sportlichen Höchstleistungen wird dabei ein vor kurzem neu errichtetes Gebäude besonderes Interesse von Besuchern und Medien auf sich ziehen. Eine Arbeitsgemeinschaft von Tiroler und Vorarlberger Unternehmen hat gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Innsbruck im Skiort Whistler nahe Vancouver ein Passivhaus errichtet. Als Österreich-Haus wird es während der Olympischen Spiele Sitz des Österreichischen Olympischen Comitées und Treffpunkt von Sportlern, Betreuern, Sponsoren und Medien sein. Nach Abschluss der Winter-Paralympics im März soll das Gebäude dann an die Gemeinde Whistler übergeben werden und künftig Langläufern und Mountainbikern als Heimstätte dienen.
Bei der Errichtung von energieeffizienten Gebäuden nimmt Österreich eine führende Position ein. „Jedes dritte Passivhaus der Welt steht in Österreich“, sagt Prof. Michael Flach vom Holzbaulehrstuhl der Universität Innsbruck. Gemeinsam mit DI Conrad Brinkmeier hat er die Tragwerksplanung für das Passivhaus in Kanada durchgeführt. Ausgeführt wurde das Gebäude in Holzbauweise mit Massivholzelementen. „Das ist eine Bauweise, die sich in Europa immer mehr durchsetzt, aber in Nordamerika noch weitgehend unbekannt ist“, erkärt Michael Flach. „Der Vorteil dabei ist, dass die Elemente als Speichermasse für die Energie dienen und statische Funktionen übernehmen können.“ Weil das Gebäude hohen Nutz- und Schneelasten standhalten muss und in einem Erdbebengebiet liegt, wurden die Holzbauteile besonders kräftig dimensioniert.

Vorgefertigt wurde die Holzelemente von Sohm Holzbautechnik in Alberschwende, Vorarlberg. Mit LKW, Bahn und Schiff gelangten sie dann nach Kanada, wo sie vor Ort in kurzer Zeit aufgebaut wurden. Die Energietechnik lieferte das Vorarlberger Unternehmen Drexel und Weiss, die Fenster kamen vom Tiroler Fensterbauer Freisinger, der sich mit der Marke Optiwin auf Niedrigenergie- und Passivhäuser spezialisiert hat. Projektkoordinator ist das Vorarlberger Ingenieurbüro Erich Reiner. Für die Inneneinrichtung sorgte die Tischlergruppe Baumstark, zu der sich neun Tiroler Meisterbetriebe zusammengeschlossen haben. Für die architektonische Gestaltung des Österreich-Hauses zeichnet Treberspurg & Partner aus Wien verantwortlich, für das Marketing die Imster Agentur Zweiraum.

 

Beispielwirkung für Nordamerika

 

„Das Österreich-Haus im Passivhaus-Standard zeigt bei den Olympischen Spielen, wie man effizient mit Energie umgehen und das Raumwärmeproblem baulich lösen kann“, sagt Projektkoordinator Reiner. Es soll Beispielwirkung auf dem nordamerikanischen Markt haben. „Das ist besonders interessant, weil ein erster Vorläufer des Passivhauses in Kanada errichtet wurde“, erzählt der Holzbau-Experte Michael Flach. „Das Gebäude entstand 1977 in der Provinz Saskatchewan und war ein Impulsgeber für den Passivhaus-Pionier Wolfgang Feist, der der Idee in Europa zum Durchbruch verholfen hat.“
Der Wirtschafts- und Forschungsstandort Tirol nützt den nachhaltigen Geist der Olympischen Spiele in Vancouver und präsentiert am 15. Februar 2010 die Expertise im Cluster Erneuerbare Energien Tirol im Österreich-Haus: „Tirol. A green technology powerhouse“ bietet eine Leistungsschau und einen politischen Empfang für kanadische Industrie- und Forschungsvertreter, Multiplikatoren und Medien. Unter anderem mit dabei: GE Jenbacher, Leitner Technologies, Freisinger Fensterbau mit Optiwin, Baumstark sowie die Universität Innsbruck. Veranstalter ist die Tiroler Zukunftsstiftung.

 


Häuser zum Wohlfühlen

 

Passivhäuser sind Gebäude, in denen eine behagliche Temperatur sowohl im Winter als auch im Sommer mit extrem geringem Energieaufwand erreicht wird.  Der überwiegende Teil des Wärmebedarfs wird über Sonneneinstrahlung und die Abwärme von Personen und technischen Geräten gewonnen. Der Verbrauchswert für Heizenergie liegt dadurch im Durchschnitt um 90% unter den üblichen Verbrauchswerten bestehender Gebäude in Europa. Voraussetzungen dafür sind eine sehr gute Dämmung, hohe Luftdichtheit der Gebäudehülle und eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung aus der Abluft.
Eine besondere Eigenschaft von Passivhäusern ist die konstante Innentemperatur, sowohl über das Jahr gesehen als auch über den Tag. Die kontrollierte Wohnraumbelüftung sorgt außerdem in Passivhäusern für eine bessere Luftqualtität als in herkömmlichen Gebäuden.
Die Qualitätskriterien für Passivhäuser werden maßgeblich von dem von Prof. Wolfgang Feist gegründeten Passivhaus Institut Darmstadt vorgegeben. Der Passivhaus-Pionier ist seit 2008 Professor für Bauphysik an der Fakultät für Bauingenieurwissenschaften der Universität Innsbruck.

(cf)