Forschungsprojekt und Ausstellung: Die Kosaken in Osttirol
An beiden Instituten wurden in den letzten Semestern Lehrveranstaltungen zum Thema angeboten, die ihre Höhepunkte in insgesamt drei Feldforschungsaufenthalten vor Ort hatten. Die Studierenden waren angehalten, durch forschendes Lernen volkskundliche und archäologische Methodik in der Praxis zu erproben. Dabei wurden insgesamt 61 Interviews mit Zeitzeugen geführt und mehrere kosakische Gegenstände entdeckt. Für die Ausarbeitung des zeithistorischen Kontexts konnte die Mitarbeit von Dr. Martin Kofler gewonnen werden. Die Ausstellungsgestaltung übernahmen Margarethe Oberkolfer, Klaus Schneider und Reinhard Lobenwein von der Inform-Akademie Lienz. Das zugrunde liegende Konzept und die Umsetzung wurden gemeinsam mit Studierenden erarbeitet.
Die Ausstellung gliedert sich in drei Teile: Ausgehend von der Frage, wie die Einheimischen auf die „Fremden“ reagiert hatten, welche Wahrnehmungen, kulturellen Kontakte und Erinnerungen es gab, wird in einer Rückblende auf das Leben der Kosaken als Reitersoldaten und deren Motive, sich der Deutschen Wehrmacht anzuschließen, eingegangen. Der lange Weg der von Don, Wolga oder Terek im Kaukasus nach Oberitalien geführt hat, wo sie zum blutigen Partisanenkampf eingesetzt wurden, wird durch das von der Forschergruppe in einem Lienzer Dachboden entdeckte Tagebuch des Iwan Nikolaiewitsch Tscherenkow illustriert. Das Tagebuch ist eines der Kernstücke der Ausstellung, da es die Schrecken und den Alltag des Krieges aus der Sicht eines einfachen Soldaten zeigt: Es beinhaltet etwa den Abschied von Frau und Kindern, Schilderungen von Partisanenkämpfen in Friaul, die Angliederung an die Wehrmacht aber auch Berichte über Feste und andere Vergnügen.
Die Flucht nach Oberkärnten und Osttirol in die britische Besatzungszone, die Zuweisung in die einzelnen Lager sowie die für die Kosaken schrecklichen Folgen des Vertrags von Jalta, der die Repatriierung und Übergabe der Kosaken an Stalin mit sich brachte, wird abschließend gezeigt. Die Ausstellung arbeitet mit historischen Fotografien und wurde von der Fa. Durst Fototechnik Lienz großzügig unterstützt. Durch die so erhaltene technische Hilfe konnten einige eindrucksvolle Darstellungen in Lebensgröße gedruckt werden. Letztendlich sollte gerade im österreichischen Gedenkjahr 2005 aber auch dargelegt werden, dass das Ende eines Kriegs nicht automatisch zum Ende menschlichen Leides führen muss.
Eine Begleitpublikation setzt einen wissenschaftlichen Kontrapunkt zur Konzeption. Aus der jeweiligen Sicht ihrer Disziplinen wurden die Ereignisse der so genannten „Tragödie an der Drau“ aus volkskundlicher, archäologischer und zeitgeschichtlicher Sicht beleuchtet. Neben der interdisziplinären Zusammenarbeit besticht das Buch vor allem durch neue Forschungsergebnisse. Im Anhang wurden Auszüge aus dem Tagebuch ediert.